Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Wenn die Diagnose MS gestellt wird, ist es klar, dass sie das Leben der Betroffenen verändert. Dadurch sind die Partner ebenso von der Krankheit betroffen wie die Erkrankten selbst. Eine solche Diagnose stellt die bisherige Lebensplanung auf den Kopf – die eigene und auch die des Partners.
Die Reaktionen, die den Betroffenen von ihren Partnern entgegengebracht werden, können sehr unterschiedlich sein. Manche Menschen ignorieren die Krankheit des Partners, solange dies irgendwie möglich ist, und versuchen, das „normale“ Leben von vor der Diagnose weiterlaufen zu lassen. Das andere Extrem sind Menschen, die sich als Partner quasi mitbetroffen fühlen, sich informieren und versuchen, die Krankheit in eine neue Lebensgestaltung einzubeziehen. Die Reaktion der meisten Menschen dürfte sich also irgendwo zwischen diesen beiden Arten des Umgangs damit befinden. Ähnlich verhält es sich im Verlauf der Erkrankung. Manche sehen die MS als eine Art gemeinsamer Aufgabe, andere versuchen die Normalität zu wahren und wieder andere lassen ihr Leben geradezu von der Krankheit dominieren.
Die Sexualität kann sich bei Menschen mit MS problematisch gestalten. Unter befragten Patientengruppen gab ein Großteil an, schon unter Störungen der Sexualfunktion gelitten zu haben. Männer scheinen dabei etwas stärker von solchen Problemen betroffen zu sein. Die auftretenden Störungen können in drei Gruppen, nämlich in primäre, sekundäre und tertiäre Dysfunktionen eingeteilt werden.
Man spricht von einer primären Dysfunktion, wenn die durch die MS entstehenden Läsionen an den Myelinscheiden direkt die Nerven betreffen, die an der sexuellen Reaktion beteiligt sind. Mögliche Auswirkungen können sein: ein Nachlassen oder Verlust des Geschlechtstriebes (Libido), unangenehme Empfindungen im Genitalbereich und eine eingeschränkte Orgasmusfähigkeit. Bei Männern können Schwierigkeiten, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten sowie eine Abnahme der Intensität oder Häufigkeit des Samenergusses bis hin zum vollständigen Verlust, auftreten. Bei Frauen kann es zu einer verringerten Gleitfähigkeit der Vagina, einem Verlust des Muskeltonus der Scheide und/oder einem herabgesetzten Anschwellen der Klitoris kommen.
Bei der sekundären Dysfunktion ist ein normaler sexueller Ablauf theoretisch möglich, wird aber durch andere Symptome der MS erschwert oder verhindert. Ein häufig auftretendes Symptom, welches die Sexualität beeinflusst, ist die Fatigue. Wer sich ständig müde und erschöpft fühlt, verspürt nur selten Lust. Weitere Symptome, die die Betroffenen an einer Ausübung sexueller Handlungen hindern, sind Spastiken und Lähmungserscheinungen in den Beinen. Das Symptom, dass den stärksten Einfluss auf die Sexualität hat, ist die Blasenfunktionsstörung.
Die tertiäre Dysfunktion findet ihre Ursache in der psychischen Belastung, der an MS erkrankte Menschen häufig ausgesetzt sind. Der ungewisse Verlauf der Erkrankung ruft oft Ängste und Depressionen hervor. Libidostörungen sind ein häufiges Symptom solcher depressiven Verstimmungen.
Lydia Köper