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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

Immunsuppression und Immunmodulation

Noch immer ist Multiple Sklerose nicht heilbar. Doch dank Immunmodulation als Basistherapie ist die Progression der chronischen Erkrankung meist gut zu kontrollieren und sogar in schweren Fällen durch Immunsuppression zu stabilisieren. Indem die Medikamente das Immunsystem beeinflussen, können sie Anzahl und Schwere der MS-Schübe verringern und das Fortschreiten von Behinderungen verlangsamen.

Wenn die körpereigene Abwehr verrückt spielt

Eine wesentliche Rolle bei der Entstehung einer MS spielt ein fehlgeleitetes Immunsystem: Blutzellen, die normalerweise dazu ausgebildet sind, fremde Eindringlinge anzugreifen und unschädlich zu machen, richten sich gegen körpereigenes Gewebe. So zerstören sie die Ummantelung der Nervenzellen, die sog. Myelinscheiden. Normalerweise gelangen keine Abwehrzellen durch die Blut-Hirn-Schranke. Doch das Fatale bei der Autoimmunerkrankung MS ist, dass diese Schutzmauer in akuten Phasen durch Entzündungen derart durchlöchert ist, dass die fehlgeleiteten Immunzellen ins Zentralnervensystem eindringen und es schädigen können.

Es liegt also nahe, die Multiple Sklerose durch eine künstliche Veränderung des Immunsystems zu kontrollieren, durch eine sog. Immunmodulation. Von einer Immunmodulation ist immer dann die Rede, wenn gezielt ins Immunsystem eingegriffen wird, um die fehlgeleiteten körpereigenen Abwehrmechanismen zu steuern und in ihre ursprünglich positive Richtung zurückzulenken.

Beta-Interferon als Entzündungshemmer

In den 1990er-Jahren wurden zu diesem Zweck die ersten Interferone in der MS-Therapie eingesetzt. Interferone sind Eiweiße, die im Körper von bestimmten Abwehrzellen hergestellt werden, um das Immunsystem den jeweiligen Anforderungen, etwa einem „feindlichen Angriff“ durch Krankheitserreger, anzupassen. So entsteht ein komplexes Wechselspiel zwischen Typ-I-Interferonen (den Alpha- und Beta-Interferonen), die entzündungshemmend wirken, und den Typ-II-Interferonen (Gamma-Interferonen), die entzündungssteigernd wirken. Sie werden bei Multipler Sklerose verstärkt produziert und sollen bei der immunmodulatorischen Therapie durch ihren Gegenspieler Beta-Interferon in Schach gehalten werden.

Beta-Interferon kann zum therapeutischen Einsatz dank moderner Biotechnologie künstlich gewonnen werden: Es wird von Bakterien oder von Hamsterzellen in ausreichender Menge produziert und ist dabei seinem menschlichen Abbild sehr ähnlich. In seiner Funktion als Entzündungshemmer greift es in die Entzündungskaskade ein und schützt damit das Zentralnervensystem gegen die schädlichen Angriffe durch Makrophagen. Werden somit die ständigen Attacken auf die Nervenzellen unterbunden, so kann das Gehirn bisher entstandene Schäden bis zu einem gewissen Grad sogar wieder ausgleichen.

Reduzierung der MS-Schübe

Die Ziele der immunmodulatorischen Therapie sind eine Verminderung der Schubrate und -schwere, eine Reduzierung im Fortschreiten von Behinderungen und eine positive Beeinflussung der Veränderungen in der Kernspintomografie von Gehirn und Rückenmark. Die Wirksamkeit der Therapie ist um so höher, je früher damit begonnen wird. Leider ist es so, dass viele Patienten, deren erster MS-Schub durch die entzündungshemmende Wirkung von Kortisonen eingedämmt werden konnte, eine immunmodulatorische Dauerbehandlung zunächst hinauszögern wollen, weil sie auf einen gutartigen Verlauf hoffen.

Wie die Ärztezeitung berichtet, konnte in der BENEFIT-Studie (Betaferon/Betaseron in Newly Emerging Multiple Sclerosis for Initial Treatment) an 468 MS-Patienten, von denen eine Gruppe sofort nach dem ersten Schub mit Interferon beta 1 b behandelt wurde, eine zweite Gruppe nach dem gleichen Modus mit einem Placebo, der zweite Schub durch die Interferon-Therapie um 750 Tage hinausgezögert werden. Auch das Fortschreiten einer Behinderung ließ sich verlangsamen, und zwar um durchschnittlich 549 Tage.

Auf die Therapietreue kommt es an

Doch leider sinkt selbst bei Patienten, die bereits eine Therapie begonnen haben, erfahrungsgemäß die Bereitschaft zu einer regelmäßigen Fortführung der Injektionen, sobald erste Erfolge erzielt sind. Nach einer Studie an 6355 MS-Patienten brechen 50 bis 60% der Behandelten die Therapie in den ersten beiden Jahren ab, während umgekehrt für 70% der Patienten die Chance auf eine Stabilisierung der Krankheitsprogression auf vier bis fünf Jahre bestünde, wenn sie ihre Therapie durchhalten würden. Um das zu unterstützen, bieten bereits mehrere Unternehmen professionelle Betreuung für MS-Patienten durch Beratungspersonal und spezielle Therapiebegleitprogramme an.

Dabei sind die Nebenwirkungen der Beta-Interferon-Therapie durchaus überschaubar und kontrollierbar. Bekannt sind Entzündungserscheinungen an der Einstichstelle und grippeähnliche Symptome in den ersten drei Monaten. Außerdem können sich bei einem Drittel der Patienten innerhalb von drei Jahren neutralisierende Antikörper bilden.

Die Esklationstherapie

Die Interferontherapie gilt aufgrund ihrer guten Verträglichkeit als Basistherapie. Da sie über viele Jahre sicher verabreicht werden kann, bietet sie langfristigen Schutz vor Schüben und Behinderungsprogression. Für den Fall, dass sie jedoch nicht ausreichen sollte, kann zu einer Eskalationstherapie gegriffen werden. Bei schweren Schüben kann Natalizumab, ein monoklonaler Antikörper, der synthetisch im Labor hergestellt wird und spezifisch bestimmte Eiweißstrukturen im Körper erkennt, gegeben werden. Er blockiert dann bestimmte Rezeptoren auf der Oberfläche von Immunzellen, wobei er vor allem an der Blut-Hirn-Schranke wirkt.

Bei chronisch progredientem MS-Verlauf können Immunsuppressiva eingesetzt werden. Diese Arzneimittel unterdrücken bzw. schwächen die Immunabwehr und sind ursprünglich für die Krebstherapie entwickelt worden sind. In diese Kategorie fällt beispielsweise das Chemotherapeutikum Mitoxantron. Es dämmt erfolgreich die Erkrankungsaktivität ein, wozu es i. d. R. alle drei Monate stationär als Infusion gegeben wird. Dosis und Therapieintervall sind allerdings vom Schweregrad der Erkrankung abhängig. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen wie Herzschädigung und Verminderung der zirkulierenden weißen Blutkörperchen und Blutblättchen ist die Verabreichungsmenge auf einen Lebenshöchstwert beschränkt.

Die Forschung arbeitet daran, den Einsatz des Präparats zu optimieren. Der genetische Bauplan bestimmter Transportproteine lässt nämlich auf die individuelle Wirksamkeit und das Risiko für Nebenwirkungen einer Mitoxantrontherapie bei verschiedenen Patienten schließen. Basierend auf diesen Erkenntnissen erhofft man sich eine individuellere Dosierung mit längeren Gesamttherapiezeiten zu erreichen. (Wir berichteten in Heft 3/2009). Auf Chemotherapeutika muss jedoch ohnehin nur so lange zurückgegriffen werden, bis sich die Erkrankung stabilisiert hat.

Aus Befund MS 2/2010

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