Neurodermitis ist eine chronische, nicht ansteckende Hauterkrankung, die von einem starken Juckreiz und trockener Haut gekennzeichnet ist. Auf der Haut entstehen rote, entzündliche, schuppende Ekzeme, die gelegentlich auch nässen.
Currywurst mit Pommes, Ravioli aus der Dose oder Pizza aus dem Tiefkühlfach sollten nicht jeden Tag auf dem Speiseplan stehen. Das ist kein Geheimnis. Eine gesunde Ernährung hält körperlich fit, beugt Volkskrankheiten wie Diabetes vor und verhindert Übergewicht. Doch welche Ernährung ist für Patienten mit Hauterkrankungen sinnvoll, welche Nahrungsmittel sollten sie meiden? Prof. Dr. Dr. Torsten Zuberbier, Vorsitzender der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF), steht im Interview Rede und Antwort.
Die Ernährung ist ein wichtiger Faktor, der sowohl unsere seelische als auch unsere körperliche Gesundheit wesentlich beeinflusst. Durch die richtige Auswahl an Nahrungsmitteln, also eine gemüsebetonte Mischkost mit möglichst wenig Fertigprodukten und vielen frischen Produkten, kann vielen Volkskrankheiten wie Diabetes, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorgebeugt werden.
Der starke Konsum von fett- und zuckerhaltigen Fertigprodukten und häufiges Essen von Fast Food können für die Haut nachteilig sein. Es kann vermehrt zur Bildung von Akneläsionen kommen. Wie stark die Auswirkungen sind, ist individuell verschieden.
Bei der Hauterkrankung Morbus Duhring, bei der es zu einer stark juckenden Bläschenbildung bestimmter Hautareale kommen kann, spielt die Ernährung eine große Rolle. Hier ist der Verzicht auf glutenhaltige Nahrungsmittel, wie Weizen, Roggen und Gerste, eine der wichtigsten Therapiemaßnahmen. Bei der Schuppenflechte gibt es Hinweise, dass eine sog. „anti-entzündliche Ernährung“ zu einer deutlichen Verbesserung des Krankheitsbildes führen kann und daher empfehlenswert ist. Das bedeutet: Reduzierung des Fleischkonsums, während gleichzeitig die Einnahme von wichtigen Omega-3-Fettsäuren durch den Verzehr von Seefischen, hochwertigen Pflanzenölen und Nüssen sichergestellt wird. Eine eher pflanzenbetonte Ernährung mit reichlich Vollkornprodukten ist empfehlenswert. Auch dem mit der Schuppenflechte häufig einhergehenden Übergewicht sollte entgegengewirkt werden.
Wenn man den Verdacht hat, dass bestimmte Nahrungsmittel einen Einfluss auf Hauterscheinungen haben, sollten die Betroffenen diese mit ihrem Hautarzt besprechen. Ein Ernährungs- und Symptomprotokoll kann helfen, Zusammenhänge zu erkennen oder auszuschließen. Von Diäten in Eigenregie, ohne Absprache mit dem behandelnden Arzt, rate ich ab. Eine individuelle Ernährungsberatung kann sinnvoll sein, um etwa ein Ernährungs- und Symptomtagebuch gemeinsam auszuwerten und, falls notwendig, auf bestimmte Nahrungsmittelgruppen therapeutisch und ärztlich begleitet zu verzichten.
Nahrungsmittelunverträglichkeiten und -allergien zeichnen sich durch ihre hohe Individualität aus. Nahrungsmittelallergien sind äußerst vielfältig und bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten kommt es bei Symptomen häufig auf die verzehrte Menge an. Daher sind ganz allgemein geltende Ernährungseinschränkungen nicht sinnvoll. Umso wichtiger sind individuelle Ernährungsempfehlungen bei Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten. Auch deshalb ist es entscheidend, dass sich Betroffene in ärztliche und ernährungstherapeutische Behandlung begeben. So kann die Lebensqualität mit möglichst wenigen, dafür sinnvollen Einschränkungen bei der Ernährung am besten aufrechterhalten werden.
Allgemeingültige Ernährungsempfehlungen für Kinder mit Neurodermitis gibt es derzeit nicht. Aber bei 30 % der unter Neurodermitis leidenden Kinder liegt auch eine Nahrungsmittelallergie vor. Hierbei handelt es sich in den meisten Fällen um Allergien gegen Hühnerei, Kuhmilch oder Erdnüsse. Eine Auslassdiät für einen bestimmten Zeitraum ist hier empfehlenswert, jedoch nur nach eindeutiger ärztlicher Diagnose. Diese Allergien werden in regelmäßigen Abständen vom Arzt überprüft. Die Hühnerei- und die Kuhmilchallergie verliert sich häufig im Schulkindalter.
Im Erwachsenenalter sind die Einflussfaktoren auf die Neurodermitis sehr vielfältig. Auch Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten können eine Rolle spielen, jedoch nicht in dem Maße wie im Kindesalter. Auch hier gilt es, bei jedem Einzelnen mögliche individuelle Auslöser herauszufinden oder einen Zusammenhang mit einer bestimmten Ernährung auszuschließen. Im Erwachsenenalter sind Allergien auf Kuhmilch oder Hühnerei kaum oder nicht relevant. Stattdessen nehmen sog. pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien zu, das sind Allergien etwa auf rohes Kern- und Steinobst, Haselnüsse oder rohe Karotten.
Eine Neurodermitis-Diät ist nach derzeitigem Kenntnisstand der Wissenschaft nicht sinnvoll. Es gibt keine Studien, die belegen, dass sich eine bestimmte Ernährungsform positiv auf die bestehende Neurodermitis auswirkt. Jede Erkrankung, so auch jede Hauterkrankung, muss individuell betrachtet werden.
Auch wenn bei bestehendem Morbus Duhring eine glutenfreie Diät wichtig ist und bei bestehender Schuppenflechte eine möglichst gesunde Fettauswahl mit viel Omega-3-Fettsäuren und weniger Omega-6-Fettsäuren empfehlenswert ist, können bei Hauterkrankungen keine allgemeingültigen Diäten ausgesprochen werden. Hilfreich sind immer eine gesunde Lebensweise, körperliche Aktivität, ein guter Sonnenschutz und eine ausgewogene Ernährung.
Ratsam ist eine Orientierung an mediterraner Kost mit viel Gemüse, wertvollen Pflanzenölen und wenig Fleisch. Auch die Kohlenhydrate sollte man im Blick behalten und Produkte mit hohem Ballaststoffanteil oder aus Vollkorn wählen. Zucker sollten nur wenig gegessen werden, ebenso zuckerhaltige Produkte. Bei Lebensmitteln, die tierische Eiweiße enthalten wie Joghurt, Quark oder Milch sollten man zu fettarmen Varianten greifen. Wichtig ist auch der Verzehr von pflanzlichen Eiweißquellen wie Hülsenfrüchten und Nüssen. Einmal wöchentlich sind zudem fettreiche Fische gute Nährstofflieferanten. Grundsätzlich gilt: Bei Fetten sollten die pflanzlichen Fette den Vorzug bekommen. Außerdem ist es wichtig viel Wasser und ungesüßten Tee zu trinken.
Quelle: Patient und Haut 1/2017