Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.
Entscheidend für die Therapie von Lymphödemen sind der richtige Zeitpunkt und die kompetente Durchführung der komplexen physikalischen Entstauungstherapie. Dr. Christian Schuchhardt erläutert im Interview, welche Maßnahmen bei einem Lymphödem infrage kommen.
Nach Behandlung wegen eines Mammakarzinoms können Lymphödeme in vier Stadien auftreten. Im ersten Stadium, dem Latenzstadium, sieht man klinisch noch gar nichts. Dann gibt es das Stadium 1. In diesem Stadium bildet sich ein mildes Ödem am Arm. Im Stadium 2 wird das Ödem härter und im Stadium 3 spricht man von einem elefantiastischen Ödem. Dann treten schwere Hautveränderungen auf und es kann vermehrt zu Infektionen kommen. Bei Patientinnen nach Brustkrebsbehandlung tritt am häufigsten ein Lymphödem in Stadium 2 auf. Ein mildes Ödem in Stadium 1 wird häufig weder von der Patientin noch vom behandelnden Arzt bemerkt.
Generell gibt es zwei Behandlungsmöglichkeiten. Eine Möglichkeit ist die konservative Therapie mit der komplexen physikalischen Entstauungstherapie. Und die zweite Möglichkeit ist eine operative Behandlung. Bisher waren die Ergebnisse der operativen Verfahren zwar eher unbefriedigend, aber es gibt neue Methoden, z. B. die Verpflanzung körpereigener Lymphgefäße oder Lymphknoten, die vielversprechend sind. Es gibt auch den Ansatz, die Liposuktion (Fettabsaugung) bei der Behandlung von Lymphödemen einzusetzen. Solche Methoden werden erst noch in Studien untersucht und werden erst in Zukunft zur Behandlung eingesetzt.
Dieses Behandlungsprinzip ist sehr komplex. Es beinhaltet die manuelle Lymphdrainage und eine Kompressionsbehandlung. Die manuelle Lymphdrainage wird von einem speziell ausgebildeten Therapeuten durchgeführt und ist eine Art Massagebehandlung, die Lymphgefäße anregt, sodass diese mehr Lymphflüssigkeit transportieren. Auf diesem Wege werden Ersatzbahnen geschaffen, welche die im Gewebe steckende Lymphe besser transportieren. Zusätzlich ist eine Kompressionsbehandlung notwendig. Die manuelle Lymphdrainage kann nicht verhindern, dass die Lymphe wieder in den Arm einfließt. Sie kann nur den besseren Abtransport der Lymphflüssigkeit bewirken. Deswegen müssen die Patientinnen zunächst einmal in der Entstauungsphase eine Kompressionsbandage tragen. Sobald der Therapeut damit ein akzeptables Ergebnis erreicht hat, wird zur dauerhaften Abstützung ein Kompressionsstrumpf verordnet.
Ganz entscheidend ist Bewegung während der komplexen physikalischen Entstauungstherapie. Ohne Bewegung arbeitet das Lymphgefäß nicht richtig. Generell ist jede Form von Bewegung günstig, nur Sportarten mit einem erhöhten Verletzungsrisiko sollten gemieden werden. Als günstig bei einem Lymphödem haben sich Nordic Walking und Gymnastik/Wassergymnastik erwiesen. Bei einem Lymphödem spielt auch die Hautpflege eine wichtige Rolle. Die Haut kann austrocknen, jucken und es kann zu Infektionen kommen. Betroffene Patientinnen mit einem Lymphödem sollten für die Reinigung der Haut eine seifenfreie Waschlotion verwenden. Regelmäßiges Eincremen, nach dem Ablegen der Kompressionsstrümpfe, verhindern ein Austrocknen der Haut.
Kompressionsstrümpfe werden durch die Ärzte verordnet. Dabei ist der richtige Zeitpunkt der Verordnung wichtig. Wenn sich die Patientin das erste Mal mit einem Lymphödem bei einem Arzt vorstellt, ist es nicht sinnvoll, bereits einen Kompressionsstrumpf zu verordnen, weil zuerst die Entstauungstherapie erfolgen muss. Erst danach kann ein Kompressionsstrumpf angemessen werden. Also, erst wenn eine Volumenverminderung durch die Primärtherapie erreicht worden ist, ist ein Kompressionsstrumpf sinnvoll. Der Kompressionsstrumpf dient dem Erhalt des Therapieerfolges. Angepasst wird ein Kompressionstrumpf in Sanitätshäusern. Dabei sollten Betroffene darauf achten, dass der Mitarbeiter, der den Kompressionsstrumpf anpasst, eine entsprechende Ausbildung für die Versorgung von Lymphödempatientinnen hat. Das ist so wichtig, weil für die exakte Anpassung des Kompressionsstrumpfes sehr viel Erfahrung erforderlich ist.
Ein Lymphödem verbessert sich nach der Behandlung vielfältig. Zunächst einmal ist schon das kosmetische Ergebnis zufriedenstellend durch die große Volumenminderung. Zusätzlich wird die Beweglichkeit verbessert und das Risiko für Infektionen verringert.
Wenn bei Patientinnen bei der Brustkrebsbehandlung die Achsellymphknoten entfernt werden mussten, dann liegt das Risiko ein Lymphödem zu bekommen bei 25 %, d. h., es kommt bei jeder vierten Frau zu einem Lymphödem. Das bedeutet aber auch, dass drei Frauen kein Lymphödem entwickeln. Diese befinden sich allerdings in der Latenzphase, in der ein Lymphödem zwar noch nicht sichtbar ist, aber die Gefahr besteht, irgendwann eines zu entwickeln. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass es sinnvoll wäre, alle Patientinnen, bereits wenige Tage nach der Operation mit Lymphdrainage zu versorgen, in einem Zeitrahmen von drei bis vier Wochen, drei Mal in der Woche. Die Patientinnen, die diese prophylaktische Behandlung erfahren haben, entwickeln ein Jahr später deutlich seltener ein Lymphödem. Diese prophylaktische Maßnahme kann die Entstehung eines Lymphödems verhindern. Betroffene können auch selbst etwas tun, um das Risiko für ein Lymphödem zu verringern. Patientinnen sollten beispielsweise Sauna, Thermalbäder und Sonnenbäder meiden. Gewichtsreduktion und viel Bewegung wirken sich hingegen günstig aus.
Quelle: Leben? Leben! 1/2015