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Lungenkrebs

Unter Lungenkrebs – geläufig ist auch der Begriff Bronchialkarzinom – versteht man die Neubildung bösartiger Zellen (maligne Neoplasie) im Lungengewebe bzw. in den unteren Atemwegen (Bronchien oder Bronchiolen).

Lungenkrebs
© iStock - utah778

Nein, ich nicht. Ich habe keinen Lungenkrebs!

Im August 2018 erhielt ich mit 49 Jahren die Diagnose Lungenkrebs. Ich hatte gerade eine 800 km lange Fahrradtour an der Donau hinter mir, war gesund und fit, abgesehen vom trockenen Reizhusten, welcher seit Längerem beim Sprechen in Räumen auftrat und häufiger wurde. Und auch abgesehen von der Mattigkeit, welche ich dieses Jahr auch nach dem Urlaub hatte. Ich arbeitete einfach zu viel in meinem Beruf als Kinderärztin. Zwei Wochen später wollte ich einen wundervollen Mann heiraten.

Damals stürzte die Welt für uns zusammen und seither hat sich alles verändert

Wir haben natürlich trotzdem geheiratet. Die spontane Strandparty war wunderschön. Ich trage seither einen neuen Namen, den Namen des Mannes, der mich durch die schwere Zeit getragen hat, mir immer wieder Mut gab, mich pflegte und mich liebte. Er war meine Rettungsleine, meine Kinder und die Familie mein Anker, meine Freunde mein Netz.

Die anfängliche, so überaus wichtige Diagnostik verlief leider ziemlich holperig, was einer großen bekannten Lungenspezialklinik Norddeutschlands geschuldet ist, in die mich der hiesige Pneumologe zur Diagnostik überwies in der Annahme, das sei das Beste. Schon die dortige ärztliche Erstbegrüßung im Treppenhaus zeugte von einer absoluten Unkenntnis von Lungenkrebs und von völliger Empathielosigkeit. „Wie viel rauchen Sie?“ Der typische Lungenkrebspatient ist Ende 60, männlich und hat seit Leben lang stark geraucht. Dass ich da nicht zugehörte, hätte der Arzt auch im Treppenhaus bemerken können.

Im mittels Biopsie entnommenem Gewebe zeigte sich ein Adenokarzinom. Die Diagnose stürzte mich in ein tiefes Loch, ich konnte kaum denken. Glücklicherweise habe ich befreundete ärztliche Kolleg*innen und eine sehr engagierte Schwester. Der Kontakt zu einem Lungenkrebsspezialisten, Prof. Laack in Hamburg, wurde hergestellt. Die komplette Diagnose wäre sehr viel später, wenn überhaupt gestellt worden. Mit Verspätung wurde auf kompliziertem Wege eine Mutationsdiagnostik aus dem Bioptat veranlasst.

Ich habe ein Adenokarzinom der Lunge mit komplexen EGFR-Treibermutationen, welches bei Diagnosestellung mehrere Lymphknotenmetastasen hatte. Der Tumor saß in der linken Lunge im Unterlappen und war ca. 3 cm groß. Diese Mutation bekommen Nie-Raucher oder Menschen, die so gut wie nicht geraucht haben. Sie sind oft weiblich und vor allem deutlich jünger. Sie sind oft sportlich aktiv, schlank und ernähren sich gesund. So ein Mensch bin ich.

Letztlich habe ich zunächst die bei Lungenkrebs übliche Therapie erhalten mit dem Ziel der Heilung. In Rostock lief die Strahlenchemotherapie, welche zu einem sehr deutlichen Tumorrückgang, aber auch leider zu einer Verbrennung der Speiseröhre führte. Es ging mir hundsmiserabel, ich konnte nichts essen oder trinken und wurde drei Wochen lang zu Hause nur über Infusionen ernährt.

Aufgrund oben genannter Spezialklinik verzögerte sich die geplante Operation um über zwei Wochen und wurde in einer Hamburger Klinik im November 2018 gemacht. Die OP dauerte länger als üblich, weil versucht wurde, meine Lunge zu erhalten. Letztlich wurde die gesamte linke Lunge entnommen in der Annahme, ich würde das schon schaffen. Und ich habe es geschafft! Danach war ich tumorfrei, so dachten wir alle zumindest.

Von den Folgen der Operation und der Bestrahlung erhole ich mich seither. Ich hatte das feste Ziel, wieder auf die Beine zu kommen, und habe dieses Ziel erreicht. Jeder Tag ist ein Geschenk. Im März 2019 fing ich an, meinen Blog auf www.schockdiagnose-krebs.de zu schreiben.

Im Mai 2019 zeigten sich leider bei einer Kontroll-CT der Lunge Lymphknotenmetastasen. Seither nehme ich ein Medikament aus der Gruppe der Tyrosinkinasehemmer, welches speziell bei EGFR-Mutationen hilft. Darunter waren die Metastasen zunächst in der Bildgebung nicht mehr zu sehen.

Eine weitere (kleine) Hirnmetastase wurde im März 2020 mittels Cyberknife-Therapie bestrahlt. Leider sind dann jedoch im Herbst 2020 die Metastasen wieder gewachsen, sodass eine stereotaktische Bestrahlung erfolgte. Aufgrund der vielen Nebenwirkungen hatte ich die Dosierung des Medikamentes reduziert, jetzt jedoch wieder gesteigert. Für die Nebenwirkungen finde ich Wege.

Es geht mir insgesamt recht gut. Ich lebe und genieße das Leben. Ich gebe nicht auf! Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und Mediation hilft mir ebenso wie meine Familie und Freunde. Die Besinnung auf das Wesentliche im Leben gibt mir viel Kraft und Liebe.

Durch die neue Therapie mit Tyrosinkinasehemmer habe ich die Chance, im Gegensatz zur herkömmlichen Behandlung, noch einige Jahre in guter Lebensqualität zu leben. Zusätzliche Dinge wie Bewegung, Ernährung und Naturmedizin helfen mir dabei.

Jeder mit einer Lunge kann Lungenkrebs bekommen

Mit anderen Lungenkrebspatient*innen, welche eine Mutation haben, habe ich im Sommer 2020 den Verein ZIELGENAU e. V. – Patientennetzwerk für personalisierte Lungenkrebstherapie auf die Beine gestellt. Wir möchten u. a. aktiv dabei mitwirken, dass es in Deutschland zum Standard gehört, eine Mutationsdiagnostik bei Lungenkrebs sofort zu erhalten, um eine verlängerte Überlebenszeit bei guter Lebensqualität für die Betroffenen zu gewährleisten. Informationen und Kontaktdaten sind auf www.zielgenau.org zu finden.

Verein zielgenau – von Betroffenen für Betroffene

Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium ist trotz neuer Therapien immer noch unheilbar. Personalisierte Therapien können das Leben von Patient*innen um Jahre verlängern.

Damit das auch passiert…

  • muss molekulare Diagnostik für Lungenkrebspatient*innen in Deutschland der Standard und
    nicht die Ausnahme sein
  • brauchen wir dringend bessere Therapien
  • Die neuen Medikamente helfen, verlieren aber irgendwann ihre Wirksamkeit. Damit Lungenkrebs nicht mehr tödlich ist, sondern zu einer chronischen Erkrankung werden kann, muss weiter intensiv geforscht werden!

Letztes Jahr haben wir den Verein Zielgenau gegründet – von Patient*innen für Patient*innen

  • Wir setzen uns dafür ein, dass Patient*innen eine Stimme haben: im Gesundheitssystem, in der Öffentlichkeit und in der Forschung.
  • Wir fordern, dass Lungenkrebspatient*innen eine optimale Therapie erhalten.
  • Wir sorgen dafür, dass Patient*innen schnell alle wichtigen Informationen bekommen.
  • Wir wollen, dass sich die Patient*innen untereinander vernetzen.

Mit Ihrer Spende können Sie auch einen Beitrag zur Lungenkrebsforschung leisten. Sobald eine genügend große Summe zusammengekommen ist, suchen wir nach einer Forschungsgruppe und halten Sie auf dem Laufenden. Für ROS1 konnte bereits ein Forschungsprojekt finanziert werden. Wenn Sie spenden wollen, finden Sie alle Infos auf www.zielgenau.org unter Spenden. Wir von Zielgenau freuen uns über jede Spende und sagen an dieser Stelle schon mal: Vielen herzlichen Dank!

Gesa Vehlow

Quelle: COPD und Asthma 1/2021

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