Nebenwirkungen und möglicherweise Spätfolgen von Erkrankung und Behandlung können die Lebensqualität und das Wohlbefinden beeinträchtigen, vorerst begleitet die Frauen auch häufig die Angst vor einem Rezidiv.
Zunächst will der Schock der Diagnose verkraftet werden. Dann belasten Operation, Chemo- oder Antihormontherapie und Bestrahlung Körper und Seele – da bleibt meist keine Kraft für Erotik und Sexualität. Hinzu kommt, dass viele Frauen unsicher sind, ob sie nach der Behandlung für ihren Partner noch attraktiv sind.
Manchmal verändert sich in der akuten Krankheitsphase auch die Partnerschaft, wenn die Patientin plötzlich hilfsbedürftig ist und die gewohnte Rollenverteilung sich ändert. Viele Patientinnen wünschen sich nach Abschluss der Behandlung ein möglichst normales Leben zurück – und dazu zählt in vielen Fällen auch die Erfüllung sexueller Bedürfnisse.
Vielen Menschen fällt es schwer, über sexuelle Wünsche zu sprechen, eine Krebserkrankung macht es nicht leichter. Dennoch ist es gerade in dieser Situation wichtig, das Gespräch zu suchen. Nur wenn man offen über Ängste und Wünsche spricht, können Barrieren überwunden und es kann Schritt für Schritt wieder ein befriedigendes Sexualleben begonnen werden, heißt es in der Broschüre „Krebs und Sexualität“ des Bundesverbandes der Frauenselbsthilfe nach Krebs.
Mit der Erkrankung der Partnerin umzugehen, ist für manche Menschen schwierig. Sie sind beunruhigt und verunsichert, die sexuelle Unbefangenheit geht vielen Paaren in dieser Situation verloren. Um dagegen anzugehen, sind ein offener Umgang miteinander und vertrauensvolle Gespräche über die persönlichen Vorstellungen besonders wichtig. Der Partner kann nicht wissen, was der andere jetzt am meisten braucht und wünscht, wenn es ihm nicht gesagt wird.
Während der Krebsbehandlung und unmittelbar danach verschwindet oft auch beim gesunden Partner vorübergehend die Lust auf intime Kontakte. Das ist völlig normal. Es kann auch vorkommen, dass das veränderte Interesse der Frau beim Partner Unsicherheit und Angst bis hin zu Erregungsblockaden erzeugt. Unterschwellig bestehende Partnerschaftsprobleme können sich in dieser Situation zusätzlich negativ auf das Sexualleben auswirken oder erstmals offen zutage treten.
Je nach Art der Krebserkrankung können ganz unterschiedliche Aspekte dazu beitragen, dass Frauen es schwierig finden, wieder zu einem befriedigenden Sexualleben zu kommen:
Wenn durch eine Brustamputation eine sichtbare Veränderung eingetreten ist, wenn Operationsnarben oder Hautveränderungen nach einer Bestrahlung als sichtbare Zeichen der Behandlung bleiben, ist dies für viele Frauen ein Grund für starke Selbstzweifel. Aber auch Krebserkrankungen, die das Aussehen nicht einschneidend verändern, bringen Selbstbild und Selbstwertgefühl aus der Balance, wie im ONKO-Internetportal der Deutschen Krebsgesellschaft zu lesen ist.
Schmerzen nach Eingriffen im Beckenbereich z. B. durch Vernarbungen können die Sexualität und die Lust beeinträchtigen. Hier hilft oft Geduld: Warten Sie nach der Operation so lange, bis die Wunden verheilt sind – das dauert etwa sechs bis acht Wochen – und pflegen Sie die Narben vorsichtig mit einer geeigneten Creme, um sie elastisch zu halten.
Auch krankhafte Erschöpfung (Fatigue), die sowohl durch die Krebserkrankung selbst als auch durch die Therapie hervorgerufen werden kann, hemmt die Lust auf sexuelle Aktivität. Hier hilft Reden, damit der Partner die Lustlosigkeit nicht auf sich bezieht. Vielleicht lassen sich Formen von Zärtlichkeit finden, bei denen die Patientin erst einmal passiv genießen kann, bis die Kraft für eigene Aktivität wieder zurückgekehrt ist.
Eine Antihormontherapie, durch die die Patientin vorzeitig in die Menopause versetzt wird, kann ebenfalls als Lustkiller wirken. Auch in dieser Situation ist Geduld gefragt.
Normalerweise befeuchtet sich die Scheide bei sexueller Erregung von selbst, aber dies kann nach einer Krebstherapie ausbleiben. Scheidentrockenheit erschwert das Eindringen des Penis und kann Schmerzen verursachen. Abhilfe schafft ein Gleitgel, das vor dem Geschlechtsverkehr aufgetragen wird.
Auch Gele oder Cremes könne helfen, die kein Östrogen enthalten sollten. Wenn der behandelte Tumor nicht hormonabhängig ist, können evtl. auch östrogenhaltige Salben zum Einsatz kommen. Sie werden ein- bis mehrmals pro Woche in der Scheide aufgetragen.
Die Brüste, insbesondere die Umgebung der Brustwarzen, sind bei vielen Frauen eine sehr erogene Zone, die eine große Rolle beim Sex spielt. Ihr verändertes Aussehen nach einem operativen Eingriff kann dazu führen, dass Frauen sich zunächst scheuen, ihre Brust dem Partner zu zeigen.
Ein Problem kann die reduzierte Empfindlichkeit der Brust in der Umgebung der Operationsnarben sein. Auch bei brusterhaltenden Eingriffen werden Hautnerven durchtrennt, ebenso wenn bei Brustrekonstruktionen die Brustwarzen erhalten oder wiederaufgebaut werden. Diese sind weniger berührungsempfindlich, als sie zuvor waren. Die Haut um die Brustwarzen herum kann mit der Zeit aber wieder sensibler werden.
Quelle: Leben?Leben! 2/2021