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Krebs allgemein

Krebs ist eine vielschichtige Krankheit. Man versteht darunter jede Veränderung eines Gewebes, bei der die Zellen sozusagen ihre Differenzierung verlieren und daher autonom, also selbstständig wachsen können.

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© iStock - koto_feja

Metastasen: Tumorzellen auf Abwegen

Tochterabsiedlungen eines Tumors werden Metastasen genannt. Ihr Auftreten ist Zeichen einer fortgeschrittenen Krebserkrankung, welche die Organgrenze überwunden hat.

Die „Töchter“ haben in der Regel die gleiche Herkunft und Genetik wie der Ursprungstumor: Die Metastase eines Brustkrebses in der Lunge besteht aus Brustkrebszellen und ist kein Lungenkrebs. Sie wird daher mit einer gegen Brustkrebs gerichteten Therapie behandelt und nicht wie Lungenkrebs. Patientinnen mit Metastasen erhalten daher eine Behandlung, die auch gegen den Primärtumor wirkt.

Allerdings erfolgt in bis zu 16 Prozent der Fälle ein Up- oder Downshifting der Tumormerkmale wie z. B. des Hormon- oder des HER2/neu-Status. Eine neue Gewebeprobe sollte also immer dann erfolgen, wenn zeitversetzt zum ersten Auftreten der Krebserkrankung Metastasen gefunden werden. Nur so ist eine zielgerichtete Therapie auch der Tochtergeschwülste möglich.

Der Entstehungsmechanismus von Metastasen ist noch nicht vollständig geklärt – man weiß z. B. nicht, warum manche Krebsformen sehr früh und schon bei kleinem Primärtumor metastasieren und andere Krebsarten große Geschwülste bilden, ehe es zur Absiedlung von Tumorzellen kommt. Außerdem ist der Zeitpunkt der Metastasierung auch von weiteren Faktoren, z. B. von der Aktivität des Immunsystems der Betroffenen abhängig.

Man kann davon ausgehen, dass ein kleiner, wenig aggressiver Tumor seltener Metastasen bildet als ein großer Tumor der noch dazu als aggressiv eingeschätzt wird. Meist korreliert dieser Grad der Aggressivität mit dem histologisch nachgewiesenen Grading. Ein Grading G1 bedeutet eine geringe, ein G3 oder gar G4 eine hohe Aggressivität. Zudem werden weitere Faktoren wie z. B. die Hormonabhängigkeit bei der Aufarbeitung des Gewebes bestimmt, die Aussagen zu dem Metastasierungsrisiko tätigen.

Die Metastasierung beginnt, wenn sich die ersten Tumorzellen aus der Geschwulst lösen. Da bösartige Tumoren nicht wie die meisten gesunden Organe von einer Bindegewebshülle oder festen Kapsel umgeben sind, fällt es Tumorzellen leichter, ihren lockeren Zellverbund zu verlassen. Vermutlich spielen auch biochemische Prozesse an der Oberfläche der Zellen dabei eine Rolle, sodass sie weniger gut aneinanderhaften.

Schafft es die Tumorzelle, in den Blut- oder Lymphstrom zu gelangen, so kann sie durch den Körper geschwemmt werden und sich weit entfernt vom Ursprungstumor ansiedeln. Da Lymphgefäße weniger dicht sind als Blutgefäße, gelingt es Tumorzellen leichter, dort einzudringen. Metastasen in nahe gelegenen Lymphknoten entstehen daher oft früher als Fernmetastasen über den Blutweg.

Um nicht von den ebenfalls im Blut zirkulierenden Immunzellen erkannt und vernichtet zu werden, können Tumorzellen sich tarnen. Die Tarnung hilft ihnen auch dabei, sich an einem neuen Ort anzusiedeln. Da sie nicht als „fremd“ erkannt werden, schleichen sie sich dort quasi ins Gewebe ein und nutzen die Infrastruktur ihres neuen Wirts, regen dann die Neubildung von Blutgefäßen zu ihrer eigenen Versorgung an und haben so alle Voraussetzungen, um sich zu vermehren und eine Tochtergeschwulst zu bilden.

Mit dem Auftreten von Metastasen verändert sich die Krebserkrankung: Aus einem auf ein Organ begrenzten Geschehen wird eine Krankheit des gesamten Körpers, gegen die eine nur lokal ausgerichtete Therapie nicht ausreichend wirkt. Dennoch können lokale Maßnahmen, z. B. die Bestrahlung von Knochenmetastasen, sinnvoll sein, um Beschwerden lindern.

Die verschiedenen Krebsarten haben unterschiedliche Metastasierungsmuster: Brustkrebs etwa streut auf dem Lymphweg meist zuerst in die Lymphknoten von Achselhöhle, Schlüsselbein und Brustbein. Auf dem Blutweg verschleppte Brustkrebszellen siedeln sich bevorzugt in Knochen, Lunge und Leber an, aber auch – seltener – im Gehirn oder in der Haut.

Frauen, bei denen Brustkrebs im Frühstadium festgestellt wird, haben ein sehr unterschiedliches Metastasierungsrisiko. Es liegt zwischen 6 und 22 Prozent und ist u. a. vom Alter abhängig, wie eine Übersichtsarbeit aus mehreren europäischen Ländern zeigt. Frauen unter 35 Jahren mussten laut dieser Studie zu 12,7 bis 38 Prozent mit Metastasen rechnen, während das Risiko für über 50 Jahre alte Patientinnen mit 3,7 bis 28,6 Prozent deutlich niedriger lag.

Eierstockkrebs hingegen wird bei drei von vier Frauen erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt, sodass in vielen Fällen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Metastasen im Bauchraum vorhanden sind. Bei Eierstockkrebs entstehen Metastasen bevorzugt in Lunge, Leber, Milz, Gehirn, in den Knochen und in weiter entfernt liegenden Lymphknoten.

Gebärmutterschleimhautkrebs (Endometriumkarzinom) streut oft in die Beckenlymphknoten, in Lunge und Knochen, während Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) sich häufig über die Lymphknoten des Beckens ausbreitet, aber auch Lunge, Leber und Knochen erreicht.

Die Behandlung von Metastasen erfolgt individuell, abhängig vom Ursprungstumor, vom Stadium und bisherigen Verlauf der Krebserkrankung sowie vom Allgemeinzustand der betroffenen Patientin. Eine histologische Abklärung der Metastase sollte erfolgen, damit eine zielgerichtete Therapie ermöglicht wird.

Die beste Möglichkeit Metastasen zu verhindern, besteht in der Wahrnehmung von Vorsorgeuntersuchungen und der Aktivierung des Immunsystems. Damit besteht eine reelle Chance Vorstufen und frühe Formen einer Krebserkrankung zu erkennen noch bevor sich Metastasen gebildet haben. Rezidive und Metastasen bei schon bestehenden Brustkrebserkrankungen können durch regelmäßigen Sport und Entspannungstechniken in 50 Prozent der Fälle verhindert werden.

Quelle: Leben? Leben! 1/2022

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