Das Gilles-de-la-Tourette-Syndrom (GTS) oder kurz Tourette-Syndrom (TS) ist eine chronisch verlaufende neurologische Erkrankung. Das Tourette-Syndrom ist charakterisiert durch eine Kombination von motorischen und vokalen Tics.
Das Gilles-de-la-Tourette-Syndrom (GTS) oder kurz Tourette-Syndrom (TS) ist eine chronisch verlaufende neurologische Erkrankung. Das Tourette-Syndrom ist charakterisiert durch eine Kombination von motorischen und vokalen Tics.
Das Wort Tic stammt aus dem Französischen und steht für ein Gesichts- oder Nervenzucken. Tics sind spontan einsetzende, meist nicht willkürliche rasche Muskelzuckungen, die zu zwanghaften Bewegungen oder Lautäußerungen führen. Sie können sowohl motorischer als auch verbaler Natur sein. Es gibt einfache motorische Tics wie Blinzeln oder Schulterzucken oder auch komplexe motorische Tics. Dazu gehören u. a. das Berühren von Gegenständen bzw. anderen Personen oder die sog. Kopropraxie (das Ausführen obszöner Gesten). Auch bei vokalen Tics lässt sich zwischen einfachen Tics wie Räuspern oder mit der Zunge schnalzen bis hin zu komplexen Tics wie dem Ausstoßen zusammenhangsloser Wörter oder Sätze differenzieren.
Zu diesen komplexen Tics zählen z. B. Echolalie und Koprolalie. Mit dem Wort Echolalie bezeichnet der Mediziner den krankhaften Zwang, von anderen gesprochene Sätze oder Wörter zu wiederholen. Koprolalie steht für ein zwanghaftes Wiederholen von Worten, die der Fäkalsprache entstammen. Obwohl nicht einmal die Hälfte aller an dem Tourette-Syndrom erkrankten Menschen an Koprolalie leiden, gilt dieses Symptom bei vielen Menschen als prototypisch für das Tourette-Syndrom.
Georges Gilles de la Tourette (1857–1904), nach dem das Tourette-Syndrom benannt wurde, beschrieb die Erkrankung anhand der Studien, die er an neun Patienten durchführte. Der junge französische Arzt absolvierte bereits im Alter von 24 Jahren erfolgreich sein Medizinstudium und ging anschließend nach Paris, um seine Ausbildung fortzuführen. Dort traf er auf den bekannten Neurologen Jean Martin Charcot. Charcot war Arzt am Hôpital Salpêtrière – einer zu dieser Zeit berühmten neurologischen Klinik – und Professor an der medizinischen Fakultät der Sorbonne. Er förderte den vielversprechenden jungen Arzt und dessen Karriere.
Seit seinem Studium beschäftigte sich Tourette mit Tic-Störungen. Im Jahr 1885 publizierte er seine berühmte Studie über die „Krankheit der Tics“ (frz. „maladie des tics“). Der Arbeit wurde in Fachkreisen viel Aufmerksamkeit geschenkt, denn Gilles de la Tourette war der erste Mediziner, der in verschiedenen Tic-Störungen ein gemeinsames Krankheitsbild erkannte.
Die Erkrankung manifestiert sich meist bereits bei Kindern bzw. Heranwachsenden. Es gibt jedoch auch Patienten, bei denen die Erkrankung im Erwachsenenalter erstmalig auftritt. Die Tourette-Gesellschaft Deutschland schätzt, dass in Deutschland mehr als 40.000 Menschen leben, die am Tourette-Syndrom erkrankt sind. Von der Erkrankung sind Jungen bzw. Männer rund drei- bis viermal häufiger betroffen als Mädchen bzw. Frauen. Charakteristisch für die Erkrankung ist, dass die Tic-Störungen im Verlauf in ihrer Intensität, Lokalisation und Art variieren können.
In vielen Fällen ist das Tourette-Syndrom vergesellschaftet mit anderen Krankheiten. Diese sog. Komorbidität wurde, seit Georges Gilles de la Tourette einen Zusammenhang mit Zwangsphänomenen, Ängsten und phobischen Verhaltensweisen herstellte, immer wieder untersucht. Zu den assoziierten Störungen beim Tourette-Syndrom werden heute z. B. Aufmerksamkeitsstörungen mit bzw. ohne Hyperaktivität (AHDS bzw. ADS) sowie Lern- und Teilleistungsstörungen gezählt.
Antje Habekuß