Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.
Grundsätzlich betrifft dies ja nur noch einen kleinen Prozentsatz der Frauen mit Mammakarzinom. Es gibt drei unterschiedliche Strategien zur Wiederherstellung der Brust:
Zum einen mit Fremdmaterial, d.h. mit Implantaten, teilweise in Kombination mit einem Expander zur Vordehnung der Haut, bevor das endgültige Silikonimplantat eingesetzt wird.
Die Rekonstruktion mit mikrochirurgisch transplantiertem Eigengewebe, das in der Regel vom Unterbauch, aber auch von der Innenseite des Oberschenkels oder Rückseite des Rumpfs entnommen wird.
Die Rekonstruktion ausschließlich mit dem Transfer von Eigenfett (Lipofilling). Hierzu muss die Patientin aber von der Figur her geeignet sein, d. h., es muss genügend Fett gewonnen werden können, das transplantiert werden kann, und die Brust darf auf der anderen Seite nicht zu groß sein, weil sonst eine Symmetrie schwer herstellbar ist.
In ausgewählten Fällen kann auch ein Silikonimplantat mit Lipofilling kombiniert werden, wenn z. B. Konturunregelmäßigkeiten zu korrigieren sind. Eine weitere Indikation für Lipofilling besteht, wenn die Brust nach der Mastektomie bestrahlt wurde und man sich nicht für körpereigenes Gewebe entscheidet. Dann wird von erfahrenen plastischen Chirurgen oft die Methode des Lipofillings angewandt, um die Hautqualität zu verbessern und damit das Risiko für die Implantatinsertion zu verringern.
Diese komplexen Eingriffe müssen präoperativ sorgfältig mit der betroffenen Patientin besprochen werden, um das ideale Verfahren zu wählen.
Die Vorteile der Silikonimplantate liegen darin, dass die Operation in der Regel schneller und technisch einfacher geht. Nach Vordehnung mit einem Gewebeexpander kann man den Expander herausnehmen und ein Implantat einfach in die vorgedehnte Implantathöhle einbringen.
Die Nachteile der Silikonimplantate sind zum einen, dass in vielen Fällen kein anatomisch natürliches Ergebnis mit Symmetrie zur Gegenseite erzielt wird. Weitere Nachteile der Silikonimplantate sind Kapselfibrosebildung, Risiko der Abstoßung bei schlechter Hautqualität, Verrutschen des Implantats und das immer im Raum stehende Risiko, dass die Implantate evtl. gewechselt werden müssen. Bei bestrahlter Brust steigt das Risiko der postoperativen Kapselfibrose bei Verwendung von Silikonimplantaten deutlich an, auch wenn sich Berichte mehren, dass man mit der Verwendung sogenannter ADM-Produkte (azelluläre dermale Matrix) die Kapselfibroserate niedrig halten kann. Hier stehen aber die endgültigen wissenschaftlichen Beweise noch aus.
Beginnen wir mit den Nachteilen der Eigengewebsrekonstruktion, sie liegen auf der Hand: Es handelt sich um komplexe mikrochirurgische Verfahren, die eine entsprechende mikrochirurgische Erfahrung voraussetzen. Um Erfolgsquoten von etwa 98 Prozent zu erreichen, wie sie heute üblich sind, müssen auch die entsprechenden strukturellen Voraussetzungen wie kompetente postoperative Überwachung gegeben sein.
Ein weiterer Nachteil, der immer wieder bei Beratungen angeführt wird, ist die Narbe der Entnahmestelle. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Patientinnen hier weniger besorgt sind, wenn sie ausreichend aufgeklärt sind, und die Entnahme der Standardlappenplastik vom Unterbauch geht für die Patienten in der Regel mit dem positiven Nebeneffekt einer Bauchdeckenstraffung einher. Dennoch darf die Narbenbildung und eine gewisse Morbidität der Entnahmestelle nicht außer Acht gelassen werden.
Die Vorteile der Eigengewebsrekonstruktion sind eindeutig. Wenn der Eingriff gelingt, dann fällt jedes Risiko des Implantatwechsels, der Kapselfibrose oder der Abstoßung des Implantats weg. Die Eigengewebsrekonstruktion verändert sich mit dem Gewicht und Alter der Patientin und wirkt vom Tastbefund her natürlich. Studien konnten auch zeigen, dass die Patientinnen die eigengewebsrekonstruierte Brust eher in ihr Körperbild integrieren als Implantate und dass sie deutlich zufriedener sind.
Natürlich gehen auch Eigengewebsrekonstruktionen oft mit kleineren Korrekturen einher, die in einem zweiten Schritt durchgeführt werden, u. a. auch die Rekonstruktion der Brustwarze und ihres Warzenhofs. In den letzten 30 Jahren hat sich für uns aber eindeutig gezeigt, dass die Langlebigkeit und die Natürlichkeit der Eigengewebsrekonstruktion den Implantatrekonstruktionen überlegen ist.
Wir stellen in jedem Einzelfall die unterschiedlichen Methoden dar und natürlich gibt es Patientinnen, die für die eine oder andere Methode nicht geeignet sind. Bei extrem schlanken Frauen wird man sich mit Eigengewebe in ausreichender Menge schwertun, vor allem wenn die Brust der anderen Seite ein gewisses Volumen hat. Andererseits ist bei bestrahlter Brustwand mit an der Brustwand haftender Narbe das Einbringen von Implantaten schwierig, insbesondere wenn die andere Seite etwas mehr Volumen hat. Hier wird sich nie eine Symmetrie erreichen lassen, auch wenn man die andere Seite reduziert und strafft. Um allen Frauen ein für sie optimal geeignetes Verfahren anbieten zu können, müssen plastisch-rekonstruktive Chirurg*innen daher alle Methoden beherrschen, die bei der Brustrekonstruktion zur Anwendung kommen. Das Prinzip ist immer, dass die Wiederherstellungsmethode an die Patientin angepasst werden muss und nicht die Patientin an die Technik.
Der optimale Zeitpunkt für die definitive Rekonstruktion ist dann, wenn alle medikamentösen Behandlungen abgeschlossen sind und man einen Zeitraum zwischen sechs und zwölf Monaten nach Abschluss der Chemotherapie/Radiotherapie erreicht hat. Nach hinten gibt es keine Grenze. Wir sehen immer wieder Patientinnen, die sich auch noch nach Jahren zur Wiederherstellung der Brust entscheiden, wenn sich z. B. die Lebensumstände geändert haben oder sie innerlich so weit sind, diesen Schritt zur Bewältigung ihrer Grunderkrankung zu gehen. Ein Mindestabstand nach den onkologischen Therapiemaßnahmen von sechs bis zwölf Monaten ist also zu empfehlen, nach hinten sind aber keine Grenzen gesetzt.
Eigengewebsrekonstruktionen sind natürlich ein Leben lang „haltbar“. Bei den Implantaten muss man davon ausgehen, dass sie gewechselt werden müssen, da die Rate an Kapselfibrosen und Implantatdislokationen, d. h. Verrutschen/Verschieben des Implantats, höher ist als bei der ästhetischen Augmentation. Die früher immer wieder genannte Zahl von zehn Jahren, nach denen das Implantat gewechselt werden muss, kann man in dieser Strenge nicht aufrechterhalten, sondern man wird dies abhängig machen vom Ergebnis der Ultraschallkontrolle bzw. der MRT-Kontrolle, wenn sich die Form der Brust verändert, um zu sehen, ob ein Implantat defekt ist oder nicht. Sicher kommt der Implantatwechsel auf Frauen zu, die eine Kapselfibrose entwickeln. Wir erleben nicht selten, dass Implantatrekonstruktionen nach Implantatwechsel in Eigengewebsrekonstruktionen umgewandelt werden, weil die Frauen dann eine endgültige Lösung suchen.
Die Zufriedenheit der Frauen mit Eigengewebsrekonstruktionen ist höher als mit Implantatrekonstruktionen. Dies liegt daran, dass die eigengewebsrekonstruierte Brust als Teil des Körpers anerkannt wird. Dies wurde in einigen Studien nachgewiesen, vor allem weil die Brust auch vom Gefühl her als natürlich empfunden wird. Eine Implantatrekonstruktion wird hingegen häufig als Fremdkörper empfunden – im Gegensatz zur ästhetischen Chirurgie, dort wollen die Patientinnen ein Implantat. Nach Brustkrebstherapie brauchen sie ein Implantat, was einen deutlichen psychologischen Unterschied macht. Auch wird bei Implantaten häufig über Kältegefühle und Härte der Brust geklagt.
Neben der natürlichen Entwicklung einer Schutzsensibilität besteht bei der Eigengewebsrekonstruktion vor allem mit dem Unterbauchlappen heute die Möglichkeit, diese an sensible Nerven anzuschließen, um eine Sensibilität der wiederhergestellten Brust zu erreichen.
Natürlich gibt es Situationen, in denen eine Rekonstruktion nicht sinnvoll ist, wenn nämlich das Mammakarzinom kein lokales Geschehen mehr ist und sich in einem Stadium befindet, in dem die onkologische Therapie zur Lebensverlängerung im Vordergrund steht. Aber auch hier muss man die Situation sehr differenziert betrachten und mit der Patientin durchsprechen, und zwar ganz offen, wenn es um die Lebenserwartung geht und die erreichbare Lebensqualität mit einer rekonstruierten Brust.
Die Nachsorge wird in der Regel nicht beeinträchtigt. Man kann davon ausgehen, dass bei einer Mastektomie der Tumor komplett entfernt und in Kombination mit adjuvanten oder neoadjuvanten Therapien lokal nicht mehr vorhanden ist. Es macht also z. B. wenig Sinn, eine Mammografie oder Ultraschalluntersuchung der Eigengewebsrekonstruktion durchzuführen, wenn nicht der Verdacht auf ein Lokalrezidiv am Rand der Resektion gegeben ist. Bei Implantatrekonstruktionen gilt dasselbe. Hier wird zwar häufig mit MRT oder Ultraschall kontrolliert, es geht aber in den meisten Fällen um die Integrität des Implantates. Nur wenn ein berechtigter Verdacht auf ein lokales Rezidiv vorhanden ist, wird diese Kontrolle als diagnostisches Mittel eingesetzt.
Quelle: Leben? Leben! 3/2021