Krebs ist eine vielschichtige Krankheit. Man versteht darunter jede Veränderung eines Gewebes, bei der die Zellen sozusagen ihre Differenzierung verlieren und daher autonom, also selbstständig wachsen können.
Viele Krebspatientinnen weisen bereits bei Beginn der Tumorerkrankung Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf, wie sie mit zunehmendem Alter vermehrt auftreten: Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Typ-2-Diabetes. Da einige Krebstherapien das Herz belasten, sollten vor Beginn der Krebsbehandlung diese Risikofaktoren so gut wie möglich unter Kontrolle gebracht werden.
Deshalb empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Brustkrebspatientinnen mit erhöhten Blutfettwerten, zusätzlich zur Krebstherapie ein cholesterinsenkendes Medikament einzunehmen. Die Pumpkraft des Herzens bleibt dadurch während der Therapie besser erhalten. Gleiches gilt für erhöhte Blutzuckerwerte.
Bei Bestrahlung insbesondere der linken Brust ist das Herz stärker gefährdet als bei Bestrahlung des Unterleibs, da es unter der Bestrahlungszone liegt. Eine Studie aus Oxford konnte einen direkten Zusammenhang zwischen der Höhe der verabreichten Bestrahlungsdosis und der Häufigkeit von nachfolgender Herzerkrankung feststellen.
Eine medikamentöse Krebstherapie kann – in Abhängigkeit von den eingesetzten Wirkstoffen – verschiedene Nebenwirkungen am Herzen auslösen. Die wichtigsten herzbelastenden Medikamentengruppen sind:
Anthrazykline: Nach Therapie mit diesen Chemotherapie-Wirkstoffen können kurzfristig Herzrhythmusstörungen oder eine akute Herzschwäche auftreten. Nach Jahrzehnten kann sich eine chronische Herzschwäche entwickeln.
Angiogenese-Hemmer: Diese Wirkstoffe bremsen die Entstehung von neuen Blutgefäßen im Tumor und hemmen damit sein Wachstum. Sie steigern häufig den Blutdruck, weshalb ein Bluthochdruck vor Therapiebeginn unbedingt behandelt werden sollte. Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche und Blutgerinnsel können ebenfalls durch Angiogenese-Hemmer ausgelöst werden.
Immuncheckpoint-Hemmer: Diese Wirkstoffe können ebenfalls Herzrhythmusstörungen auslösen, aber auch eine Entzündung des Herzmuskels. Kardiolog*innen empfehlen daher, vor und während der Behandlung mit Checkpoint-Hemmern das Herz echokardiografisch zu untersuchen und Bluttests durchzuführen, die eine Schädigung des Herzmuskels frühzeitig anzeigen.
Bevor eine Bestrahlung der Brust oder eine medikamentöse Krebstherapie mit den genannten Wirkstoffen begonnen wird, sollte eine Kardiologin/ein Kardiologe hinzugezogen werden – vor allem, wenn bereits kardiovaskuläre Risikofaktoren bekannt sind. Diese*r kann ermitteln, wie groß die Gefahren der onkologischen Therapie für Herz und Kreislauf sind, und die Risikofaktoren z. B. durch blutdrucksenkende Medikamente reduzieren.
Quelle: Leben? Leben! 4/2021