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Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

Sozialmedizinische Aspekte bei MS – Interview mit Anke Reinhold

Anke Reinhold und Ellen Curtze sind in der MS-Ambulanz des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) Lübeck für die sozialmedizinische Beratung von MS-Patienten zuständig. Mit Anke Reinhold sprach Befund MS über ihre Arbeit.

Was versteht man eigentlich unter sozialmedizinischer Beratung?

Die sozialmedizinische Beratung bei der MS umfasst den gesamten Bereich, der nicht durch Ärzte abgedeckt ist. Dazu gehören die psychosoziale Betreuung, die Entwicklung von Coping-Strategien, alle Themen im Zusammenhang mit dem Erhalt der Häuslichkeit, Wohnen, Arbeit, der wirtschaftlichen Situation und alles, was den Bereich Schwerbehinderung betrifft.

Wir beraten zu all diesen Themen, sind jedoch im Gegensatz zu anderen Beratungsstellen nicht nur rein beratend tätig, sondern dürfen im Auftrag von Patienten auch Anträge stellen, z. B. auf Schwerbehinderung, auf Pflege oder Rehabilitationsmaßnahmen.

Wen beraten Sie?

Zu uns kommen Alleinlebende, MS-Betroffene mit Partner, Familien mit einem MS-Kranken, junge an MS Erkrankte mit ihren Eltern. Wir betrachten gemeinsam die Lebens- und Familiensituation, z. B. welche Auswirkungen die MS auf das System Familie hat. Denn die Auswirkungen auf das System betreffen alle, auch die Angehörigen. Manchmal beraten wir auch nur die Angehörigen, wenn sie es wünschen. Ganz selten kommt es aus meiner 25-jährigen Erfahrung in dem Beruf auch vor, dass wir Kinder von Betroffenen allein beraten – diese können mit dabei sein.

Welches Problem gehört zu den häufigsten angesprochenen Themen?

In vielen Fällen ist es die Wohnsituation, denn die wenigsten Betroffenen leben barrierefrei. Bei jungen an MS Erkrankten ist es der Bereich Arbeit, Berufswahl und alles, was dazugehört.

Die meisten Betroffenen, die in die Beratung kommen, haben ihre Diagnose schon länger. Oft wenden sie sich an uns, wenn die Symptome alltagsrelevant werden, wenn es z. B. Probleme mit der Wohnsituation gibt. Bei Betroffenen, die schon früh nach der Diagnose zu uns kommen, stehen häufig psychische Probleme im Vordergrund. Auch wenn Erstbetroffene massive Einschränkungen im Erwerbsleben haben, z. B. aufgrund von starken Seh- oder auch Gleichgewichtsstörungen, kommen sie in die Beratung.

Viele ehemalige Patienten, die in die Häuslichkeit entlassen und auf die MS-Ambulanz verwiesen wurden, wenden sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an uns. Ein anderer Teil wird von niedergelassenen Neurologen oder Allgemeinmedizinern an uns überwiesen. Unser Angebot ist bewusst niedrigschwellig – die MS-Erkrankten müssen nur anrufen, einen Termin vereinbaren und eine ärztliche Überweisung mitbringen. Dann können wir sie beraten. Unsere Klienten stammen hauptsächlich aus Lübeck oder Ostholstein, doch manche auch aus Fehmarn, im Süden geht unser Einzugsgebiet etwa bis Ahrensburg. Es gibt jedoch keine räumliche Begrenzung.

Geben Sie Hilfestellung bei der Suche nach anderen Therapeuten (Psychotherapeuten, Physiotherapeuten etc.)?

Ja, jedoch nur, indem wir sagen, wie man an eine Psychotherapie herankommt. Wir erklären u. a. das Prozedere mit den probatorischen Sitzungen. Wenn ein Patient einen Physiotherapeuten sucht, können wir helfen, Praxen im Umkreis des Patienten auszumachen. Doch insbesondere jüngere Betroffene suchen selbst im Internet nach geeigneten Therapeuten.

Ist die medizinische Rehabilitation ebenfalls ein Thema für Sie?

Da ich auch stationär tätig bin, beantrage ich für sehr viele MS-Betroffene dort die Reha. In der Ambulanz können wir auch Anträge auf Reha stellen, doch hier stellen wir eher Anträge auf Schwerbehinderung, auf Einstufung nach dem Pflegeberatungsgesetz und beraten bezüglich des Rentenerwerbs.

Wie sieht es aus mit beruflichen Fragen? Was können Sie für die Betroffenen tun?

Wir zeigen den Weg auf, welche beruflichen Maßnahmen es gibt, wie die berufliche Reha funktioniert, wie eine Umschulung abläuft, und beraten über die Kostenträger, z. B. die gesetzliche Rentenversicherung oder die Agentur für Arbeit. Wichtig ist für die Betroffenen bei der Suche nach einer beruflichen Reha, dass sie signalisieren, arbeitsfähig zu sein.

Das private Umfeld ist von MS ebenfalls stark betroffen. Wie unterstützen Sie MS-Kranke und ihre Angehörigen in diesem Bereich?

Angehörige von MS-Betroffenen sind in der Regel ebenfalls sehr mit der Krankheit beschäftigt, z. B. mit der Pflege ihres Familienmitglieds. Wir schauen, in welchen Bereichen man für Entlastung sorgen, etwa eine Haushaltshilfe auch bei wenig Geld engagieren kann, z. B. kann das Sozialamt oder die Pflegeversicherung – je nach Situation – die Kosten für eine Haushaltshilfe übernehmen. Auch sprechen wir über die Möglichkeiten von Tagespflege zur Entlastung der Angehörigen oder über Maßnahmen wie „Essen auf Rädern“, die Freiraum ermöglichen.

Was versteht man unter der psychosozialen Beratung, die die MS-Ambulanz anbietet?

Dabei handelt es sich um ein Angebot, das die Menschen versucht abzuholen, wo sie stehen, und auch aus dem Negativbild, wie furchtbar MS sein kann, herauszuholen. Denn die MS ist oft besser als ihr Ruf. Wir versuchen, Mut zu machen und Coping-Strategien sehr individuell zu entwickeln, angepasst daran, ob es helfende Angehörige gibt, wie die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Wohnsituation sind.

Was machen Sie noch?

Wir übernehmen u. a. die supervisorische Funktion bei einer MS- und Schlaganfallgruppe (etwa drei- bis viermal jährlich), beraten Selbsthilfegruppen, veranstalten Fortbildungen für ambulante Pflegedienste oder halten Vorträge in Pflegeheimen, falls Bedarf besteht.

Quelle: Befund MS 2/2020

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