Krebs ist eine vielschichtige Krankheit. Man versteht darunter jede Veränderung eines Gewebes, bei der die Zellen sozusagen ihre Differenzierung verlieren und daher autonom, also selbstständig wachsen können.
Welche Effekte der Überwärmung für eine Wirksamkeit der Hyperthermie verantwortlich sind, ist noch nicht vollständig erforscht. Einige Faktoren sind jedoch bekannt: Durch die anhaltende und wiederholte Überwärmung bilden die Zellen „Hitzeschockproteine“, die wiederum als Signal für die Killerzellen des körpereigenen Immunsystems dienen, die durch die Hitze vorgeschädigte Tumorzellen abzubauen.
Zudem werden möglicherweise auch die Reparaturmechanismen der Tumorzellen beeinträchtigt. Hinzu kommt, die Erwärmung steigert die Durchblutung des Tumors, wodurch das Gewebe Medikamente oder Strahlen besser aufnehmen kann.
Die Europäische Gesellschaft für Hyperthermische Onkologie nennt folgende Wirkungen der Hyperthermie, die jeweils an einen engen Temperaturbereich gebunden sind:
Den größten Nutzen in der Onkologie sehen Anwendende der Hyperthermie darin, die Wirksamkeit von Chemo- oder Immuntherapien sowie von Bestrahlung durch die Wärmezufuhr zu verbessern. Dazu muss im Zielgebiet für etwa eine Stunde eine Temperatur von 42,5 bis 43 °C erreicht und diese Erwärmungsprozedur mehrfach wiederholt werden. Vorgeschaltet ist jeweils eine Anwärmphase, die 20 bis 30 Minuten dauert.
Bei der Ganzkörper-Hyperthermie wird der gesamte Körper – außer dem Kopf – erwärmt, bis die Körpertemperatur bei etwa 41,5° liegt. Dies geschieht häufig durch Ganzkörper-Infrarotbestrahlung. Die Patientin liegt in einem Wärmebett und wird intensiv überwacht, da das Verfahren belastend z. B. für Herz und Kreislauf ist. Es wird bei fortgeschrittenen Tumorleiden, aber auch zur Metastasenvorbeugung bei Patientinnen mit hohem Risiko eingesetzt.
Bei der regionalen Hyperthermie werden nur bestimmte Körperteile oder -regionen erwärmt. Dies kann an der Körperoberfläche erfolgen (lokale oder Oberflächenhyperthermie), z. B. bei dicht unter der Haut liegenden Tumoren wie schwarzem Hautkrebs oder bei oberflächennahen Metastasen. Brustwand-Rezidive von Mammakarzinomen können auf diese Weise in Kombination mit Bestrahlung behandelt werden, möglicherweise mit einer reduzierten Strahlendosis.
Die regionale Tiefenhyperthermie zeichnet sich durch die der Körperregion aus, in dem der Tumor liegt. Bei Weichteilsarkomen wird z. B. das gesamte betroffene Bein behandelt, bei Enddarmkrebs oder Gebärmutterhalskrebs der Bereich von Becken und Unterbauch.
Diese Frage lässt sich noch nicht genau beantworten. Hyperthermie wirkt nicht bei allen Menschen gleich gut. Woran das liegt und von welchen Faktoren seitens der Krebserkrankung und seitens der Patientin es abhängt, ob Hyperthermie wirkt, ist unbekannt. Zudem gibt es wenig vergleichende Daten zu den verschiedenen Hyperthermieverfahren.
Abgeschlossen wurde eine Studie bei Patient*innen mit Weichteilsarkom, einem Tumor des Weichteilgewebes, bei dem die Kombination von Chemotherapie und regionaler Tiefenhyperthermie der alleinigen Chemotherapie überlegen war.
Der zusätzliche Nutzen einer regionalen Hyperthermie in Kombination mit Radiochemotherapie bei fortgeschrittenem Enddarmkrebs soll in Erlangen, München und anderen Kliniken geprüft werden. Weitere Studien gibt es zum Blasenkarzinom und bei Krebs der Bauchspeicheldrüse. Außerdem baut die Charité in Berlin ein Register auf, in dem alle Patient*innen erfasst werden, die sich einer Hyperthermiebehandlung unterziehen.
Bei gynäkologischen Krebsarten gibt es Studien bei Patientinnen mit Gebärmutterhals- oder Eierstockkrebs, die eine Lebensverlängerung bei zusätzlicher Anwendung von Hyperthermie zur Standardtherapie zeigten. Einige Daten existieren auch zu Brustkrebs, vor allem beim lokalen Rückfall.
Ob die Kosten für eine Hyperthermiebehandlung von der Krankenkasse übernommen werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Findet die Hyperthermie im Rahmen einer stationären Behandlung in einer Klinik statt, sind die Kosten in der stationären Therapie enthalten.
Bei ambulanter Hyperthermie besteht kein Anspruch auf Kostenübernahme gegenüber den Krankenkassen, da das Verfahren bisher nicht in den Leistungskatalog aufgenommen wurde. Einige Krankenkassen haben aber in Einzelfallentscheidungen Hyperthermie-Behandlungen finanziert. Vor Behandlungsbeginn sollte man daher Kontakt zur Krankenkasse aufnehmen.
Quelle: Leben? Leben! 1/2022