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Epilepsie

Bei Epilepsie handelt es sich um eine chronische Krankheit des Zentralnervensystems. Epilepsie ist zu unterscheiden von einzelnen epileptischen Anfällen, denn jemand, der einmal einen epileptischen Anfall erleidet, leidet noch nicht an Epilepsie.

Epilepsie
© iStock - ThitareeSarmkasat

Epilepsie

Bei Epilepsie handelt es sich um eine chronische Krankheit des Zentralnervensystems. Genau genommen handelt es sich um eine Gruppe von Erkrankungen, da es viele verschiedene Erscheinungsformen gibt, deren komplexe Klassifikation von einer Kommission der Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE) festgelegt wurde.

Epilepsie ist zu unterscheiden von einzelnen epileptischen Anfällen, denn jemand, der einmal einen epileptischen Anfall erleidet, leidet noch nicht an Epilepsie. Erst wenn mindestens zweimal spontan und ohne erkennbare Ursache ein epileptischer Anfall auftritt, spricht man von dem Krankheitsbild Epilepsie. Epileptische Anfälle, ob als einmaliges Ereignis oder innerhalb einer Epilepsie, entstehen durch Störungen im Gehirn. Diese Störungen entstehen aufgrund einer kurz andauernden vermehrten Entladung von Nervenzellen.

Die Nervenzellen im menschlichen Gehirn arbeiten bei gesunden Menschen geordnet und koordiniert. Das Hirn steuert etwa beabsichtigte Bewegungen, indem die zuständigen Nervenzellen entsprechende Signale für die Bewegung richtig dosiert an die entsprechenden Muskeln senden. Diese Abläufe sind durch ein genau abgestimmtes System koordiniert. Bei einer Epilepsie ist das System gestört. Diese Störung äußert sich darin, dass Gruppen von Nervenzellen unkoordiniert und in schneller Folge Signale an die Muskeln senden. Diese produzieren dadurch Bewegungen, die nicht sinnvoll sind und auch nicht dem Willen des Betroffenen unterliegen. Stattdessen kann es etwa zu Muskelkrämpfen kommen, die zu schnellen und wahllosen Bewegungen führen können. Es kann vorkommen, dass im Laufe eines Anfalls immer mehr Nervenzellen von der Störung betroffen sind und somit auch immer mehr Muskelgruppen reagieren, sodass sich ein epileptischer Krampf z. B. von einem Arm über das Bein bis auf die andere Körperhälfte ausdehnt.

Die Nervenzellen des Gehirns steuern nicht nur die Körperbewegungen, einige Gruppen der Zellen sind auch für das Denken und das Bewusstsein des Menschen verantwortlich. Wenn ein Epileptiker während eines Anfalls also das Bewusstsein verliert, ist das ein Zeichen dafür, dass diese Nervenzellen-Gruppen von der Störung betroffen sind.

Aufgrund der hohen Komplexität des Gehirns und der vielfältigen Aufgaben der Nervenzellen, kann ein epileptischer Anfall sich je nach betroffener Zellengruppe in heftigen Zuckungen äußern oder ganz ohne wahrnehmbare äußere Bewegungen ablaufen. Es ist auch möglich, dass ein Anfall so subtil ist, dass nicht einmal der Betroffene selbst erkennt, dass er einen epileptischen Anfall erleidet, da er sich nur einen Moment lang „komisch“ fühlt oder kurz unkonzentriert ist.

Epilepsie ist eine der häufigsten chronischen Krankheiten überhaupt und war schon in den antiken Kulturen bekannt. Die Beurteilung der Erkrankung war sehr unterschiedlich. In der griechischen Antike beispielsweise ging man von einem göttlichen Ursprung aus, während im Mittelalter eine göttliche Strafe oder dämonische Besessenheit als Ursache gesehen wurde. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte wissenschaftlich bewiesen werden, dass Epilepsie wie alle Krankheiten natürlichen Ursprungs ist.

Ursachen

Aufgrund der Vielzahl an Nervenzellen und der Komplexität und Unterschiedlichkeit der Epilepsien und epileptischen Anfälle sind auch die Ursachen dieser Erkrankung vielschichtig. Trotz aller zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden können derzeit nur bei ungefähr 50 % aller Kinder und Jugendlichen mit Epilepsie eine Ursache der Erkrankung herausgefunden werden.

Bei der anderen Hälfte kann man von zwei Ursachengruppen ausgehen. Zum einen können Epilepsien die Folge einer erworbenen oder angeborenen Hirnschädigung sein, diese Epilepsien werden symptomatisch genannt. Zum anderen kann die Bereitschaft zu epileptischen Anfällen ererbt sein, dann spricht man von idiopathischen Epilepsien. Wenn man keine dieser Ursachen als Auslöser der Epilepsie festgemacht werden kann, wird von kryptogener Epilepsie gesprochen.

Darüber hinaus spielen zusätzlich die Lebensumstände und äußere Einflüsse (wie z. B. Medikamente, Flackerlicht) eine wichtige Rolle. Die Vererbung kann auch bei den symptomatischen und kryptogenen Epilepsien zur Entstehung beitragen, wenn auch nicht als Hauptursache wie bei der idiopathischen Epilepsie.

Unterschiedliche Krampfanfälle und ihre Symptome

Die Symptome sind je nach Anfallsart unterschiedlich. Die epileptischen Anfälle sind von der International League Against Epilepsie (ILAE) definiert und in generalisierte und fokale (partielle) Krampfanfälle unterteilt.

Fokale Anfälle

Die fokalen Anfälle werden auch Herdanfälle genannt, weil bei ihnen nur eine engumschriebene Hirnregion in einer Gehirnhälfte betroffen ist. Das bedeutet, dass es im Gehirn nur einen „Krankheitsherd“ („Fokus“ = lat. „Herd“) gibt, von dem die Erkrankung ausgeht. Die fokalen Anfälle werden noch einmal unterteilt in einfach fokale Anfälle, komplex-fokale Anfälle, fokale Anfälle unbekannten Typs und komplex fokale Anfälle mit sekundärer Generalisierung.

Einfach fokale Anfälle

Von einfach fokalen Anfällen spricht man, wenn der Betroffene während des Anfalls bei Bewusstsein ist und angemessen auf seine Umgebung reagieren kann. Diese Form der fokalen Anfälle kann verschiedene Symptome auslösen, nämlich motorische, sensible, autonome und psychische.

Motorische Symptome betreffen die Bewegung. Sie äußern sich in örtlich umrissenen Muskelzuckungen z. B. im Gesicht oder in nur einer Gesichtshälfte, in einer Hand oder in einem Fuß.

Bei sensiblen Symptomen sind verschiedene Sinneseindrücke betroffen. Dabei kann es zu ungewöhnlichen Empfindungen wie Gefühlslosigkeit, Kribbeln, Brennen, Wärme oder Kälte in einem Körperteil kommen. Manche Betroffene sehen Lichter oder Farben oder nehmen Gegenstände in ihrer Umgebung als zu groß oder zu klein wahr.

Bei anderen Patienten beziehen sich die Symptome auf das Gehör, sie hören Stimmen, Musik oder andere Geräusche. Auch Geschmacks- oder Geruchsempfindungen sowie Schwindelgefühle zählen zu den sensiblen Symptomen.

Die psychischen Symptome äußern sich in sehr intensiven Erlebnisempfindungen, dazu gehören Déjà-vu-Erlebnisse, Traumzustände und Unwirklichkeitsgefühle.

Autonome Symptome betreffen die nicht bewusst steuerbaren Körperfunktionen, sie äußern sich in Form von Empfindungen, die die Betroffenen nicht exakt in Worte fassen können und stattdessen mit „komisches Gefühl“ umschreiben. Aber auch Frösteln, Herzklopfen, Druckgefühl in der Brust, Angst und innere Unruhe zählen zu den autonomen Symptomen. Diese Empfindungen werden vom Patienten selbst wahrgenommen und können von ihm auch bezeichnet werden. Man spricht hier von der so genannten Aura (griech.: „Wahrnehmung eines Lufthauchs“), eine Art Vorgefühl, das häufig Krampfanfällen mit Bewusstseinsverlust vorausgeht. Denn nicht selten gehen einfach partielle Anfälle in komplex-fokale Anfälle über.

Komplex-fokale Anfälle

Bei komplex-fokalen Anfällen kommt es zu einer Bewusstseinsstörung des Patienten. Diese Störung kann sich in Form von Erinnerungslücken, Verwirrtheitszuständen, leichter Benommenheit oder auch Bewusstlosigkeit äußern. Alle Symptome der einfach fokalen Anfälle können in Verbindung mit einer Bewusstseinsbeeinträchtigung auch bei den komplex-fokalen Anfällen auftreten.

Darüber hinaus sind für die komplex-fokalen Anfälle Automatismen, also automatisch ablaufende Bewegungen, charakteristisch. Man unterscheidet orale Automatismen (z. B. Kauen, Schmatzen, Schlucken), mimische Automatismen (z. B. Gesichtsausdruck der Angst, des Glücks), Handlungsautomatismen (z. B. Zupfen, Nesteln, Streicheln), verbale Automatismen (unverständliches Sprechen) und ambulatorische Automatismen (z. B. aufstehen und wieder hinsetzen, umhergehen). Wenn der Anfall länger andauert, können sogar kompliziertere, geordnete Handlungsabläufe (z. B. Entkleiden, auf einen Stuhl steigen) vollzogen werden.

Da bei dieser Form der epileptischen Anfälle häufig auch das Vegetative Nervensystem mitbetroffen ist, kann es zu Hautrötungen bzw. Hautblässe, Schweißausbrüchen und vermehrter Speichelbildung kommen. Das Ende von komplex partiellen Krampfanfällen ist oft nicht genau festzustellen, da sie allmählich abklingen. Meist kann sich der Betroffene hinterher nicht mehr an den einige Minuten bis eine Viertelstunde dauernden Anfall erinnern.

Fokale Anfälle unbekannten Typs

Von fokalen Anfällen unbekannten Typs spricht man dann, wenn bei einem Anfall nicht zwischen einfach und komplex-fokalem Anfall unterschieden werden kann.

Komplex-fokale Anfälle mit sekundärer Generalisierung

Komplex-fokale Anfälle mit sekundärer Generalisierung sind komplex-fokale Anfälle, die sich zu generalisierten Anfällen ausweiten.

Generalisierte Anfälle

Generalisierte Anfälle entstehen aus fokalen Anfällen heraus. Hierbei sind beide Hirnhälften von der Erkrankung betroffen. Bei diesen epileptischen Anfällen kann es zu Begleiterscheinungen wie Pupillenstarre, Atemstillstand, Herzrasen, Blutdruckanstieg und anderen Symptomen kommen, die auf ein Betroffensein des vegetativen Nervensystems hindeuten (s.o.). Generalisierte Anfälle werden unterteilt in tonisch-klonische Anfälle, Absencen, myoklonische Anfälle und atonische Anfälle.

Tonisch-klonische Anfälle

Die tonisch-klonischen Anfälle gehören zum Typ der konvulsiven Anfälle. Tonisch-klonische Anfälle werden auch als „Grand-mal-Anfälle“ bezeichnet, sie sind die typischen „großen“ Anfälle. Diese Anfälle laufen meistens in mehreren Stadien ab. Manchmal werden sie durch ein unbestimmtes Vorgefühl (Aura) angekündigt, doch meist verlieren die Betroffenen das Bewusstsein ohne Vorwarnung. Zur Bewusstlosigkeit kommt ein tonischer Krampf. Das bedeutet, dass sich die Betroffenen am ganzen Körper plötzlich versteifen.

Häufig beginnt der Krampf zusätzlich zu der Bewusstlosigkeit mit einem Schrei oder einem Stöhnen. Zu Beginn der Anfälle kann es auch zu Atemstillstand kommen. Abgesonderter Speichel ist ebenfalls nicht selten, er kann blutig verfärbt sein, wenn der Patient sich aufgrund des Krampfanfalls auf die Zunge gebissen hat.

Da die Anfälle meist völlig unvorhergesehen auftreten, besteht eine hohe Sturzgefahr für die Betroffenen. Bei diesen Stürzen kann es zu Verletzungen in Gesicht, an Armen und Schultern kommen, da der Patient sich nicht abfangen kann. Der tonische Krampf kann außerdem mit versteinertem Gesicht und verdrehten Augen einhergehen. Er dauert circa 10 bis 30 Sekunden.

Der tonische Krampf geht dann schnell in ein klonisches Stadium über. Dieses kann 40 bis 60 Sekunden andauern. Dabei treten rhythmische Zuckungen großer Muskelgruppen auf, die sich besonders an Armen, Beinen und Kopf zeigen. Aus den symmetrischen Muskelzuckungen resultieren unkoordinierte Bewegungen des gesamten Körpers. Tonische Krampfanfälle können auch alleine auftreten, meist aus dem Schlaf heraus.

Tonisch-klonische Anfälle enden mit einer allgemeinen Muskelerschlaffung. Doch auch in dieser Phase können noch vereinzelt Zuckungen von Muskeln auftreten. In der Regel sind Epileptiker nach einem tonisch-klonischen Anfall etwa zwei Minuten nicht ansprechbar und danach sehr müde oder die Bewusstlosigkeit geht fließend in einen tiefen Schlaf über. Dieser Schlaf kann zwischen ein paar Minuten und mehreren Stunden andauern. Die Betroffenen können sich höchstens an ihre unbestimmten Vorgefühle (wenn sie denn aufgetreten sind), nicht jedoch an den Anfall selbst erinnern.

Atonische Anfälle

Auch die atonischen Anfälle gehören zur Gruppe der konvulsiven Anfälle. Im Gegensatz zu den tonischen Anfällen kommt es nicht zu einer Versteifung der Muskulatur, sondern zu einem plötzlichen Nachlassen der Muskelspannung. Bei atonischen Anfällen verlieren die Betroffenen das Bewusstsein. Da diese Anfälle meist symmetrisch ausgeprägt sind, also z. B. beide Beine betroffen sind, bergen sie eine gewisse Sturzgefahr. Die Schwere der Anfälle ist allerdings sehr unterschiedlich. Die Symptome reichen von Kopfnicken und Absinken von Gliedmaßen über Einknicken der Beine bis zum In-sich-zusammensacken und Zu-Boden-fallen.

Absencen

Absencen sind nicht konvulsive Anfälle, die auch „Petit-mal“ genannt werden. Sie sind die mildeste Form der generalisierten Anfälle und durch das Symptom einer kurzen Bewusstseinsstörung gekennzeichnet. Das heißt, dass bei dem Betroffenen eine Bewusstseinspause auftritt, die bis zu 30 Sekunden anhalten kann. Als Symptome können starrer Blick, erschlaffte Gesichtsmuskeln, ein dadurch abwesend oder schläfrig erscheinender Gesichtsausdruck auftreten sowie plötzlich unterbrochene Tätigkeiten, die in der Regel nach dem Anfall wieder aufgenommen werden. Bei einigen Epileptikern kann es aber auch vorkommen, dass die Tätigkeit während des Anfalls quasi automatisch weitergeführt wird.

Während des Anfalls reagieren Betroffene für gewöhnlich nicht auf Ansprache. Sie haben in der Regel keine Erinnerung an den Anfall, bemerken aber häufig, dass sie z. B. den roten Faden des gerade Geschriebenen verloren haben. Die Symptome von Absencen können zusätzlich auch klonische, atonische oder tonische Merkmale aufweisen. Absencen treten häufig im Schulalter auf.

Myoklonische Anfälle

Unter myoklonischen Anfällen versteht man epileptische generalisierte Anfälle, die durch einzelne oder unregelmäßig sich wiederholende Zuckungen einzelner Muskelgruppen gekennzeichnet sind. Meist verlaufen diese Muskelzuckungen (Myoklonien) symmetrisch und betreffen vorwiegend den Gesichtsbereich, die Schultern und Arme. Während der Anfälle fallen zuvor festgehaltene Gegenstände zu Boden oder werden weggeschleudert. Es kann vorkommen, dass auch die Beine von einem myoklonischen Anfall betroffen sind, dann knicken die Beine ein und es kann zu Stürzen kommen.

Das Bewusstsein der Betroffenen ist während eines solchen Anfalls nicht beeinträchtigt. Myoklonische Anfälle können einzeln oder als mehrere schnell hintereinander auftretende Anfälle auftreten, besonders in der Zeit nach dem Aufwachen. Durch Schlafentzug und vorzeitiges Wecken kann die Wahrscheinlichkeit eines myoklonischen Anfalls erhöht werden.

Diagnose

Für die Diagnostik steht zunächst eine Erhebung der Krankengeschichte, die Anamnese, an erster Stelle. Ein besonderes Augenmerk liegt hier auf Vorerkrankungen, die eventuell Hirnschädigungen zur Folge hatten, die nun die Epilepsie verursachen. Wichtig ist auch die Beschreibung der Anfälle. Wenn das dem Betroffenen selbst nicht möglich ist, sollte jemand, der einen Anfall beobachtet hat, diesen beschreiben. Je detaillierter die Beschreibung ausfällt, desto leichter fällt es dem behandelnden Arzt, auf dieser Grundlage eine erste Diagnose zu stellen. Daneben ist natürlich eine körperliche Untersuchung wichtig, besonders des Nervensystems. Blutuntersuchung und bildgebende Untersuchungsverfahren, insbesondere das Elektroenzephalogramm (EEG), sind ebenfalls wichtige Elemente der Diagnose.

Bei einem EEG wird der Verlauf der elektrischen Aktivitäten der Nervenzellen im Gehirn aufgezeichnet, die zu diagnostischen Zwecken auch grafisch dargestellt werden können. Für die Erstdiagnostik ist dieses Verfahren hilfreich, um die Bereitschaft für epileptische Anfälle festzustellen. Außerdem können die Anfälle eingeordnet und bei fokalen Anfällen der Krankheitsherd im Gehirn lokalisiert werden. Hirnschädigungen können mithilfe bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanztomografie (MRT) entdeckt werden. Diese Methode kann exakt die epilepsieauslösenden Bereiche des Hirns aufzeigen.

Durch eine sorgfältige Diagnose kann geklärt werden, ob es sich bei der Erkrankung des Patienten um einzelne epileptische Anfälle, eine Epilepsie oder eine andere Krankheit handelt, deren Symptome sich mit denen einer Epilepsie überschneiden. So können beispielsweise Psychosen/Depressionen ähnliche Merkmale aufweisen, müssen jedoch ganz anders behandelt werden.

Therapie

Bei der Therapie ist zwischen der Behandlung eines akuten epileptischen Anfalls und der Langzeittherapie einer Epilepsie zu unterscheiden.

Behandlung akuter Anfälle

Bei den meisten akuten Anfälle ist es nicht nötig, dass Außenstehende eingreifen, da die Anfälle nach wenigen Minuten von allein enden. Es ist sogar möglich, dass es von dem Betroffenen als unangenehm empfunden wird, wenn jemand nur wegen eines „einfachen“ Anfalls den Notarzt verständigt. Hilfsmaßnahmen sollten dann ergriffen werden, wenn Verletzungsgefahr besteht. Dann sollten Gegenstände in der unmittelbaren Umgebung entfernt und der Betroffene, wenn möglich, abgepolstert werden. Auf keinen Fall sollte man versuchen, den Betroffenen festzuhalten oder einen Mundkeil zu verwenden. Unter Umständen kann ein akuter epileptischer Anfall durch bestimmte Antikonvulsiva unterbrochen werden. Diese Antikonvulsiva stammen aus der Gruppe der Benzodiapine und sind für eine Dauerbehandlung nicht geeignet, weil sie zu psychischer Abhängigkeit führen können.

Bleibt es nicht bei einem einzelnen Anfall, sondern folgen dem ersten weitere, sodass die Anfälle in kurzer Zeit gehäuft auftreten, spricht man vom Status epilepticus. In dieser Notfallsituation sollte umgehend ärztliche Hilfe angefordert werden.

Langzeittherapie

Mit der Langzeittherapie sollen epileptische Anfälle dauerhaft verhindert werden, sodass der Betroffene irgendwann anfallsfrei ist und zwar möglichst ohne unerwünschte Nebenwirkungen. Bei Kindern sollte darüber hinaus eine unbeeinträchtigte Entwicklung trotz der Therapie gewährleistet sein.

In den meisten Fällen können die Anfälle mithilfe einer medikamentösen Monotherapie kontrolliert werden, das heißt es wird nur ein Medikament verabreicht. Schlägt die Monotherapie nicht an, wird von pharmakoresistenter Epilepsie gesprochen. Bei Patienten, denen die Monotherapie nicht hilft, kann die Einnahme weiterer Antiepileptika helfen. Diese Zusatztherapie führt wenn nicht zu einer dauerhaften Anfallsfreiheit, so doch zu einer Reduzierung der Anfallshäufigkeit und einer Veringerung der Anfallsschwere.

Ist der Patient mit einer medikamentösen Behandlung mindestens zwei Jahre anfallsfrei, kann über eine allmähliche Absetzung der Medikamente nachgedacht werden. Dabei müssen die Risiken erneuter Anfälle und ihre möglichen Auswirkungen gut gegen die wahrgenommene Beeinträchtigung durch die Medikamente abgewogen werden. Gute Chancen einer dauerhaften Anfallsfreiheit nach Beendigung der Therapie bestehen, wenn der Patient während der Therapie zwei bis fünf Jahre anfallsfrei war, er unter nur einem Anfallstyp litt, eine normale Intelligenz und ein normaler neurologischer Befund besteht sowie ein EEG, das sich während der Therapie normalisiert hat.

Epilepsiechirurgie

Ist trotz individuell optimaler Wahl und Dosierung der Antiepileptika eine zufriedenstellende Anfallskontrolle nicht möglich, kann bei fokalen Anfällen auch ein chirurischer Eingriff vorgenommen werden. Dies setzt eine Pharmakoresistenz des Patienten voraus. Diese zu bestimmten ist allerdings schwierig. Für die Epilepsiechirurgie ist eine gewissenhafte Untersuchung im Vorfeld nötig, die prächirurgische Diagnostik, vorzugsweise in spezialisierten Zentren. Dabei wird der Epilepsie auslösende Krankheitsherd im Gehirn exakt lokalisiert. Sehr wichtig ist auch die Abschätzung der Auswirkungen, die entstehen, wenn dieses Hirnareal operativ entfernt wird. Verläuft die Operation erfolgreich, wird in bis zu 80 % der Fälle eine Anfallsfreiheit oder eine Reduzierung der Anfallsschwere und/oder Anfallshäufigkeit erzielt.

Ketogene Diät

Die ketogene Diät gehört zu den alternativen Verfahren. Ihre Wirksamkeit im Kindesalter wurde in Studien belegt. Unter ketogener Diät ist eine spezielle Ernährungsweise zu verstehen, bei der Nahrung mit einen sehr hohen Fettanteil, jedoch nur geringen Anteilen von Kohlenhydraten und Eiweiß aufgenommen wird. Dadurch kommt es zu einer Stoffwechsellage mit überwiegender Fettverbrennung und der Bildung von Ketonkörpern (Ketose). Der genaue Wirkmechanismus der ketogenen Diät ist bis heute nicht geklärt.

Normalerweise wird die Diät zwei Jahre lang durchgeführt. Dabei kann es anfangs zu Nebenwirkungen wie Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung sowie Diätverweigerung kommen. Durch die Diät ist außerdem das Risiko für die Entstehung von Nierensteinen erhöht und oft erhöhen sich die Blutfettwerte massiv. Mögliche langfristige Auswirkungen auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind aufgrund fehlender Daten nicht abzuschätzen. Bei einem Teil der Betroffenen hält der während der Diät erzielte Effekt über die Beendigung hinaus an.

Epilepsie im Alltag

Neben der medizinischen Behandlung gibt es noch einige Tipps, mit denen die Wahrscheinlichkeit eines epileptischen Anfalls verringert werden kann. Eine geregelte Lebensführung steht dabei an erster Stelle. Insbesondere geregelte Schlafgewohnheiten sind von großer Bedeutung. Ein regelmäßiger Tagesablauf allein führt schon zu einer Senkung der Anzahl der Anfälle, wohingegen starke Reize wie ausgeprägter Stress, starke Stimmungsschwankungen, rascher Klimawechsel, Flackerlicht in Diskotheken oder auch langes Fernsehen Anfälle auslösen können.

Auch größere Mengen Alkohol können epileptische Anfälle auslösen und zu Wechselwirkungen mit eingenommenen Antiepileptika oder anderen Medikamenten führen. Gelegentlich ein Glas Wein oder Bier ist allerdings dennoch möglich. Rauchen löst zwar keinen Anfall aus, kann aber die allgemeine Gesundheit beeinträchtigen und dadurch ebenfalls negativ auf die Epilepsie wirken. Bei sehr starkem Rauchen kann es auch zu Wechselwirkungen zwischen Nikotin und den eingenommenen Medikamenten kommen.

Betroffene sollten außerdem darauf achten, eine leicht verdauliche, vitaminreiche Mischkost zu sich zu nehmen, starke Gewichtsschwankungen und Übergewicht zu vermeiden, da das die Wirkung der Antiepileptika beeinträchtigen kann. Wichtig ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr von etwa zwei Litern am Tag, denn Durst kann einen epileptischen Anfall auslösen.

Kaugummi und weiche Federkopfkissen können bei einem Anfall zu Atemnot oder sogar zu Ersticken führen. Daher sind für Epileptiker härtere Kissen z. B. mit Rosshaar- oder Kunststofffüllung besser geeignet. So wie weiche Kissen wegen der Erstickungsgefahr zu vermeiden sind, sollte auch auf Baden ohne Aufsicht verzichtet werden, da es sonst in der Badewanne zum Ertriken kommen kann. Aus dem gleichen Grund sollten auch keine Wassersportarten ausgeübt werden.

Auch von Leistungssport ist abzuraten. Allgemein haben sportliche Aktivitäten wie z. B. Mannschaftssportarten oder Leichtathletik (kein Stabhochsprung) jedoch viele Vorteile. Jede Sportart birgt allerdings gewisse Risiken, deshalb sollten vor der Ausübung individuell mit dem behandelnden Arzt das Für und Wider abgesprochen werden.

Prinzipiell sollten auch die Mannschaftskollegen und Trainer über die Krankheit informiert werden. Durch den Sport erhöhen sich die körperliche Kraft, Widerstandsfähigkeit und Ausdauer, die Bewegungsabläufe werden harmonisiert, das Reaktionsvermögen verbessert und die soziale Integration gefördert. Besonders der letzte Aspekt ist nicht zu unterschätzen, da Epilepsie die Betroffenen in einigen Lebensbereichen ziemlich einschränken kann und im Gegensatz zu vielen anderen Krankheiten immer noch häufig mit einem Stigma besetzt ist, das die Betroffenen sehr belasten kann.

So können sich durch die Krankheit nicht nur bei der Berufswahl Einschränkungen ergeben (laut den Unfallverhütungsvorschriften gibt es einige Berufe, die nicht-anfallsfreie Epileptiker nicht ausüben dürfen), auch bei der Arbeitssuche kann sie von Nachteil sein. Epileptiker, die nicht anfallsfrei sind, sind verpflichtet einen potentiellen Arbeitgeber über die Krankheit zu informieren und oft haben Arbeitgeber Bedenken, einen Epileptiker einzustellen. In einer solchen Situation kann es hilfreich sein, den behandelnden Arzt hinzuzuziehen. Dieser kann dann über die Art und Schwere der Epilepsie informieren und Tipps für den Umgang im Berufsalltag geben. Bei der Berufswahl gilt generell, dass die Eignung für den gewünschten Beruf individuell zu prüfen ist.

Myriam Spätling

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