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Diabetes

Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.

Diabetes Mellitus
© iStock - PixelsEffect

Primär- und Sekundärprävention bei Diabetes

Diabetes mellitus umfasst diverse Formen von Glukosestoffwechselstörungen, die mit einem chronisch erhöhten Blutzuckerspiegel einhergehen. Unterschieden werden dabei der Typ-1-Diabetes und der Typ-2-Diabetes.

Die Diagnose Typ-1-Diabetes erhalten haupsächlich Kinder und Jugendliche bevor sie das 20. Lebensjahr erreicht haben. Hierbei kann man von einer genetisch bedingten oder durch Virusinfektionen ausgelösten Autoimmunerkrankung sprechen. Denn das körpereigene Immunssystem zerstört in der Bauchspeicheldrüse die insulinproduzierenden Betazellen (Inselzellen). Folglich kann der Körper nicht mehr die benötigte Menge an Insulin produzieren. Fehlt das Insulin, das beim gesunden Menschen dafür zuständig ist, dass die Glukose von den Körperzellen aufgenommen wird, steigt der Zuckerwert im Blut. Von dieser Diabetesform sind rund 5 bis 10 % aller Diabetiker in Deutschland betroffen.

Weit häufiger tritt der Typ-2-Diabetes auf. 90 % der Diabetiker leiden unter dieser Ausprägung des Diabetes, von der gemeinhin eher ältere Menschen, zunehmend aber auch jüngere Menschen und Kinder betroffen sind. Bei dieser Form des Diabetes werden die Körperzellen mehr oder weniger resistent gegen das körpereigene Insulin. Auch in diesem Fall kann die Glukose aus dem Blut nicht mehr ausreichend in die Körperzellen transportiert werden. Als Ursache wird hierbei eine ungesunde Lebensweise angeführt. Vor allem starkes Übergewicht und Bewegungsmangel können zu einer Diabeteserkrankung vom Typ 2 führen.

Primärprävention bei Typ-1-Diabetes

Das Ziel der Primärprävention ist in das Immunsystem einzugreifen, bevor körpereigene Antikörper auftauchen und die Betazellen der Bauchspeicheldrüse angreifen können. Beabsichtigt ist folglich, schon lange Zeit vor dem Auftreten der Krankheit die Ursache einer möglichen Erkrankung auszuschalten. Weltweit suchen Forscher nach Möglichkeiten das Immunsystem von genetisch gefährdeten Kindern (Kinder, deren Eltern oder Geschwister bereits an Typ-1-Diabetes erkrankt sind) davon abzuhalten, sich gegen den eigenen Körper zu wenden. Die Maßnahmen betreffen dabei ausschließlich Kleinkinder, da man festgestellt hat, dass die Betazellen-Antikörper bereits innerhalb der ersten zwei Lebensjahre im Blut nachweisbar sind, wenn Kinder noch vor dem Eintritt in die Pubertät an Typ-1-Diabetes erkranken.

In der Primary Prevention Study for Type 1 Diabetes in Children at Risk bzw. der TRIGR-Studie (Trial to Reduce IDDM in the Genetically at Risk) wurde beispielsweise getestet, ob das Weglassen von Kuhmilcheiweiß während der ersten 6-8 Lebensmonate eines Kindes die Wahrscheinlichkeit reduziert, dass ein Kind an Diabetes erkrankt. Im Tiermodell stellten sich durch die Vermeidung des Proteins bereits positive Effekte ein.

Ergebnisse aus Finnland zeigten, dass unter den 208 dort teilnehmenden Kindern, die aufgrund einer Untersuchung des Nabelschnurbluts als Risikokinder bezüglich des Typ-1-Diabetes eingestuft wurden, das Vorkommen von Antikörpern, die sich gegen die Betazellen wenden können, am geringsten war bei jenen Kindern, die nach einer anfänglichen Stillperiode für zwei Monate mit einer hypoallergenen Säuglingsnahrung ernährt wurden. In dieser Gruppe wurde zum Zeitpunkt der Erhebung der Zwischenergebnisse nur bei 17 % der Kinder mindestens ein Autoantikörper festgestellt, gegenüber 30 % in der Gruppe der Kinder, die mit herkömmlicher kuhmilchbasierter Nahrung versorgt wurden. Aus den Ergebnisse können jedoch noch keine allgemeingültigen standardisierten Präventionsmaßnahmen abgeleitet werden.

Auch Forscher der Universität München verfolgen einen Ansatz, bei dem die Ernährungsumstellung im Mittelpunkt steht. Sie stützen sich auf die DAISY Studie (Diabetes Autoimmunity Study in the Young) die erwiesen hat, dass Kinder mit erstgradigen Verwandten, die an Typ-1-Diabetes erkrankt sind, potenziell stärker gefährdet sind Diabetes zu entwickeln, wenn sie vor dem vierten Lebensmonat mit Getreideprodukten gefüttert wurden.

Bei der sog. BABYDIÄT Interventionsstudie untersuchen Prof. Dr. Anette-G. Ziegler und ihre Kollegen, inwieweit eine glutenfreie Ernährung (bei Gluten handelt es sich um ein Protein, das in etlichen Getreidesorten enthalten ist) das Auftreten von mit Diabetes assozierten Antikörpern hinausschieben oder verhindern kann. Die Eltern von Risikokindern überwachen die Ernährung ihrer Kinder und reichen alle drei Monate Blut-, Stuhl- und Urinproben ein.

Außerdem sind bei den Forschern u. a. Nahrungsergänzungsstoffe wie Fischöl und Vitamin D zum Schutz vor Typ-1-Diabetes bei Kleinkindern im Gespräch. Immer wieder wird auch die Stilldauer diskutiert. Denn durch längeres Stillen erhalten die Kinder auch länger immunstärkende Stoffe und kommen erst zeitverzögert mit eventuellen Risikostoffen wie Kuhmilchprotein oder Gluten in Berührung.

Es zeigt sich, dass auf dem Gebiet der Primärprävention beim Typ-1-Diabetes noch Forschungs- und Handlungsbedarf besteht. Die bisherigen Ergebnisse sind noch nicht ausreichend gesichert, um daraus anwendbare Präventionsmaßnahmen abzuleiten.

Diskutiert werden über die erwähnten Punkte hinaus weitere Prinzipien, die möglicherweise zur Prävention des Typ-1-Diabetes herangezogen werden könnten. Hierzu zählen z. B. die Unterdrückung der T-Zell-Expression und die Stimulation regulativer Zellen. Insbesondere wird auch geforscht, wie sich eine Toleranz gegenüber Antigenen bewerkstelligen lassen könnten.

Sekundärprävention bei Typ-1-Diabetes

Bei der Sekundärprävention geht es der Diabetesforschung darum, den Ausbruch des Typ-1-Diabetes zu verhindern. Das bedeutet, dass sich die Sekundärprävention an Menschen richtet, bei denen im Blut bereits gegen Betazellen gerichtete, zerstörerische Antikörper nachweisbar sind, bei denen sich die Erkrankung allerdings noch nicht klinisch manifestiert hat. Das Ziel ist hierbei, die Antikörper in ihrer zerstörerischen Kraft zu stoppen. Dafür wurden sowohl Interventionsmaßnahmen als auch prophylaktische Vorgehensweisen getestet.

Ein Ansatz in der Sekundärprävention beim Typ-1-Diabetes sah die Verabreichung von Nicotinamid (Nicotinsäureamid) vor. Die Forscher erhofften sich vom Einsatz dieses Stoffes einen Schutz der Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse, sodass diese weiterhin Insulin produzieren können. Weder in der europäisch-kanadischen Interventionsstudie ENDIT noch in der deutschen DENIS-Studie konnten signifikante Ergebnisse verzeichnet werden. In der doppelblind und placebokontrolliert durchgeführten ENDIT-Studie entwickelten die mit Nicotinamid behandelten Teilnehmer zwischen fünf und 40 Jahren, die nach ihrer erstgradigen Verwandtschaft mit einem Typ-1-Diabetiker ausgewählt wurden, nach fünf Jahren prozentual ebenso häufig einen Typ-1-Diabetes wie die Placebo-Kontrollgruppe.

Auch in der amerikanischen DPT-1-Studie konnten keine Erfolge in der sekundären Diabetesprävention verzeichnet werden. In dieser Insulinprophylaxestudie wurde genetisch vorbelasteten Menschen, die bereits Betazellen-Antikörper entwickelt hatten und ein 50 %iges Risiko aufwiesen in den nächsten fünf Jahren an Typ-1-Diabetes zu erkranken, Insulin in Tablettenform verabreicht. Eine Kontrollgruppe erhielt im Doppelblind-Verfahren ein Placebopräparat. Innerhalb der Versuchsdauer von fünf Jahren entwickelten beide Gruppen in gleichem Maße einen Typ-1-Diabetes.

In einer finnischen Studie zur Sekundärprävention (DIPP) werden nicht nur Risikopatienten untersucht, sondern es werden zunächst durchweg Neugeborene mithilfe eines genetischen Screenings auf Inselzellen-Antikörper getestet. Babys mit hohem Risiko einen Typ-1-Diabetes zu entwickeln werden alle drei bis sechs Monate wieder auf Antikörper hin untersucht. Wenn sie schließlich Antikörper im Blut entwickelt haben, werden sie in eine doppelblinde und placebokontrollierte Studie aufgenommen, in der sie täglich mit einem Nasenspray behandelt werden, das Insulin enthält.

Verschiedene Ansätze werden für die Sekundärprävention des Typ-1-Diabetes diskutiert. Hierzu zählt u. a. die Impfung mit oralen Insulingaben. Hierdurch soll insbesondere bei Kleinkindern das Voranschreiten des Typ-1-Diabetes gebremst werden. Entsprechende Studien laufen.

Unter dem Begriff der Tertiär-Prävention des Typ-1-Diabetes fasst man Bestrebungen zusammen, die zu Beginn vorhandene Betazell-Restaktivität zu bewahren. Insbesondere wird auch über eine mögliche Förderung der Betazell-Regeneration nachgesonnen. Tierversuche zeigten z. B., dass GLP1-Analoga einen Betazell-Schutz bewirken konnten. Andere Medikamente könnten möglicherweise die körpereigene Insulinproduktion verbessern.

Primärprävention bei Typ-2-Diabetes

Eine Primärprävention soll bereits in der prädiabetischen Phase (bevor sich die Erkrankung manifestiert) verhindern, dass die Körperzellen gegen das körpereigene Insulin resistent werden. Das Ziel ist folglich, einem Auftreten des Typ-2-Diabetes entgegenzuwirken. Im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes kann der potenziell Typ-2-Diabetes-gefährdete Mensch selbst einen großen Teil zur Gesunderhaltung seines Körpers beitragen und präventive Maßnahmen ergreifen. Denn eine ausgewogene, fettarme, richtig dosierte Ernährung sowie ein auf den Menschen persönlich abgestimmtes Bewegungsprogramm können in diesem Fall helfen, einer Diabeteserkrankung vom Typ 2 vorzubeugen.

Eine finnische sowie eine amerikanische Studie belegen diesen Ansatz mit Zahlen. Prof. Toumilehto und seine finnischen Kollegen konnten in ihrer DPS-Studie zeigen, dass sich bei den 522 übergewichtigen Teilnehmern, bei denen bereits eine Glukosetoleranzstörung festgestellt wurde, nach drei Jahren das Risiko einer Diabetesneuerkrankung um 58 % reduzierte, wenn sie an der Ernährungs- und Bewegungstherapie teilnahmen. Der Erfolg war dabei wesentlich höher als bei der Kontrollgruppe, die weniger aufwendig betreut wurde. Positiv hat sich ein 5 %iger Gewichtsverlust ausgewirkt.

Im amerikanischen Diabetespräventionsprogramm (DPP) wurde dieses Ergebnis einer 58 %igen Risikoreduzierung bestätigt. Allerdings wurde in dieser Studie neben der behandelten Gruppe und der Kontrollgruppe noch eine dritte Gruppe getestet. Dieser Gruppe wurde Metformin (Antidiabetikum) verabreicht. Diese Gruppe zeigte nicht so deutliche Erfolge wie die Ernährungs- und Bewegungstherapiegruppe, jedoch war auch hier eine 31 %ige Senkung des Risikos, dass der Diabetes weiter fortschreitet, zu verzeichnen.

In einer weiteren Studie wurde die Wirkung von Wirkstoffen bei Typ-2-Diabetes getestet. So hat beispielsweise die STOP-NIDDM-Studie untersucht, inwieweit Acarbose das Auftreten von Diabetes verhindern kann. Acarbose verzögert den Zuckeranstieg nach dem Essen. Rund 1.500 Personen erhielten über einen Studienzeitraum von über drei Jahren entweder Acarbose oder ein Placebopräperat. Hier konnte Acarbose das Risiko einer Diabetesmanifestation um 36 % verringern. Außerdem normalisierte sich bei einigen Teilnehmern zusätzlich die Glukosetoleranzstörung. Dabei zeigte sich, dass diese Wirkung der Acarbose um 30 % höher war als die des Placebos.

Auffällig ist, dass eine gesündere Lebensweise das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken deutlicher senken kann als verabreichte Wirkstoffe wie Metformin oder Acarbose. Dies macht deutlich, dass besonders auch bei stark übergewichtigen Kindern und Jugendlichen frühzeitig auf eine Ernährungsumstellung und eine Bewegungstherapie gesetzt werden muss, um dem Typ-2-Diabetes bei jungen Menschen vorzubeugen.

Sekundärprävention bei Typ-2-Diabetes

Bei der Sekundärprävention beim Typ-2-Diabetes wird versucht, den Folgeschäden einer bereits manifestierten Diabeteserkrankung vorzubeugen. Typ-2-Diabetiker haben häufig im weiteren Krankheitsverlauf mit einer Gefäßerkrankung (Mikro- und Makroangiopathie) oder einem Nervenleiden (Neuropathie) zu kämpfen. Daher ist im Bereich der Sekundärprävention vor allem eine möglichst genaue Einstellung der Blutglukosewerte von Bedeutung.

So hat die UKPDS-Studie (United Kingdom Prospective Diabetes Studie) gezeigt, dass Folgeschäden einer Diabeteserkrankung deutlich reduziert werden können, wenn die Patienten so therapiert werden, dass der Blutzucker maßgeblich gesenkt wird. An dieser Studie nahmen 5.102 Patienten teil, die erst kürzlich an Typ-2-Diabetes erkrankt waren. Wurde der HbA1c-Wert um 1 % gesenkt, konnte die Gefahr unter mikrovaskulären Folgeschäden zu leiden um 35 % vermindert werden. Ebenso ging die mit Diabetes in Verbindung gebrachte Sterberate um 25 % zurück.

Um einer Gefäßerkrankung vorzubeugen ist außerdem die Regulierung der Blutfettwerte von großer Wichtigkeit, ebenso wie das Einstellen des Rauchens. Um dem diabetischen Fuss vorzubeugen bedarf es spezifischer Fuß- und Nagelpflege. Bestensfalls ist auf orthopädische Schuhe, Baumwollsocken und Fußpuder zurückzugreifen.

An einem DMP (Disease-Management-Programm) für Typ-2-Diabetiker teilnehmende Betroffene können ihre Betreuung verbessern. Studien zufolge kommt es bei DMP-Teilnehmern u. a. seltener zu Todesfällen als bei nicht eingeschriebenen Diabetikern.

Auch das Nationale Aktionsforum Diabetes mellitus (NAFDM), das vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert wird, setzt sich dafür ein, dass Diabetesforschung, Prävention, Früherkennung und Patientenversorgung verbessert und gefördert werden. Das Aktionsforum will eine Ausweitung des Typ 2-Diabetes unterbinden. Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung in München soll neue Perspektiven für Prävention, Therapie und Diagnose des Diabetes mellitus eröffnen.

Ausblick

Einiges wurde bereits erreicht, viel gibt es immer noch zu tun. Unter diesem Motto ließe sich die Diabetespräventionssituation in Deutschland zusammenfassen. Um die Ausbreitung der Diabeteserkrankung wirkungsvoll eindämmen zu können, sind dringend weitere Studien zur Primär- und Sekundärprävention sowohl für Typ-1-Diabetes als auch für Typ-2-Diabetes nötig.

Der Deutsche Gesundheitsbericht Diabetes forderte, dass das Ziel sein müsse, in naher Zukunft ein nationales Diabetes-Präventionsprogramm zu entwickeln. Dafür bedarf es weiterer Aufklärung in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Hier muss besonders auf die Gefahren einer ungesunden Lebensweise aufmerksam gemacht werden, um gerade auch Kinder und Jugendliche für das Thema Typ-2-Diabetes zu sensibilisieren.

Melanie Scheitza

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