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Krebserkrankungen

Krebserkrankungen sind ein wichtiger Faktor in der Frauengesundheit. Bei Frauen ist die Erkrankung der Brustdrüse die häufigste Form der Krebserkrankung.

Frauen Krebserkrankungen
© iStock - FatCamera

Wege zum Wir – Wie gründe ich eine Selbsthilfegruppe?

In Selbsthilfegruppen finden Frauen mit Krebs Erfahrungswissen, Trost und Verständnis. Interessierte können bestehende Gruppen aufsuchen – oder selbst eine Gruppe ins Leben rufen. In drei Schritten gelingt der Weg von der Idee zur Gründung.

Gleich welche Fortschritte es in der Krebsbehandlung gibt, und gleich wie schlimm die Krebserkrankung im Einzelfall ist – eines ist immer da: der Diagnoseschock, die Ängste, Fragen, vielleicht auch Wut, Verzweiflung und Traurigkeit. So gut sie können, helfen Ärzt*innen wie auch Angehörige und Bekannte den Erkrankten, diese Belastungen zu bewältigen. Eines können aber nur die, die selbst Krebs haben oder hatten: Alltagstipps geben und die Krankheit in ihrer ganzen Dimension verstehen.

Viele Erkrankte suchen aus diesem Grund eine Selbsthilfegruppe auf, manche kurz nach der Diagnose, andere erst in der Zeit der Nachsorge. Wie Gruppen und Organisationen helfen können, beschreibt die Frauenselbsthilfe nach Krebs mit ihrem Motto: „Auffangen nach dem Schock der Diagnose, informieren über Hilfen zur Krankheitsbewältigung, begleiten in ein Leben mit und nach dem Krebs.“

Knapper sagt es eine Berliner Kampagne: Selbsthilfegruppen sind „das sozialste Netzwerk“, in Anspielung auf die Kommunikation mit Smartphones und in sozialen Medien. In Deutschland gibt es wohl mehr als tausend Selbsthilfegruppen und überregionale Selbsthilfeorganisationen, die sich mit Krebs befassen.

Nach eigenen Vorstellungen

Trotz dieser Vielzahl kommt die Teilnahme an einer bestehenden Selbsthilfegruppe nicht immer infrage. Die Gruppe ist vielleicht zu weit entfernt oder entspricht nicht den eigenen Vorstellungen. Oft entscheiden sich Frauen daher, eine Selbsthilfegruppe ins Leben zu rufen, die den eigenen Bedürfnissen entspricht.

Der Weg vom Gedanken an eine Gruppe bis zu regelmäßigen Gruppentreffen ist in drei Schritten möglich. Diese drei Schritte müssen nicht allein gegangen werden. Bei allen drei Schritten können sich die Gründerinnen von Selbsthilfekontaktstellen unterstützen lassen.

Selbsthilfekontaktstellen sind professionelle Beratungsstellen, die über die Selbsthilfegruppen vor Ort informieren und eben auch bei der Gründung unterstützen. An mehr als 300 Orten in Deutschland bestehen Selbsthilfekontaktstellen.

Bei der Suche nach der nächstgelegenen Anlaufstelle hilft die NAKOS, die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen. Sie führt eine Datenbank mit allen Selbsthilfekontaktstellen: die sogenannten „Roten Adressen“.

Erstens: Vorüberlegungen

Der erste Schritt beginnt im Kopf und im Herzen. Wer eine Selbsthilfegruppe gründen will, sollte sich fragen, was man sich von dem Austausch mit anderen erhofft. Eine Selbsthilfegruppe kann sich vor allem über Behandlungsmöglichkeiten austauschen sowie über praktische Fragen und Probleme im Alltag mit der Krankheit.

Ein wesentlicher Bestandteil der meisten Gruppen ist die Möglichkeit, über die eigenen verwirrenden und belastenden Gefühle sprechen zu können – und Verständnis und Trost zu finden. Andere Selbsthilfegruppen gründen sich als Netzwerk, das füreinander sorgt, oder als Gemeinschaft, die Freizeitaktivitäten miteinander ausübt.

Neben der Klärung, was man sich von einer Selbsthilfegruppe erhofft, ist auch wichtig, mit wem man sich austauschen will. Je nach Art der Krebserkrankung kann zur Wahl stehen, ob es eine Frauengruppe oder eine gemischte Gruppe von Betroffenen sein soll. Einige Selbsthilfegruppen beziehen auch Angehörige ein. Und gerade jüngeren Krebserkrankten ist es manchmal wichtig, sich mit Erkrankten in ihrem Alter auszutauschen. Die Fachkräfte in den Selbsthilfekontaktstellen helfen den Gruppengründerinnen, sich über ihre Vorstellungen klarer zu werden.

Zweitens: Der Weg zu den anderen

Der zweite Schritt ist der Weg zu anderen Betroffenen. Wie können andere gefunden werden, die auch an Krebs erkrankt sind und Austausch suchen? Die Selbsthilfekontaktstellen machen das Anliegen auf Wunsch bekannt. Für die Gruppengründerin hat das auch den Vorteil, dass die eigenen Kontaktdaten nicht veröffentlicht werden – die Selbsthilfekontaktstelle ist der Vermittler.

Es gibt noch weitere Möglichkeiten, nach anderen Interessierten zu suchen. Eine Anfrage lohnt sich bei der Arztpraxis oder der Klinik, in der man selbst als Patientin behandelt wird oder die viele Krebspatientinnen haben.

In diesem zweiten Schritt spielt auch schon eine Rolle, wo sich die Gruppe treffen kann. Treffen in Privaträumen sind nicht zu empfehlen. In der Regel bieten die Selbsthilfekontaktstellen eigene Gruppenräume an oder informieren über andere mögliche Treffpunkte.

Drittens: Der Weg mit den anderen

Der dritte Schritt bei der Gruppengründung ist der Weg mit den anderen: ein erstes Zusammenkommen und die weiteren, regelmäßigen Treffen. Wenn sich genügend Interessierte gefunden haben, etwa ein halbes bis ein Dutzend, wird zum Gründungstreffen eingeladen. Das erste Treffen dient dem ersten Kennenlernen und um praktische Fragen zu klären, vor allem wann, wie oft und wo sich die Gruppe künftig trifft.

In der Anfangsphase sollten sich die Mitglieder der Selbsthilfegruppe auch verständigen, wie sie ihre Treffen gestalten und wie sie miteinander umgehen wollen. Eine Besonderheit von Selbsthilfegruppen ist, dass ihre Mitglieder diese Fragen selbst entscheiden können.

Bewährt hat sich allerdings, dass jede Teilnehmerin am Anfang und meist auch am Ende eines Treffens zu Wort kommt. Empfehlenswert ist auch der Grundsatz, von sich und den eigenen Gefühlen zu erzählen und Ratschläge nur zu geben, wenn darum gebeten wird.

Die Fachkräfte der Selbsthilfekontaktstellen helfen auch in dieser Gründungszeit. Oft bieten sie an, das Gründungstreffen zu leiten. Mit der Zeit arbeiten Selbsthilfegruppen aber ohne eine professionelle Leitung. Es ist eins der zentralen Merkmale von Selbsthilfegruppen.

Was die Selbsthilfearbeit sonst kennzeichnet, stellt SEKIS Baden-Württemberg anschaulich auf ihrer Internetseite dar (www.sekis-bw.de/selbsthilfe/#Selbsthilfegruppe). Viele Gruppen verteilen die Aufgaben gleichberechtigt – wer eine Gruppe ins Leben ruft, ist nicht unbedingt Gruppenleiterin oder Ansprechpartnerin für neue Interessierte.

Helfende bei der Gründung

In Selbsthilfegruppen organisieren Krebserkrankte oder ihre Angehörigen die Hilfe selbst. Erleichtert wird die Selbsthilfearbeit oft, wenn sich Gründerinnen und Mitglieder bei den verschiedenen Schritten Unterstützung holen. Selbsthilfegruppen als örtliche Fachstellen wurden schon benannt wie auch Arztpraxen und Kliniken. Immer mehr Kliniken und Gesundheitseinrichtungen arbeiten mit Selbsthilfegruppen zusammen. Eine Auswahl ist zu finden auf der Internetseite www.selbsthilfefreundlichkeit.de.

Weitere Ansprechpartner*innen können die Landes- und Bundesverbände der überregionalen Selbsthilfeorganisationen sein. Zehn dieser Selbsthilfeorganisationen haben sich zusammengeschlossen im Haus der Krebs-Selbsthilfe (www.hausderkrebsselbsthilfe.de). Vor Ort kommen auch Krebsberatungsstellen als Unterstützer infrage.

Gute Nachrichten

Noch zwei gute Nachrichten als Ermutigung zur Gruppengründung: Erstens kann die Arbeit einer Selbsthilfegruppe finanziell unterstützt werden. Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, Selbsthilfegruppen zu gesundheitlichen Themen mit Zuschüssen zu fördern, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Und zweitens ist der Austausch sogar möglich, wenn es sich um eine seltene Krebsart handelt, an der nur wenige Menschen in Deutschland erkrankt sind. Die NAKOS sowie die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) helfen Menschen mit seltenen Erkrankungen bei ihrer bundesweiten Suche nach weiteren Betroffenen. Die NAKOS verzeichnet in ihrer Datenbank 900 Themen zu seltenen Erkrankungen und Problemen, darunter auch viele Krebserkrankungen.

Reisebekanntschaften

Die Moderatorin Miriam Pielhau verglich Gespräche mit anderen Krebserfahrenen mit Begegnungen mit Landsleuten auf Reisen: „Prompt entspinnt sich, wie unter deutschen Rucksacktouristen in einem fernen Land, sofort ein sehr vertrautes Gespräch“, schrieb sie in einem Buch über ihre Krebserkrankung, „in meinen Fall ist es die Krankheit, die uns alle eint.“

Ähnliches erzählen viele Selbsthilfeaktive über ihre Erfahrungen in der Gruppe. Seit den Anfängen der Selbsthilfebewegung sind in Deutschland schon hunderttausend Gründerinnen die beschriebenen Schritte, die Wege zu einem Wir gegangen. Auch viele Frauen mit Krebs, die so kürzere oder längere Bekanntschaften geschlossen haben auf ihrer schweren Reise mit der Krankheit.

Niclas Beier
NAKOS

Informationen über Selbsthilfe in Deutschland
NAKOS – Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen
Internet: www.nakos.de
Telefon: 030 31018960

Quelle: Leben? Leben! 1/2021

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