In den meisten Fällen entsteht Darmkrebs aus gutartigen Zellwucherungen im Darm, die auch Polypen oder Adenome genannt werden. Darmkrebs kann den Dickdarm, Mastdarm und den Darmausgang, seltener auch den Dünndarm befallen.
Die Diagnose Darmkrebs stellt für jeden Menschen einen großen Schock dar, der mit vielen Fragen und Unsicherheiten verbunden ist. Umso wichtiger ist es, dass man sich in Hände begibt, denen man Vertrauen kann. Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) versucht mit Zertifikaten Hilfestellungen im medizinischen Dschungel zu geben. Doch was bedeutet das konkret für den Patienten? Ist die Behandlung in einem zertifizierten Zentrum wirklich besser? Prof. Dr. Reinhard Kasperk und Prof. Dr. Hermann Wasmuth, Aachen, erläutern, was das genau bedeutet.
Prof. Kasperk: Ursprünglich kommt der Gedanke der Zertifikate aus der Wirtschaft. Hierbei unterscheidet man zwischen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Man möchte damit eine kontinuierliche Kontrolle und Verbesserung seiner Qualität erreichen. Auch in einem Krankenhaus möchte man durch ein Zertifikat die Qualität der medizinischen Behandlung sichtbar machen und messen.
Prof. Wasmuth: Auch hier kann man zwischen Struktur-, Prozess-, und Ergebnisqualität unterscheiden. Unter Struktur- und Prozessqualität versteht man hier, dass jeder Patient den gleichen Weg einschlägt. Von der Diagnosestellung bis zur Therapie arbeiten alle Beteiligten nach den gleichen Strukturen. Das ist besonders wichtig, wenn mehrere Fachkräfte unterschiedlicher Disziplinen an der Behandlung beteiligt sind. Die ISO-Zertifizierung gewährleistet das. Das Zertifikat der Deutschen Krebsgesellschaft verlangt jedoch wesentlich strengere Auflagen. Hier ist die Ergebnisqualität wichtig.
Prof. Kasperk: Um zertifiziert zu werden, muss man eine Mindestanzahl an Fällen behandelt haben. Ebenso wird die Erfolgsquote hinzugezogen. Wir sind zudem verpflichtet nachzuweisen, dass wir uns stets an den aktuellen wissenschaftlichen Richtlinien orientieren. Dazu gehört neben der apparativen Ausstattung ebenso die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Mit diesen Parametern versucht man die Qualität nachzuweisen. Das gilt für alle medizinischen Bereiche, die die Behandlung umfassen. Insbesondere im chirurgischen Bereich eines Darmkrebszentrums ist das wichtig, denn hier ist das operative erfolgreiche Ergebnis vergleichsweise einfach nachzuweisen.
Prof. Wasmuth: Im Bereich der inneren Medizin ist der konkrete Nachweis etwas schwieriger. Doch stehen mittlerweile immer bessere Verfahren zur Verfügung, um auch hier die Qualität mithilfe von pathologischen Befunden zu überprüfen.
Prof. Wasmuth: Sicherlich ist es nicht möglich, Gefühle zu zertifizieren, aber man kann alles dafür tun, damit der Patient sich gut aufgehoben und behandelt fühlt. Eine wichtige Auflage für die Zertifizierung ist die sog. Tumorkonferenz. Hier tauschen sich alle Beteiligten regelmäßig über den Befund des Patienten aus. Durch die Zusammenarbeit von Chirurgen, Gastroenterologen, Radiologen, Pathologen, Onkologen, onkologische Pflegefachkräften, Stomaexperten und ggf. Psychoonkologen sowie dem Sozialdienst wird der Mensch ganzheitlich betreut und behandelt. Auch hier wird sichergestellt, dass alle Beteiligten nach den gleichen Leitlinien und Strukturen arbeiten. Das ist ein Aspekt, der das Vertrauen unterstützt.
Prof. Wasmuth: Onkologische Pflegfachkräfte haben hier eine Lotsenfunktion. Sie sind permanenter Ansprechpartner, koordinieren Arzttermine, haben ein offenes Ohr und können schnell die richtige Hilfe vermitteln. Zudem haben sie eine spezielle Ausbildung. Die Pflege bei onkologischen Erkrankungen unterscheidet sich im Vergleich zu anderen Krankheitsbildern. Fragen, wie man beispielsweise die Haut am besten nach einer Chemotherapie behandelt oder wo ich einen Zweithaarspezialisten finden kann, können beantwortet werden.
Prof. Kasperk: Das ist nicht pauschal zu beantworten. Doch kann man sich durch das Zertifikat sicher sein, dass die oben genannten Parameter stets überprüft werden. Studien legen die Annahme nahe, dass die Erfolgsquote höher ist, je häufiger die Ärzte eine Art von Behandlung durchführen. Zudem ist gewährleistet, dass alle nötigen Fachkräfte vor Ort sind und der Patient durch ein Team behandelt wird. Das erhöht die Chance für eine optimale Therapie für jeden Patienten.
Quelle: Befund Krebs 3/2015