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Brustkrebs

Unter dem Begriff Brustkrebs, auch Mammakarzinom (lat. Mamma = Brust) genannt, versteht man bösartige Tumoren (Geschwulsterkrankungen) der Brustdrüse.

Brustkrebs
© iStock - praetorianphoto

Der Einfluss auf das Resilienzerleben durch die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe

Am Beispiel von an Krebs erkrankten Frauen mit bösartigen Tumoren der weiblichen Genitalorgane inklusive Brustkrebs aus salutogenetischer Perspektive

Motivation zur Thematik der Masterarbeit

Ich bin beruflich tätig in der psychosozialen Beratung und Selbsthilfeaktivierung. In meiner beruflichen Praxis war ich vor einiger Zeit mit einer Klientin konfrontiert, die an einem Vulvakarzinom litt. Sie fragte nach einer Selbsthilfegruppe oder themenspezifischen Austauschmöglichkeiten unter Gleichbetroffenen.

Leider war es schwer möglich, diesen Bedarf mit lokalen Angeboten zu decken. Während es für Frauen, die von Brustkrebs betroffenen sind, verhältnismäßig viele Informations- und Austauschmöglichkeiten gibt, sieht dies bei Frauen mit Genitalkrebs anders aus. Dies lässt sich auf die Seltenheit der Diagnosen (Vulva- und Vaginalkarzinom) zurückführen.

Meinen Master habe ich in „Soziale Arbeit in Forschung und Leitung“ absolviert. Forschungsmethoden greifbar zu machen und flexibel zu nutzen, um sie an den Forschungsgegenstand anzupassen, liegt stark in meinem Interessenbereich. Da überwiegend quantitativ, also in der Breite und weniger in der Tiefe, geforscht wurde und eben seltener im Bereich Genitalkrebs, war mein Bestreben geboren.

Ich setzte mir das Ziel qualitativ, biografisch und dennoch problemzentriert zu untersuchen, wie sich die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe auf die seelische Gesundheit von Teilnehmerinnen auswirkt. Somit verlieh ich nicht nur den betroffenen Frauen eine Stimme, unabhängig von vorgefertigten Fragebögen, selbstbestimmt zu verdeutlichen, was sie am meisten in dem Krankheitsprozess beschäftigt hat. Im selben Moment wurde der Fokus auf Hilfestrategien gelenkt, welche niederschwellig zu nutzen sind.

Das Erkenntnisinteresse zielt auf den Nutzen und die Grenzen einer Selbsthilfegruppenteilnahme ab, um Optimierungsfaktoren für die psychosoziale Versorgung Betroffener herauszustellen. Zusätzlich können auch Praktiker*innen in ähnlichen beruflichen Kontexten hinsichtlich der Bedarfe dieser Betroffenengruppe sensibilisiert werden.

Erkenntnisse der Masterarbeit

Besonders belastend beschreiben die befragten Frauen, dass sie die Behandlungen und Operationen im Intimbereich mit sexueller Gewalt assoziieren. Hinzu kommt, dass ein wenig sensibler und empathischer Umgang mit ihnen dieses Erleben beschweren und sich Resilienz schwächend auswirken kann. Manche Frauen bezeichnen derartige Erlebnisse als das eigentliche Trauma, welches die Krebsdiagnose gefühlt fast in den Schatten stellt.

Im Gegenzug wird der Eindruck, medizinisch bestmöglich und gleichzeitig würdevoll behandelt zu werden, als seelisch heilsam bewertet. Die Vulnerabilität liegt nicht nur im Trauma, sondern auch in der Grenzüberschreitung der Intimsphäre. Diese wirkt sich hemmend auf die Arzt-Patientinnen-Kommunikation und somit schwächend auf die Resilienz aus.

Die befragten Frauen berichten, dass sie sich rückblickend vor der Operation ungenügend über konkrete Auswirkungen dieser informiert fühlen. Auch nach der Operation ist es ihnen aus Scham nicht möglich diese Auswirkungen, vor allem vor männlichen Ärzten, anzusprechen. Dabei ist der zentrale Nutzen der Selbsthilfegruppe die Stärkung der Verstehbarkeit und Offenheit durch Gleichbetroffenheit.

Sie äußern, dass sie nirgends so frei aussprechen können, was sie belastet, und gleichzeitig erhalten sie wertvolle Tipps im mentalen und praktischen Umgang mit der Erkrankung. Frauen zu erleben, deren Diagnose zeitlich bereits länger zurückliegt, dient als großer Motivator wieder ins Leben finden zu wollen und zu lernen wieder Positives empfinden zu können – quasi ein Hoffnungsschimmer in tiefster Dunkelheit.

Viele Frauen berichten, dass sie ihre weibliche Identität im Behandlungsprozess verloren hätten und dass Sexualität mit Konfrontation mit dem körperlichen Verlust und zusätzlichen körperlichen Schmerzen verbunden ist. Die positive Auswirkung einer Selbsthilfegruppe auf den Mut Sexualität trotz aller Verluste neu, wenn auch anders, zu entdecken, wirkt sich stark Resilienz fördernd aus.

Auf dem Fundament der höheren Widerstandskraft wächst dann die verlorene weibliche Identität wieder heran. Wobei an dieser Stelle geäußert wird, dass es zunächst um das Akzeptieren des Verlorenen geht und danach um die Bereitschaft in eine Welt zu finden, die möglicherweise nie mehr die alte sein wird.

Emotional aufgefangen werden, die Scham ablegen, über Sexualität trotz Verlust offen sprechen, verstanden werden und praktische Empfehlungen zu erhalten, sind die Kernqualitäten einer Selbsthilfegruppe für Frauen mit Genital-, aber auch Brustkrebs.

Die Grenzen in dem Nutzen von Selbsthilfegruppen liegen vor allem in der Schnittmenge der diagnosebedingten körperlichen Einschränkungen. Eine Frau mit Brustkrebs hat beispielsweise andere körperliche Auswirkungen als eine Frau mit einem Vulvakarzinom. Da es jedoch nur wenige Selbsthilfegruppen für letztere Diagnose gibt, wohnen Betroffene allgemeinen Genitalkrebs- oder Brustkrebsselbsthilfegruppen bei und fühlen sich inhaltlich nicht zugehörig.

Insgesamt wird somit der Bedarf an Selbsthilfegruppen zur weiblichen Identität und Sexualität bei Brust- und Genitalkrebs mit Klinikanbindung geäußert, da durch Letzteres ein smoother, niedrigschwelliger Übergang für die psychosoziale Stabilisierung von Patient*innen angeboten werden kann, für die schwere Zeit nach der Behandlung und dem Übergang in das neue, alte Leben.

Aileen-Filiz Sayin

Quelle: Leben? Leben! 4/2021

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