Nebenwirkungen und möglicherweise Spätfolgen von Erkrankung und Behandlung können die Lebensqualität und das Wohlbefinden beeinträchtigen, vorerst begleitet die Frauen auch häufig die Angst vor einem Rezidiv.
Für viele ist das dann ein Grund, auf Abstand zu gehen, auch aus Angst, etwas Falsches zu sagen oder einfach, weil sie nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen. Die Betroffenen sind dann verständlicherweise sehr enttäuscht, dass sich keiner kümmert, geschweige denn anruft. Es ist also schon so, dass man durch eine schwere Krankheit im Verlauf aller Therapien seine „wahren“ Freunde erkennen kann. Das sind die, die den Mut haben, auch für sich selbst unangenehme Dinge anzusprechen – und nicht den Kopf in den Sand stecken.
Besonders schlimm ist es für die Betroffenen, wenn der eigene Partner sich der Kommunikation entzieht, nicht darüber reden will und sich stattdessen immer wieder mit Unwichtigem ablenkt oder in die Arbeit stürzt. Man kann sich dann ziemlich alleingelassen fühlen und traut sich vielleicht nicht, mal ein ernsthaftes Gespräch mit dem Partner zu führen, sondern schweigt, fragt nicht nach und macht so weiter als wäre alles ganz normal.
Dabei ist es ein so wichtiger, mitunter traumatischer Einschnitt im Leben, auf den man in irgendeiner Form reagieren muss. Nur durch Verdrängung kommt man ganz sicher nicht weiter. Das Problem ist ja nicht einfach verschwunden, sondern rumort irgendwo im Unbewussten. Früher oder später melden sich die unterdrückten verdrängten Gefühle dann oft auf unterschiedliche, meist unangenehme Art und Weise in Form psychischer oder noch weiterer physischer Krankheiten, und das sind keine Einzelfälle. Zumindest ist das mein Eindruck.
Dass so eine Krise eine große Chance sein kann, wird man dann durch die mangelnde Kommunikation nie erleben und beraubt sich damit um neue, ganz wichtige Erfahrungen, an denen man wachsen und an Resilienz gewinnen kann. Das ist dann wiederum eine gesunde Basis für die Bewältigung anderer Probleme.
In den Familien ist es häufig so, dass jeder jeden schonen möchte und nicht über seine Ängste und Gefühle spricht. Das ist verständlich und natürlich gut gemeint, aber für jeden Einzelnen oft sehr belastend. Leider gibt es auch kein Patentrezept, mit dem alles so klappt, wie man es gern hätte und das für jeden stimmig ist. Jeder muss für sich herausfinden, was ihm guttut, was aber keineswegs einfach ist, wenn Krebserkrankungen oder der Tod immer noch tabuisiert werden. „Bloß nicht daran rühren, dann passiert schon nichts“ ist hier wirklich absolut fehl am Platz, so meine Erfahrung.
Es gibt aber natürlich auch Frauen, die kaum darüber reden, auch nicht vor Freunden und Bekannten, und denen es damit wirklich besser geht als ständig über das eine Thema zu sprechen. Auch frühzeitig wieder in die Berufstätigkeit zurückzufinden und damit ein Stück Normalität im Alltag zu erlangen, kann helfen.
Hierzu noch einige unterschiedliche Aussagen und Gedanken von Brustkrebspatientinnen in der akuten Phase:
Es zeigt sich also, dass Kommunikation insgesamt ein sehr komplexes Gebiet ist, und man nie 100%ig sicher sein kann, dass genau das, was ich sagen möchte, auch genauso beim Gegenüber ankommt. Missverständnisse sind da ganz normal. Auch muss klar sein, dass meine eigene Sichtweise oder auch meine eigenen Überzeugungen weder die Wahrheit noch die Realität abbilden. Jeder Mensch hat seine individuellen Erfahrungen gemacht und aufgrund dessen sein ganz persönliches Bild von der Welt, insofern gibt es kein richtig oder falsch, sondern nur ein eingefärbtes Bild der jeweiligen Persönlichkeit. Das sollte man immer im Kopf behalten.
Was vielleicht am ehesten helfen könnte ist, wenn die Betroffene ganz klar kommuniziert, wie SIE sich den Umgang mit dem Partner, der Familie, Freunden und Arbeitskollegen in dieser schweren Zeit vorstellt und ebenso darüber spricht, was ihr nicht hilfreich erscheint, also die eigenen Wünsche und Erwartungen ganz deutlich macht.
Unausgesprochene Erwartungen kann keiner erfüllen und auch Gedankenlesen ist schlichtweg unmöglich! Die Betroffene sollte sich klar äußern und braucht, um sich ganz klar zu positionieren, ein starkes Gegenüber, das sich dadurch nicht kritisiert fühlt, sondern froh ist, zusammen und mit Mut mit der Patientin zu einer bereichernden Kommunikation zu kommen, die für alle Seiten hilfreich ist und zudem den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen kann.
AMOR statt Tumor e. V.
Nicola Nordenbruch
Elbchaussee 442
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Tel.: 040 81957427
Quelle: Leben? Leben! 4/2020