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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

Manche Herpes-Viren befallen Nervenzellen – löst dies MS aus?

Schon seit Jahren sehen Forscher eine Verbindung zwischen einigen neurologischen Erkrankungen und bestimmten Arten von Herpesviren. Im Liquor von Patienten mit MS, Alzheimer-Demenz und weiteren Erkrankungen wurde etwa das Epstein-Barr-Virus (EBV) gefunden. Allerdings war bislang unklar, was dies mit den Erkrankungen zu tun haben könnte, denn genauso wenig wie von anderen Viren aus der Unterfamilie der Gamma-Herpesviren, wurde bislang von EBV angenommen, dass es Nervenzellen infiziert, berichtet die Universität von Pennsylvania.

Prof. Dr. Erle S. Robertson und seine Kollegen veröffentlichten in der Fachzeitschrift mBio die Erkenntnis, dass das EBV und ein verwandtes Virus namens Kaposi-Sarkom-Herpesvirus (KSHV) Nervenzellen infizieren und sich in ihnen vermehren können. Es ist zwar noch nicht nachgewiesen, aber die Ergebnisse der Untersuchungen legen nahe, dass eine Infektion mit Viren zumindest einigen der Symptome von MS und Alzheimer zugrunde liegen und eine neue Behandlungsstrategie in der Gabe antiviraler Medikamente bestehen könnte.

Gamma-Herpesviren

Prof. Robertson zufolge deuten verschiedene Hinweise darauf hin, dass Gamma-Herpesviren Hirngewebe befallen können. Erstens kommen die Viren im Liquor und Hirngewebe von Menschen mit Krankheiten wie MS und Alzheimer vor. Zweitens erkranken Personen, die durch EBV hervorgerufenes Pfeiffersches Drüsenfieber in ihrer Krankenvorgeschichte stehen haben, häufiger an MS, als diejenigen, die nie mit EBV in Kontakt gekommen sind. Besonders aufschlussreich ist, dass der Wirkstoff Aciclovir, das gegen EBV und verwandte Viren eingesetzt wird, als mögliches Mittel gegen MS im Gespräch ist und auch bereits mit positiven, wenn auch nicht überzeugenden Ergebnissen getestet wurde.

Immer noch, so Prof. Robertson, wird die Fähigkeit von Gamma-Herpesviren, Nervenzellen zu befallen, kontrovers diskutiert. Devan Mehta verwendete genetisch veränderte Viren, die ein grün fluoreszierendes Protein aussenden, infizierte menschliche Neuroblastomzellen (Nervenzellen aus Krebszellen) sowie fetale menschliche Nervenzellen mit ihnen und beobachtete die Infektion unter dem Mikroskop und anhand der Proteinexpression.

In beiden Zelllinien zeigte sich die Infektion mit EBV oder KSHV einerseits durch ein fluoreszierendes Signal, das die befallenen Zellen aussandten, als auch durch das Auftreten von Schlüsselproteinen der Viren. Die Nährlösung, in der die befallenen Zellen wuchsen, beinhaltete zudem Viruspartikel, die in der Lage waren, andere Zellen zu befallen, was auf eine Form der Infektion hindeutet, bei der die Wirtszellen aufgerissen werden. Andererseits verringerte eine Behandlung der befallenen Zellen mit Aciclovir die Herstellung von Viruspartikeln.

„Ich konnte es nicht glauben“, sagt Prof. Robertson. „In den 50 Jahren, in denen wir EBV bereits untersuchen, hat niemand das Virus in Nervenzellen festgestellt. Aber vielleicht hat niemand danach gesucht.“ Prof. Robertson zufolge legen die Untersuchungsdaten nahe, dass eine Verbindung zwischen einer viralen Infektion von Nervenzellen und Nervenerkrankungen bestehen. Er betont jedoch, dass dies nicht bedeuten muss, dass die Infektion die Erkrankungen auslöst. Ein solcher Nachweis zwischen Ursache und Wirkung könnte noch Jahre auf sich warten lassen, wenn er denn überhaupt erbracht werden könne. „Weitere Studien sind notwendig, um festzustellen, ob es eine Verbindung zwischen den Viren und der Krankheitsentstehung gibt“, so Prof. Robertson.

Warum eine Infektion von Nervenzellen mit EBV und KSHV so besonders zerstörerisch ist, wird ebenfalls Thema weitere Forschungen sein. Befallen diese Viren nämlich andere Zelltypen, etwa B-Zellen (Zellen des Immunsystems), verstecken sie sich dort und verhalten sich relativ unauffällig. Doch infizieren sie Nervenzellen, bringen sie sie scheinbar sofort dazu, eine große Anzahl neuer Viren zu produzieren, sodass die Zellen im Anschluss aufplatzen und absterben, was auch erklärt, warum die Nährlosung, in der befallene Zellen schwimmen, auch dazu verwendet werden kann, um weitere Zellen anzustecken.

Quelle: Befund MS 1/2016

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