Krebs ist eine vielschichtige Krankheit. Man versteht darunter jede Veränderung eines Gewebes, bei der die Zellen sozusagen ihre Differenzierung verlieren und daher autonom, also selbstständig wachsen können.
CUP ist die Abkürzung für „Carcinoma of Unknown Primary”, auf Deutsch etwa „Karzinom unbekannten Ursprungs“. Unter CUP-Syndrom verstehen Ärztinnen und Ärzte eine Situation, in der bei einer Patientin Metastasen diagnostiziert worden sind, aber der Primärtumor trotz umfangreicher Diagnostik nicht aufzufinden ist. Die Metastasen sitzen überwiegend in Leber, Lunge, Knochen, Lymphknoten und im Gehirn, also in den Organen, in denen bei vielen Krebsformen am häufigsten Tochtergeschwülste entstehen.
Warum der Ersttumor nicht gefunden wurde, ist bisher ungeklärt. Eine Theorie geht davon aus, dass das Immunsystem den Primärtumor zerstört hat, aber sich trotzdem Metastasen entwickeln und überleben konnten, weil diese oft aggressiver sind als der Primärtumor. Eine weitere Erklärung – für einen Teil der Fälle – wäre, dass die Metastasen aus Krebs-Frühformen entstanden sind, z. B. aus Dickdarmpolypen oder Zellveränderungen am Muttermund, die im Rahmen von Früherkennungs-Screenings entfernt wurden und deshalb später nicht mehr zu finden sind.
Etwa 2 bis 4 von 100 neu diagnostizierten Krebserkrankungen sind CUP-Syndrome, ein Großteil der Betroffenen ist im Seniorenalter. Die Metastasen werden entdeckt, weil sie Beschwerden hervorrufen oder zufällig, wenn aus anderen Gründen eine Untersuchung vorgenommen wird.
CUP-Syndrom ist eine Diagnose, die erst zum Tragen kommt, wenn alle verfügbaren Untersuchungen zum Auffinden des Haupttumors ohne Ergebnis geblieben sind. Bei etwa jeder zehnten Erkrankten wird der Primärtumor nach längerer intensiver Suche doch noch gefunden. Dann kann eine gezielt gegen diesen Tumor gerichtete Therapie begonnen werden, was die Prognose verbessert.
Quelle: Leben? Leben! 2/2022