Es handelt sich beim Hörsturz um eine plötzliche, innerhalb von Sekunden auftretende Schallempfindungsschwerhörigkeit, eine Funktionsstörung des Innenohrs ohne erkennbare Ursache.
Ein Hörsturz ist nach der Leitlinie Hörsturz kein medizinischer Notfall. Vielmehr stellt er einen Eilfall dar, bei dem in Bezug auf den Behandlungsbeginn und die Art der Therapie das Ausmaß der Schwerhörigkeit, etwaige Vorschäden und der subjektive Leidensdruck berücksichtigt werden müssen.
Plötzlich hört der Betroffene auf einem Ohr schlechter. Mit Ohrensausen (medizinische Fachsprache: akuter Tinnitus) unterschiedlichen Ausmaßes, einseitigem Druckgefühl im betroffenen Ohr und einem Gefühl, als ob „Watte im Ohr“ wäre, kündigt sich der Hörsturz oder auch Ohrinfarkt meistens an. Es handelt sich beim Hörsturz um eine plötzliche, innerhalb von Sekunden auftretende Schallempfindungsschwerhörigkeit, eine Funktionsstörung des Innenohrs ohne erkennbare Ursache.
Nach der Leitlinie Hörsturz liegt die Häufigkeit von Neuerkrankungen in Deutschland bei etwa 160-400 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Frauen und Männer sind gleichermaßen von der Erkrankung betroffen. Das häufigste Erkrankungsalter bei einem Hörsturz liegt zwischen 50 und 60 Jahren. Die Tendenz ist jedoch fallend, d. h., es gibt vermehrt auch jüngere Betroffene mit einem Hörsturz. Im Kindesalter ist der Hörsturz eher eine Seltenheit.
Beeinträchtigende Ohrgeräusche in den letzten sieben Tagen, beginnend vor mehr als drei Monaten, gaben in einem telefonischen Gesundheitssurvey 2003 nach dem Robert Koch-Institut (RKI) 15% der befragten deutschen Männer und 13,8% der Frauen mit 65 Jahren und älter an. Noch 10,4% der befragten Männer und 8,4% der Frauen im Alter zwischen 40 und 64 Jahren gaben an, seit mehr als drei Monaten unter beeinträchtigenden Ohrgeräuschen zu leiden.
Erste Vorboten eines Hörsturzes können ein einseitiges Druckgefühl im betroffenen Ohr und ein meist hochfrequentes Ohrgeräusch auf dieser Seite sein. Schwindel tritt selten gleichzeitig mit einem Hörsturz auf. Neurologische Beschwerden – zu ihnen zählen beispielsweise Seh- und Sprachstörungen – sind so gut wie nie in Kombination mit einem Hörsturz zu beobachten.
Ein Hörsturz ist plötzlicher Natur, er ereignet sich meist bei anscheinender Gesundheit und nur auf einem Ohr. Nur ausnahmsweise tritt ein Hörsturz synchron auf beiden Ohren auf.
Die Patienten mit einem Hörsturz klagen über einen Hörverlust, dessen Schweregrad variieren kann: Er kann einzelne oder mehrere Frequenzbereiche betreffen und von leichter Beeinträchtigung bis zu vollständiger Ertaubung reichen.
Die Betroffenen eines Hörsturzes berichten von einem dumpfen Gefühl in einem Ohr, das sich „wie Watte anfühlt“. Häufig sind bei einem Hörsturz hochfrequente Ohrgeräusche (der Arzt spricht von Tinnitus) zu verzeichnen. Um die Ohrmuschel herum findet sich bei einem Hörsturz oft ein pelziges Gefühl (medizinisch: periaurale Dysästhesie). Auch Schwindel sowie Benommenheit können bei einem Hörsturz auftreten. Das Hören kann auch verzerrt sein.
Begleitend treten mit einer Schwerhörigkeit nicht nur kommunikative Probleme infolge eines Hörsturzes auf. Die verarbeitende Wahrnehmung kann infolge eines Hörsturzes mehr oder minder stark beeinträchtigt sein und sogar bis zu Funktionsstörungen in der Wahrnehmung reichen.
Folgen dieser Mechanismen, die eine Schwerhörigkeit infolge eines Hörsturzes begleiten können, sind:
Einschränkungen des privaten und beruflichen Bereiches mit erheblichen Einbußen an Lebensqualität sind die Folge. Diese und ähnliche Konsequenzen sind nach dem Robert Koch-Institut auch bei Ohrgeräuschen (Tinnitus) festzustellen. Im Vergleich zur Schwerhörigkeit treten beim Tinnitus jedoch häufiger zusätzliche psychosomatische Störungen auf.
Man kann die Schwerhörigkeit, die beim Hörsturz in plötzlicher und unerwarteter Weise auftritt und von geringgradig bis zur kompletten Taubheit reichen kann, folgendermaßen unterteilen: So gibt es eine Hochton-Innenohrschwerhörigkeit (Hochton-IOS), eine Mittelton-IOS, die seltene Tiefton-IOS, eine IOS aller Tonlagen und schließlich die vollständige Ertaubung.
Die ständigen Ohrgeräusche, die den Menschen den Zustand der Stille nehmen, können zu Depressionen bei den Betroffenen führen. Ohrgeräusche treten dem Deutschen Ärzteblatt zufolge neben dem plötzlichen einseitigen Hörverlust in etwa 85% der Fälle mit einem Hörsturz auf.
Nach einer kurzen oder längerfristigen Schädigung leiten die kleinen Sinneshärchen im Innenohr falsche Signale an den Hörnerven und das Gehirn weiter, die vom Betroffenen als schrille, pfeifende oder plätschernde Geräusche wahrgenommen werden.
Ein Hörsturz ist nicht der einzige Auslöser für Tinnitus (Ohrgeräusche). Sowohl Mittel- als auch Innenohr können Ausgangspunkt der Beschwerden sein – beim Hörsturz ist es das Innenohr. Oft ist jedoch eine Schädigung des Innenohrs durch Lärmbelästigung für die Ohrgeräusche verantwortlich. Jedoch kann bei chronischer oder akuter Durchblutungsstörung – wie beim Hörsturz – oder bei plötzlichen Schwindelattacken, die sich beim Morbus Menière finden – hier liegen Drehschwindel mit Übelkeit und Erbrechen, Innenohrschwerhörigkeit und subjektive Ohrgeräusche vor – Tinnitus auftreten.
Beim Hörsturz handelt es sich um eine Zivilisationskrankheit, von der zunehmend auch jüngere Menschen betroffen sind. Als besonders gefährdet für einen Hörsturz gelten zum einen alle Menschen, die Risikofaktoren für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt haben. Dazu gehören Übergewicht, zu hoher Blutdruck, Diabetes oder eine Fettstoffwechselstörung – der Cholesteringehalt des Blutes spielt eine wichtige Rolle – und Rauchen.
Zudem haben Menschen, die vermehrt Stress ausgesetzt sind, die oft überfordert werden oder die selbst zuviel auf sich nehmen, ein erhöhtes Risiko für einen Hörsturz. Eine vermehrte Adrenalinausschüttung bei emotionalen Aufregungen und Überforderungen, auch beruflicher Art, führt zu einer Verengung der Blutgefäße.
Charakteristikum dieser Risikogruppe ist oft auch eine bestimmte Persönlichkeitsstruktur, die durch erhöhtes Pflichtbewusstsein, Zuverlässigkeit, absolute Genauigkeit, Ehrgeiz und eventuell mangelndes Selbstbewusstsein gekennzeichnet ist. Diese Menschen sind oft und leicht überfordert. Vielfältige Untersuchungen einiger Wissenschaftler konnten jedoch bisher keinen Beweis für z.B. einen Stress – Hörsturz erbringen.
Bis heute sind die genauen Ursachen für einen Hörsturz noch unaufgeklärt. Eine Erklärung hierfür könnte die unzugängliche Stelle des Innenohrs hinter dem Schädelknochen sein, die sich schwer mit bildgebenden Verfahren darstellen lässt.
Da das Gehör in der heutigen Zeit verschiedensten Reizen, Geräuschen und Lärm ausgesetzt ist, ist es wichtig, Strategien zu entwickeln, sich vor dauerhaften Belästigungen und Irritationen zu schützen. Das vegetative Nervensystem, das sich unserem Willen und Einfluss entzieht, sozusagen autonom ist, ist empfänglich für innere Spannungen und Störungen und kann so in seiner Funktion beeinflusst werden.
Maßnahmen zur Hörhygiene und zur Vorbeugung von Hörsturz und Tinnitus sind beispielsweise: Extremlautstärken – wie bei Konzerten, in der Disko etc. – gilt es, so gut es geht zu meiden oder sich durch Lärmschutzkopfhörer z. B. bei beruflicher Belastung mit Lärm zu schützen, leise und entspannende Töne zu bevorzugen, Reizüberflutung zu meiden und nicht nur Musik zu hören, sondern selbst viel zu singen.
Singen gilt nämlich als größte Entspannung für das akustische System. Der menschliche Körper besteht zu einem großen Teil aus Wasser, das bei Gesang als Resonanzkörper fungiert und in Schwingungen versetzt wird. Singen ist eine gute Entspannung für das akustische System und stärkt auch das gesamte vegetative Nervensystem.
Zur täglichen Hörhygiene sollten unter anderem Lärmschutzvorschriften beachtet werden, Risikofaktoren wie das Rauchen gemieden und gezielt auch Zeiten der Entspannung gesucht werden.
Birgit Lindner