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Aszites

Aszites, auch Bauchwassersucht genannt, ist eine Ansammlung von Flüssigkeit im Peritonealraum (Bauchraum), der innen durch eine dünne Haut (das Peritoneum) bzw. die Peritonealschicht ausgekleidet ist und in dem sich Leber, Gallenblase, Milz, Magen und Darm befinden.

Aszites
© iStock - joci03

Aszites

Wasseransammlung im Bauchraum

Aszites, auch Bauchwassersucht genannt, ist eine Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum. Was Aszites ist, wieso er auftritt und wie er behandelt werden kann, erklärt Priv.-Doz. Dr. med. Harald Pannwitz, Chefarzt für Innere Medizin/Schwerpunkt Gastroenterologie und Hepatologie in Oranienburg, im Interview.

Dr. Pannwitz, was ist Bauchwassersucht (Aszites) und welche Formen gibt es?

Mit Bauchwassersucht bezeichnet man medizinisch allgemein die Ansammlung von Flüssigkeit im Peritonealraum (Bauchraum), der innen durch eine dünne Haut (das Peritoneum) bzw. die Peritonealschicht ausgekleidet ist und in dem sich Leber, Gallenblase, Milz, Magen und Darm befinden. Wenn im Peritonealraum Wasser nachweisbar ist – normalerweise ist dort so gut wie kein Wasser enthalten – bezeichnet man das als Bauchwassersucht.

Es gibt zwei wichtige Ursachen. Im Vordergrund stehen schwere Erkrankungen der Leber, wie z. B. die Leberzirrhose, die zur Bauchwassersucht führen können. Die zweite Gruppe sind Tumorerkrankungen, die sich im Bauchraum, also im Peritoneum ausbreiten. Es gibt noch einige andere, seltenere Ursachen wie Infektionen, Eiweißmangel oder Gefäßkrankheiten. Aber Leber- und Tumorerkrankungen im Bauchraum stehen im Vordergrund.

Gibt es einen Grund, weshalb sich dort Wasser ansammelt?

Die Gründe sind sehr unterschiedlich. Es gibt auch zwei verschiedene Hypothesen, wie Aszites bei Erkrankungen der Leber entsteht. Bei den Lebererkrankungen, wie z. B. bei der Leberzirrhose, das Endstadium einer chronischen Leberentzündung, kommt es zu einem Blutstau vor der Leber – das Blut kann also schlecht durch die Leber durchfließen. Dieser Stau führt dazu, dass Wasser aus der Pfortader und den zuführenden Gefäßen in den Bauchraum hineingedrückt wird. Die Pfortader ist das Blutgefäß, durch welches das Blut aus Dünndarm, Dickdarm, Milz und Bauchspeicheldrüse in die Leber zurückfließt. Wird ein bestimmter Druck in der Pfortader überschritten, wird Flüssigkeit durch die Gefäßwand in den Bauchraum gedrückt.

Die zweite Hypothese der Aszitesentstehung sieht veränderte Hormonspiegel, wie z. B. eine erhöhte Aldosteronkonzentration, als entscheidende Ursache an, warum vermehrt Flüssigkeit im Körper gehalten wird, die sich u. a. dann im Bauchraum ausbreitet. Aber entscheidend ist, dass im Pfortadersystem ein erhöhter Druck vorhanden ist, damit sich das Wasser im Bauchraum sammelt. Diese Entstehungsmechanismen sind zwar noch nicht in allen Einzelheiten geklärt, dennoch stellen sie die Grundlage für unsere heutige Behandlungsstrategie dar.

Anders ist es z. B., wenn wir eine Aussaat von Tumoren im Bauchraum haben wie z. B. beim Eierstockkrebs. Diese Tumoren wachsen selbst innerhalb des Bauchraumes oder metastasieren in diesen. Diese Tumoren und Metastasen geben selbst eiweißreiche Flüssigkeit in den Bauchraum ab – man spricht von bösartigem oder malignem Aszites. Auch Probleme im Abflussbereich der Lymphbahnen durch Tumoren oder Entzündungen können zu Aszitesbildung führen. Es entsteht dann ein sogenannter chylöser Aszites. Es gibt noch weitere Ursachen, aber in Deutschland sind die Lebererkrankungen die Hauptursache der Bauchwassersucht.

Welche Symptome können auftreten?

Die Leber an sich macht kaum Beschwerden, eigentlich kann man sagen, gar keine Beschwerden. Die Leber hat aber außen eine ganz dünne Kapsel. Diese Leberkapsel ist sehr empfindlich. Wenn die Leber plötzlich anschwillt, dann schmerzt sie, oder wenn ein Tumor in diese Kapsel einwächst, dann kann das ebenfalls wehtun. Aber die Leberzirrhose oder die Leber an sich, macht kaum oder gar keine Beschwerden. Man merkt es eigentlich erst dann, wenn in klinischen oder Laboruntersuchungen etwas auffällig ist oder wenn eine Sonografie des Bauchraumes durchgeführt wird. Dem Patienten oder vielleicht sogar erst dem Arzt fällt auf, dass der Bauchumfang zunimmt und das Gewicht ansteigen. Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt und kann in manchen Fällen dann ein Zeichen für Wasser im Bauchraum sein.

Welche Verfahren stehen zur Diagnosestellung zur Verfügung?

Die erste und eine der wichtigsten Maßnahme ist die ärztliche Befragung: Was hat der Patient für eine Arbeit, gibt es eine Giftexposition? Wie viel Alkohol trinkt er täglich? Der Befragung folgt die körperliche Untersuchung. Dazu gehört auch die sorgfältige Untersuchung des Bauches. Erst danach erfolgen Labor- und bildgebende Untersuchungen. Das für uns wichtigste Verfahren ist die Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes. Mit dem Ultraschall können wir die Organe des Bauchraums in wenigen Minuten unter direkter Sicht untersuchen. Ultraschall kann Flüssigkeit sehr gut darstellen. Das ist eine einfache Untersuchung, die man auch bettseitig machen kann, d. h. es ist möglich, mit dem Gerät zu schwerkranken Patienten, die z. B. auf der Intensivstation liegen, zu fahren und den Schallkopf auf den Bauch zu halten. Bei dieser Untersuchung sieht man dann die Flüssigkeit im Bauchraum und die Diagnose ist erst einmal primär gestellt. Auch die Ursache wird dabei häufig diagnostiziert, denn die Leberzirrhose hat bei den meisten Patienten ein relativ charakteristisches sonografisches Bild.

Man kann auch eine durch Ultraschall gestützte Punktion durchführen, bei der man eine Probe der Flüssigkeit im Bauchraum entnimmt und diese im Labor untersuchen lässt. Mit einer kleinen Nadel wird dabei die Bauchdecke durchstochen und es werden 20 bis 30 ml Aszites zur Diagnostik gewonnen. Die Zusammensetzung des Aszites, insbesondere der Gehalt an Blutzellen und Eiweiß, gibt Auskunft über die Ursache der Bauchwassersucht. Wenn Aszites bei einem Patienten das erste Mal auftritt, wird man im Rahmen der Diagnostik immer eine Punktion durchführen.

Wie werden Sie in der Behandlung aktiv? Was können Sie machen?

Wichtig ist erst einmal zu klären, welche Ursache der Bauchwassersucht zugrunde liegt. Gehen wir mal von der häufigsten Ursache aus: eine alkoholbedingte Leberzirrhose. Auch die Leberzirrhose kann verschiedene Ursachen haben. Alkohol ist nur eine, wenn auch die häufigste Ursache in Deutschland. Der erste, aber auch wichtigste Schritt in der Behandlung ist, die Ursache zu beseitigen. Ist es der Alkohol, ist absolute Alkoholkarenz alternativlos. Selbst das weitere Trinken kleiner Mengen Alkohol ist verboten. Ein Patient mit einem schweren alkoholischen Leberschaden muss komplett auf den Genuss von Alkohol verzichten, ein Leben lang, denn eine Zirrhose ist nicht rückbildungsfähig.

Wenn andere Ursachen infrage kommen, z. B. Stoffwechselerkrankungen oder Autoimmunerkrankungen, dann ist eine Behandlung mit entsprechenden Medikamenten angezeigt. Auch in solchen Fällen ist der Verzicht auf Alkohol aber dennoch angezeigt.

Neben dem strikten Alkoholverzicht sowie der eingeschränkten Zufuhr von Kochsalz und Flüssigkeit ist eine medikamentöse Behandlung der Bauchwassersucht angezeigt, so z. B. die Gabe von wasserausscheidenden Medikamenten. Sie heißen Diuretika. Damit wird versucht, das Wasser aus dem Körper herauszuziehen. Diese Therapie ist insbesondere zu Beginn der Behandlung sehr erfolgreich. Man beginnt in der Regel mit einem Präparat, in manchen Fällen müssen bis zu drei Diuretika kombiniert werden. Je nach Verlauf der Behandlung und Rückbildung des Aszites muss die Dosis der Medikamente angepasst werden. Bei stationären Patienten wird anfänglich meist eine intravenöse und hoch dosierte Diuretikagabe praktiziert, um eine schnelle Rückbildung des Aszites zu erreichen. Ambulant geht man etwas langsamer vor und dosiert die Medikamente so, dass der Patient pro Woche um 2 kg an Flüssigkeit verliert.

Bei einem Aszites sind meist zehn bis 20, häufig noch mehr, Liter Flüssigkeit im Bauchraum. Gelingt es uns medikamentös nicht, den Aszites ausreichend zu behandeln oder kommt es nach anfänglichem Ansprechen auf die Therapie zu einer erneuten Zunahme der Flüssigkeitsmenge im Bauchraum, dann ist der nächste Schritt, die Flüssigkeit abzupunktieren. Dabei können durchaus also zehn bis 15 Liter entfernt werden. Die Durchführung einer Punktion ist auch wiederholt möglich. Es gibt Patienten, die sich über Jahre alle drei bis vier Monate immer wieder Aszites abpunktieren lassen. Der große Nachteil ist, dass man dabei auch große Mengen Eiweiß verliert. In einem Liter Aszites sind 10–20 g Eiweiß enthalten. Eine gesunde Leber produziert pro Tag etwa 15 g. Wenn man zehn Liter punktiert, verliert der Patient um 100–200 g Eiweiß. Eine gesunde Leber benötigt demnach um die zehn Tage, um das Eiweiß zu ersetzen, eine kranke Leber noch länger. Deswegen gibt man dem Patienten bei Punktionen in der gleichen Sitzung intravenös Eiweiß (Humanalbumin). Das Albumin ersetzt das verloren gegangene Eiweiß. Insgesamt ist das wiederholte Punktieren aber keine gute Lösung.

Heutzutage gibt es noch weitere Behandlungsmöglichkeiten. Man kann zur Senkung des Pfortaderdruckes einen kleinen Stent einsetzen zwischen einem Pfortaderast und dem Venensystem. Der Druck sinkt, weil Blut von der Pfortader unter Umgehung der Leber sofort in die Körperhohlvene fließen kann. Diese Drucksenkung beseitigt eine der wichtigsten Ursachen der Aszitesbildung. Die Patienten sind oft innerhalb von wenigen Wochen – meist drei bis sechs Wochen – weitgehend frei von Aszites und bleiben es häufig auch für lange Zeit. Eigentlich ein gutes Verfahren, das aber auch einen Nachteil hat: Es fließt ungefiltert Blut um die Leber herum durch den Stent in den großen Kreislauf. Wenn ein Patient schon eine besonders schlechte Leberfunktion hat und bestimmte, von der Leber zu verstoffwechselnde Stoffe im Blut hat, die fürs Gehirn giftig sind, z. B. Ammoniak, ist das Verfahren nicht anwendbar, weil unter Umgehung der Leber noch mehr Ammoniak in den Körper kommt. Es kommt dann zu einer spürbaren Verschlechterung der Hirnfunktion, eventuell bis zum Leberkoma. Zusammenfassend kann man sagen, dass dieser Stent, auch TIPPS genannt, eine gute Variante der Therapie des problematischen Aszites ist, sofern beim Patienten kein erhöhter Ammoniakspiegel vorliegt.

Für diejenigen, bei denen der Ammoniakspiegel bereits hoch ist oder bei denen das Gehirn im Rahmen der Lebererkrankung schon geschädigt ist, gibt es seit einigen Jahren ein neues Verfahren. Man kann in den Bauchraum eine kleine Pumpe einsetzen, mit der man den Aszites aus dem Bauchraum in die Blase pumpen kann. Die Pumpe – sie ist etwas kleiner als eine Zigarettenschachtel – wird mittels einer kurzen Operation eingesetzt. Die Energie wird durch einen Akkumulator bereitgestellt, der zwei- bis dreimal pro Tag für jeweils 20 Minuten geladen werden muss. Die Pumpe verfügt über eine Funkverbindung, kann von außen am Laptop programmiert bzw. umprogrammiert werden. So ist es möglich, die Fördermenge der Pumpe an die vorhandene Aszitesmenge immer wieder individuell anzupassen. Nach ca. 1,5 bis 2 Jahren muss die Pumpe wieder ausgetauscht werden. Dennoch ist es ein Verfahren, das nicht immer ganz so unkompliziert ist, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, aber es ist ein sehr modernes Verfahren, das mittlerweile über 1.000-mal in Europa zur Anwendung gekommen ist.

Wie ist die Prognose? Wenn man punktiert, kann Aszites immer wieder auftreten, bei der Pumpe wird direkt behandelt, wodurch der Aszites nicht mehr auftreten sollte.

Genauso sollte es sein. Wenn die Pumpe getragen wird oder ein Stent eingesetzt wird, sollte der Aszites nicht mehr auftreten. Die Ursache ist dadurch auf keinen Fall beseitigt. Die Leberzirrhose als Ursache der Druckerhöhung im Pfortadersystem und für die Bildung von Aszites bleibt sozusagen immer bestehen bis zu dem Moment, in dem eine Lebertransplantation durchgeführt wird. Aber die wenigsten Patienten, die eine Leberzirrhose haben, können einer Transplantation zugeführt werden, da nicht genug Lebern zur Transplantation zur Verfügung stehen.

Somit bleibt bei den betroffenen Patienten der Kampf gegen den Aszites ein immer aktuelles Thema. Manchmal bekommt man aber auch Hilfe vom Körper selbst, denn es gibt ein Phänomen: Wenn wir einen erhöhten Druck in der Pfortader haben, versucht der Körper auch diesen Druck zu beseitigen und bildet neue Gefäße. Das sind Gefäße um die Speiseröhre herum (wie Krampfadern) und Blutgefäße, die sich im Bauchraum z. B. zwischen der Milzvene und der Nierenvene entwickeln – also spontane Verbindungen, über die dann Blut unter Umgehung der Leber in den großen Kreislauf fließen kann. Und immer, wenn wir einen Zusatzabfluss haben, sinkt der Druck im Pfortadersystem und der Aszites wird weniger. Das ändert aber nichts an der Leberzirrhose als Auslöser für die Wasseransammlung. Die wenigsten Patienten haben das Glück, dass der Aszites komplett verschwindet. Häufig muss an den Medikamentendosierungen und -kombinationen oder an den Behandlungsprinzipien etwas geändert werden und auch mal Aszites abpunktiert werden. Der Einsatz eines Stents oder die Implantation einer Pumpe bringen den Patienten aber oft für einen längeren Zeitraum ein Verschwinden des Aszites.

Was kann bzw. sollte man als Patient beachten?

Das Wichtigste ist, sich bei Auftreten einer Bauchwassersucht an einen kompetenten Arzt zu wenden. Das sollte zunächst der Hausarzt sein, der entscheiden kann, ob ein Spezialist, ein Gastroenterologe, mit in die Diagnostik und die Therapie einbezogen werden muss. Wenn klinisch und sonografisch Aszites festgestellt wird, gilt es, die Ursachen zu klären und die entsprechenden Therapiemaßnahmen einzuleiten. Falls eine Lebererkrankung die Ursache ist, sei an dieser Stelle noch einmal auf die strikte Alkoholkarenz hingewiesen. Der Patient sollte seine Flüssigkeitszufuhr insgesamt etwas reduzieren, aber nicht dursten. Empfohlen werden 1–1,5 Liter täglich, aber die Nierenfunktion und die Elektrolyte im Serum sollten dabei regelmäßig kontrolliert werden. Ansonsten sollte eine gesunde, vitaminreiche Ernährung erfolgen, wie es für alle Menschen gilt. Eine spezielle Leberdiät wird heute nicht mehr empfohlen.

Quelle: Magen, Darm und Co. 1/2019

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