Als Allergie bezeichnet man die übermäßige und teilweise heftige Abwehrreaktion des Immunsystems auf körperfremde Stoffe (Antigene).
Heide Liebmann ist beruflich als Potenzialdetektivin unterwegs. Sie macht sich als Coach mit ihrer Spürnase auf die Suche nach persönlichen und unternehmerischen Potenzialen und der richtigen Positionierung ihrer Kundinnen und Kunden. Sie ist unter anderem im Gesundheitsbereich tätig, berät Leitungskräfte im Pflegebereich. Gesundheit spielte für sie immer eine Rolle. Ihrer Meinung nach ist mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit. Heide Liebmann, die seit jeher von Allergien und Neurodermitis betroffen ist, nimmt sich selbst als gesund wahr.
Ich habe schon relativ früh entschieden, dass ich nicht die Krankheit bin. Ich habe sie, lebe damit, aber sie macht nicht meine Identität aus. Viel zu oft sagen meiner Meinung nach Menschen, die chronisch erkrankt sind, von sich: „Ich bin Allergiker, ich bin Diabetikerin“. Ich hingegen sage immer, ich bin nicht Allergikerin, sondern ich habe eine Allergie. Genauso wenig bin ich übrigens Vegetarierin, sondern ich ernähre mich überwiegend vegetarisch. Denn ich bin viel mehr als Körper.
Ein Coach, den ich sehr schätze, spricht vom menschlichen Körper als „Fleischklöpschen“. Wir leben in diesem Körper, doch das ist nur die physische Manifestation, von dem, was wir sind. Wir sind viel mehr als das. Ich glaube, dass jeder von uns ein Konzept von der Seele hat, auch diejenigen, die nicht gläubig sind. Eine Krankheit kann uns zwar körperlich sehr einschränken, nicht jedoch unseren Geist. Ihn kann eigentlich nichts einschränken – denn es ist immer unsere Entscheidung, unsere Wahl, ob wir uns einschränken lassen.
Die meisten Menschen haben großen Respekt vor anderen, die ihr schweres Schicksal, ihre schwere Krankheit gut meistern. Ich bin der Ansicht, dass diese Menschen sich gerade nicht auf ihre körperliche Einschränkung reduzieren lassen, sondern sich klargemacht haben, dass sie nicht ihr Körper sind.
Ich habe schon mein ganzes Leben lang Neurodermitis, ein Leben ohne Neurodermitis kenne ich nicht. Früher hatte ich sehr starke Symptome, heute führe ich mein Leben mit weitgehender Beschwerdefreiheit. Außer, dass ich sehr trockene Haut habe, die jeden Tag eingecremt werden muss, geht es mir schon lange sehr gut. Ich führe das darauf zurück, dass ich kurz nach der Diagnose Morbus Crohn angefangen habe, sehr bewusst „Psychohygiene“ zu betreiben. Das geht in die Richtung von dem, was ich eben gesagt habe: Wenn ich meinen Fokus auf Krankheit richte, kreise ich nur um meine Erkrankung. Es dreht sich dann hauptsächlich um die Dinge, auf die ich verzichten muss, darum, welche Einschränkungen habe. Schon wenn ich darüber rede, kommt bei mir das Gefühl hoch: Oh, wie ist das Leben schwer!
Für mich habe ich entschieden, dass ich das nicht will. Aus diesem Grund habe ich auch nie eine Selbsthilfegruppe besucht. Was natürlich nicht bedeutet, dass Selbsthilfegruppen nicht sinnvoll sein können. Ich aber möchte mir keine schlimmen Geschichten anhören, ich will nicht runtergezogen werden. Stattdessen richte ich meinen Fokus auf Dinge, die mir helfen. So habe ich eine Therapie gemacht und mich immer wieder begleiten lassen. Ich habe nach Dingen gesucht, die mir Freude machen. Nicht zuletzt deshalb bin ich Potenzialdetektivin geworden.
Ich habe einen Lebensweg, der alles andere als geradlinig ist. Zunächst habe ich Politikwissenschaft studiert, dann bin ich an Morbus Crohn erkrankt und habe das Studium aufgegeben. Anschließend ging ich nach Düsseldorf und habe dort Literaturübersetzen studiert. Trotz der Behandlung und mehrerer Operationen habe ich darin meinen Abschluss gemacht, aber nie als Literaturübersetzerin gearbeitet. Stattdessen bin ich in die Unternehmens-PR gerutscht, habe mich von der Assistentin zur Pressesprecherin hochgearbeitet. Nach Umstrukturierungen im Konzern war ich vor die Wahl gestellt, ob ich anderswo im Konzern arbeite. In dieser Zeit habe ich mir einen Coach gesucht und bei der Arbeit mit ihm festgestellt: Das, was er mit mir gemacht hat, will ich auch können. Er hat mir neue Perspektiven angeboten, sah meine Situation mit anderen Augen, fand mit ein paar Fragen und Beobachtungen heraus, was mein Körper sagt, und spiegelte mir das wider.
Daraufhin habe ich eine sehr intensive Ausbildung in Kommunikationspsychologie absolviert und mich anschließend entschieden, mich selbstständig zu machen: zunächst mit einem Bauchladen (unter anderem Pressemeldungen, Coaching, Gesprächsführung, etc.). Dann habe ich mich aus eigener Not mit dem Thema Positionierung befasst und mich schließlich darauf spezialisiert. Und nun arbeite ich seit 17 Jahren als Potenzialdetektivin und Autorin.
Dabei helfen mir auch meine eigenen Erfahrungen mit Psychohygiene. Was nicht bedeutet, dass ich selbst schon „fertig“, sprich mit meinem Weg am Ende bin. Immer wieder besuche ich Kurse und Workshops, denn ich glaube daran, dass wir alle – mich eingeschlossen – jede Menge Potenziale haben. Unsere Gedanken können ein Gefängnis sein, wenn wir immer wieder dasselbe machen. Deshalb ist es für mich wichtig, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man noch denken könnte – über sein eigenes Leben, vorliegende Krankheiten, den Beruf und vieles andere mehr.
Die Neuseelandreise war die Erfüllung eines lang gehegten Traums. Sie hat mich auf verschiedenen Ebenen Mut gekostet. Ich bin allein ans andere Ende der Welt geflogen, habe mich in einen Camper gesetzt, den ich vorher noch nie gefahren habe – und das auf der linken Straßenseite. Eine andere Ebene war die finanzielle Herausforderung. Auch aus diesem Grund war es nicht einfach, die Entscheidung zu dieser Reise zu treffen. Doch ich habe mir gesagt: Egal, wie ich es schaffe, ich mache das jetzt. Denn ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man einmal mit sich selbst im Klaren ist, ist mehr möglich als man denkt. So war es auch hier: Anfang des Jahres wusste ich nicht, wie ich die Reise finanzieren sollte, und plötzlich kam aus unerwarteten Quellen Geld. Angesichts der Corona-Situation kurze Zeit später bin ich unfassbar froh, diese Entscheidung getroffen und durchgeführt zu haben.
Seit ich denken kann, reagiere ich allergisch auf Katzen. Wenn ich sie anfasse, fängt es an zu jucken, die Nase geht zu, ich muss niesen, meine Augen beginnen zu tränen. Zudem ging Katzenkontakt auch immer auf die Bronchien, denn ich habe allergisches Asthma.
In Neuseeland hingegen konnte ich plötzlich ohne jegliche körperliche Reaktion Katzen anfassen. Ich habe bei jemandem übernachtet und die dort lebende Katze, eine ganz normale Straßenkatze, hat sich nachts in meinen Arm gekuschelt und ich habe mit meiner Nase in ihrem Pelz geschlafen – ohne allergische Reaktion. Am ersten Tag, als ich dort war, hatte ich noch ein Antihistaminikum genommen, das in seiner Wirkung irgendwann nachlässt. Zurück führte ich das Ausbleiben der allergischen Reaktion zunächst darauf, dass das Medikament anscheinend länger wirkte als ich dachte. Ich habe es dann weggelassen und konnte trotzdem mit Katze im Arm die ganze Nacht beschwerdefrei schlafen. Das war für mich ein Wunder. Anders kann ich es nicht beschreiben.
Es gibt keine lineare kausale Erklärung dafür, ich glaube, dass es ein Zusammentreffen verschiedener Faktoren war. Denn die Entstehung von Neurodermitis und Allergien ist ja auch immer ein multifaktorielles Geschehen. Warum sollte es bei einer Lösung oder Heilung nicht ähnlich sein? Es lässt sich schlichtweg nicht klar benennen. So habe ich nichts an meiner Ernährung oder meinen Pflegeprodukten geändert. Ich bin nur allein ans andere Ende der Welt geflogen. Auch als ich zurück in Deutschland war, habe ich einige Zeit bei einer Freundin mit Katze gelebt – und es trat wieder keine allergische Reaktion auf. Gegen andere Tiere bin ich übrigens immer noch allergisch, aber nicht mehr gegen Katzen. Für mich zeigt sich auch hier, dass wir viele ungenutzte Potenziale in uns tragen – möglicherweise auch die zur Heilung. Es ist immer viel mehr möglich als wir uns im Moment vorstellen können.
Quelle: allergikus 2/2020