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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

Chancen und Risiken komplementärer Therapien

Bei Multipler Sklerose gibt es zahlreiche Behandlungsmethoden, die begleitend zu einer Therapie mit Kortisonen und Beta-Interferonen eingesetzt werden können. Dass es dabei nicht um Ersatztherapien, sondern um eine Ergänzung der schulmedizinischen Behandlung geht, bringt der Begriff „komplementäre” im Unterschied zu „alternativen Verfahren“ zum Ausdruck. Wir erläutern Chancen und Risiken.

Vor allem Frauen wenden sich komplementären Methoden zu. Interessanterweise sprechen sie zumeist mit dem Hausarzt darüber, verschweigen die komplementäre Therapie allerdings ihrem Neurologen, weil sie davon ausgehen, dass all diese Maßnahmen sowieso harmlos seien und ein Arztgespräch überflüssig sei. Dem ist allerdings nicht so und auch die harmlos scheinenden komplementären Methoden können durchaus negative Auswirkungen haben.

Interessant ist hier ein Expertenchat von AMSEL zum Thema alternative Therapie bei MS, bei dem Betroffene sich im direkten Dialog mit dem Neurologen Dr. Willibald Kohlhepp über seine Einschätzung verschiedener Behandlungskonzepte informieren konnten.

Enzymtherapie

Spaltungsenzyme wie Trypsin, Pankreatin, Chymotrypsin, Papain und Bromelain sollen bei entzündungsfördernden Immunkomplexen (Antigen-Antikörper-Bindung) ansetzen, die bei MS eine Rolle spielen, und diese auflösen. Außerdem sollen sie Entzündungsmediatoren und Oberflächenproteine auf den Immunzellen, die am Krankheitsgeschehen beteiligt sind, zerstören. In der Praxis ist dies umstritten, weil sich positive Erfahrungen bei entsprechenden Experimenten mit Mäusen nicht unbedingt auf den Menschen übertragen lassen. Hingegen wurden bei MS-Patienten, die mit Enzymen behandelt wurden, in Einzelfällen starke Blutgerinnungsstörungen beobachtet, außerdem wurde von mindestens zwei Patienten berichtet, die auf die orale Enzymgabe mit einem schweren allergischen Schock reagierten. Dr. Kohlhepp lehnt die Enzymtherapie bei MS ganz entschieden ab und geht damit konform mit zahlreichen Wissenschaftlern. Die DMSG hat den Schluss gezogen, Enzyme in der Therapie der Multiplen Sklerose nicht zu empfehlen.

Homöopathie und Elektrotherapie

Wenig Vertrauen bezüglich MS hat Dr. Kohlhepp auch zu Methoden wie Elektrotherapie und Homöopathie, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Zwar könne die Elektrotherapie den Muskel über den gesetzten Reiz daran hindern, sich weiterhin durch Inaktivität zurückzubilden, gleichzeitig sei dieser Effekt auf die Nerven jedoch negativ. Dass es bei der Homöopathie bislang keine positiven Studien gibt, mag für sich genommen kein Grund sein, sie abzulehnen. Allerdings sieht der Experte keine idealen Ansatzpunkte der Homöopathie bei einer Erkrankung wie MS, da sie von einem anderen Krankheitskonzept ausgehe als die Schulmedizin.

Nahrungsergänzungen und Diäten

Ausgereifte Studienergebnisse zur Ernährung liegen noch nicht soweit vor, dass man über die Empfehlung zu einer ausgewogenen, vitaminreichen Zusammensetzung und die positive Tendenz mehrfach ungesättigter Fettsäuren hinaus echte Tipps geben könnte. Entsprechende Diäten wurden entwickelt, aber in ihrer Wirksamkeit noch nicht ausreichend bestätigt. Sehr aufwendig ist die Evers-Diät, bei der die Lebensmittel so natürlich wie möglich belassen, weder gekocht, noch gebacken oder sonst wie verarbeitet werden. Die Fratzer-Diät soll das Verhältnis der Fettsäuren ändern, ist aber nicht nur umständlich, sondern auch kostenintensiv. Bei der Swank-Diät wird die Zufuhr von ungesättigten Fettsäuren signifikant gesenkt.

Bei MS-Kranken wird häufig ein Vitamin-B12-Mangel beobachtet, der ähnliche Beschwerden wie die MS selbst hervorruft. Eine künstliche Zufuhr des Vitamins ist jedoch nur bei tatsächlichem Mangel notwendig, der durch die Bestimmung des Blutspiegels festgestellt werden muss. Den Beweis, dass Vitamin D den Krankheitsverlauf positiv beeinflusst, bleibt die Wissenschaft noch schuldig. Auf jeden Fall ist es zur Osteoporoseprophylaxe zu empfehlen, v. a. bei MS-Patientinnen nach den Wechseljahren und bei wiederholter Kortisongabe. Diskutiert wird die Einnahme von Selen, das antioxidative Wirkung hat und die Nervenzellen schützen soll. Da auch hier keine ausreichenden Untersuchungsergebnisse vorliegen, ist Vorsicht geboten. Von immunstimulierenden Substanzen wie Coenzym Q, Alpha-Liponsäure, Anthocyane wie Rotwein- und Traubenextrakten ist auf jeden Fall abzuraten, da sie den Krankheitsverlauf verschlimmern können.

Phytotherapie

Für pflanzliche Extrakte wie Gingko biloba konnte bislang kein direkter Einfluss auf die Erkrankung nachgewiesen werden. In der Diskussion befindet sich Cannabis, da es möglicherweise das Immunsystem unterdrückt und die Nerven schützt, andererseits aber Entzündungen fördern könnte. Untersuchungen weisen darauf hin, dass Cannabis Symptome wie Schmerzen, Spastiken und Tremor eindämmen kann.

Akupunktur

Unter dem Begriff Akupunktur versteht man das Einstechen feiner Nadeln an bestimmten Körperstellen. Daneben gibt es die Akupressur, bei der bestimmte Punkte des Körpers manuell stimuliert werden, die Moxibustion, bei der erhitzte Kräuter in der Nähe dieser Punkte aufgebracht werden, und andere Arten von Hitze- oder Lasereinwirkung auf diese Punkte. Obwohl die Wirkungsweise der Akupunktur noch nicht vollständig aufgeklärt ist, ist die Wirkung an sich belegt.

Speziell bei MS mit ihren unzähligen Erscheinungsbildern ist genau abzuwägen, wo eine Akupunktur sinnvoll und angeraten ist: Was gegen ein Symptom hilft – z. B. bei Störungen der Blasenfunktion –, kann auf andere Beschwerden möglicherweise negative Auswirkungen haben und das kann von Patient zu Patient verschieden sein. Bitte sprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob komplementäre Verfahren für Sie infrage kommen.

Quelle: Befund MS 3/2010

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