Kontakt 02202 18898-0 | info@curado.de
Menu
Curado Search
Sie sind hier: Startseite  »  Krankheiten  »  Neurologie  »  Multiple Sklerose  »  Rehabilitation bei MS – was muss ich wissen?  »  Rehabilitation: Ein wichtiges Thema bei MS

Multiple Sklerose

Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.

Multiple Sklerose
© iStock - Stadtratte

Rehabilitation: Ein wichtiges Thema bei MS

Rehabilitation bedeutet Wiederherstellung. Maßnahmen zur Rehabilitation sollen erkrankte oder von Behinderungen bedrohte Menschen in die Lage versetzen, ihren ursprünglichen gesundheitlichen und beruflichen Status wiederzuerlangen bzw. ihnen – wie bislang – die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Ist dieser Idealzustand nicht zu erreichen, hat die Rehabilitation zum Ziel, gesundheitliche Probleme so weit wie möglich zu reduzieren und Betroffene zu befähigen, ein eigenständiges Leben zu führen sowie am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Da es viele Teilbereiche des Lebens gibt (Gesundheit, Beruf, Teilnahme an der Gesellschaft), die durch Reha-Maßnahmen gebessert werden können, unterscheidet der Gesetzgeber zwischen der medizinischen, der beruflichen und der sozialen Rehabilitation. Doch diese Maßnahmen greifen i. d. R. ineinander über. Für Menschen mit MS spielt vor allem die medizinische Rehabilitation eine große Rolle.

Krankheitsschübe oder das schleichende Voranschreiten der Krankheit ziehen oft körperliche Einschränkungen nach sich, die durch Reha-Maßnahmen verringert werden können. Auch Maßnahmen zur beruflichen oder sozialen Rehabilitation sind für MS-Patienten von Bedeutung, etwa damit sie trotz körperlicher Einschränkungen den erlernten Beruf weiter ausüben oder weiter im Berufsleben stehen bzw. am Sozialleben teilnehmen können.

Anschlussrehabilitation (AHB)

Die erste Begegnung mit der medizinischen Rehabilitation haben viele von MS Betroffene nach einem Krankenhausaufenthalt. Die sog. Anschlussrehabilitation, kurz AHB, ist eine Form der medizinischen Rehabilitation, die sich an den Aufenthalt in einer Klinik anschließt. Sie muss spätestens 14 Tage nach Entlassung aus dem Krankenhaus angetreten werden und kann sowohl stationär als auch ambulant oder teilstationär erfolgen. Wie jede Form der medizinischen Reha hat die AHB zum Ziel, durch MS bedrohte oder verloren gegangene körperliche oder kognitive Fähigkeiten wiederherzustellen. Ist dies nicht möglich, erlernen Betroffene in der Reha Einschränkungen auszugleichen, z. B. indem Therapeuten ihnen zeigen, wie sie Hilfsmittel wie einen Gehstock oder Rollator zum Laufen verwenden.

Da MS i. d. R. viele Folgen (z. B. Störungen der Aufmerksamkeit) hat, beschränkt sich die AHB bei MS nie auf einen gesundheitlichen Aspekt. Deshalb ist es für MS-Patienten sinnvoll, die Reha in einer auf MS spezialisierten Einrichtung anzutreten, z. B. in einer von der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) zertifizierten MS-Klinik oder in einem zertifizierten Rehabilitationszentrum. Dort ist sichergestellt, dass nicht nur eine leitliniengerechte medikamentöse Therapie eingeleitet wird, sondern auch andere Therapiemaßnahmen (z. B. Physiotherapie, Schlucktraining, Ergo- oder Psychotherapie) sowie auf die mit der MS einhergehenden Symptome ausgerichtete Patientenschulungen erfolgen.

Die AHB wird direkt über das Krankenhaus beantragt. Die behandelnden Ärzte müssen bestätigen, dass die AHB aus medizinischen Gründen erforderlich ist, der Sozialdienst der Klinik übernimmt i. d. R. die Antragstellung und überprüft, welcher Kostenträger jeweils zuständig ist. MS-Patienten können mitentscheiden, ob die Reha stationär, ambulant oder teilstationär erfolgen soll. Die behandelnden Ärzte sprechen i. d. R. eine Empfehlung aus. Mit ihnen sollten sich MS-Patienten daher zuvor beraten, wenn sie eine besondere Form der AHB wünschen.

Medizinische Rehabilitation

Ein vorheriger Krankenhausaufenthalt ist nicht notwendig, damit der zuständige Kostenträger die medizinische Reha bewilligt. Es kommt für die Bewilligung darauf an, dass die medizinischen Maßnahmen vor Ort ausgeschöpft sind und damit nicht ausreichen, um einer Verschlechterung des Gesundheitszustands bzw. einer Behinderung vorzubeugen. Eine Reha-Maßnahme gibt Betroffenen die Möglichkeit, sich eine Zeit lang (i. d. R. drei Wochen, eine Verlängerung ist möglich) mit therapeutischer Hilfe darauf zu konzentrieren, verloren gegangene Fähigkeiten auszugleichen.

Zuständiger Kostenträger für die meisten MS-Patienten ist entweder die gesetzliche Krankenversicherung oder die gesetzliche Rentenversicherung. Dort müssen von MS Betroffene i. d. R. auch ihren Reha-Antrag stellen. Die gesetzliche Rentenversicherung zahlt die medizinische Reha, wenn die Maßnahme dazu dient, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern oder wiederherzustellen. Außerdem müssen die Antragsteller die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 Sozialgesetzbuch (SGB) VI erfüllen, z. B. in den letzten zwei Jahren sechs Monate lang Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet haben. Die gesetzliche Krankenversicherung ist meist zuständig, wenn ein Rehabilitand Rente bezieht. Daneben gibt es weitere mögliche Kostenträger wie Sozialämter, doch diese sind zu einem wesentlich geringeren Teil zuständig. Es ist jedoch kein Problem, wenn MS-Patienten ihren Reha-Antrag zunächst beim falschen Kostenträger stellen. Der Antrag wird ohne das Zutun des Patienten so lange weitergeleitet, bis er an der richtigen Stelle ankommt. Allerdings verzögert sich dadurch u. U. der Start der Reha.

Die Anträge für eine medizinische Reha erhalten MS-Patienten bei ihrer Krankenkasse oder bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Sinnvoll kann es zusätzlich sein, auf einem Beiblatt detailliert zu erläutern, warum die medizinische Reha nötig ist. Der behandelnde Arzt muss die Notwendigkeit der Reha bestätigen.

Stationär, ambulant oder teilstationär?

Schon bei der Antragstellung sollten MS-Patienten angeben, welche Art der Reha sie wünschen. Infrage kommen

  • eine ambulante Reha, bei der im Reha-Zentrum in der Nähe des Wohnorts täglich zwischen vier bis sechs Stunden lang Anwendungen und Therapien durchgeführt werden
  • eine teilstationäre Reha in einer Reha-Klinik, bei der die Patienten morgens in die Klinik fahren, dort ihre Therapien erhalten, verpflegt werden, einen Ruheraum zur Verfügung haben und abends wieder nach Hause fahren
  • eine stationäre Reha, für deren Dauer die Patienten in einer Klinik unterkommen

Kostenträger müssen auf berechtige Wünsche der Patienten eingehen, denn diese haben bei den Ausführungen der Leistung nach § 9 SGB IX ein Wunsch- und Wahlrecht. Dies Wunsch- und Wahlrecht gilt auch für die Auswahl der Klinik. Eine ambulante Reha ist etwa dann sinnvoll, wenn äußere Bedingungen gegen einen stationären Aufenthalt sprechen, z. B. Kinder mit im Haushalt leben, die zu alt sind, um ein Elternteil zu begleiten, aber noch zu jung, um allein zu Hause zu bleiben. Für eine stationäre Reha spricht, dass Patienten sich während der Maßnahme nur auf sich und ihre Gesundheit konzentrieren können.

Lehnt der Kostenträger den Antrag oder berechtige Wünsche ab, können Patienten innerhalb von vier Wochen Widerspruch gegen den Bescheid einlegen. Darin sollten sie noch einmal ausführlich begründen, warum ihrer Meinung nach eine medizinische Reha unabdingbar ist, um den gesundheitlichen Zustand zu bessern. In vielen Fällen wird die Reha nach dem Widerspruch doch genehmigt.

Warum ist eine medizinische Reha für MS-Patienten überhaupt sinnvoll?

Eine medizinische Reha hilft dabei, die passende(n) Therapie(n) zu finden, körperliche Funktionen wiederherzustellen oder auszugleichen. Sie trägt auch dazu bei, neue positive Gewohnheiten zu etablieren, z. B. regelmäßig Sport zu treiben. Da an der Therapie in der Reha meist gleichzeitig verschiedene medizinische Disziplinen beteiligt sind, die sich miteinander austauschen, erhalten MS-Patienten u. U. auch neue Erkenntnisse darüber, wie sie Therapieverfahren miteinander kombinieren können. Daneben knüpfen Menschen in der Reha neue soziale Kontakte. All das trägt dazu bei, dass viele Betroffene gestärkt und mit frischem Lebensmut aus der Reha in den Alltag zurückkehren. MS-Patienten sollten deshalb darüber nachdenken, in regelmäßigen Abständen eine Reha zu beantragen. I. d. R. bewilligen die Kostenträger alle vier Jahre eine medizinische Reha, bei medizinischer Notwendigkeit (z. B. nach einem Schub) auch häufiger.

Berufliche Rehabilitation

Berufliche Rehabilitationsmaßnahmen sind in § 33 SGB IX unter der Bezeichnung „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ festgeschrieben. Darunter versteht das Gesetz Leistungen, die die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen erhalten, herstellen oder wiederherstellen, damit sie möglichst auf Dauer ins Arbeitsleben integriert werden und sich selbst versorgen können. Kostenträger sind die gesetzliche Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit, aber auch Berufsgenossenschaften.

Zu den Leistungen, die die Träger der beruflichen Rehabilitation auf Antrag erbringen können, gehören u. a.:

  • alle Hilfen, durch die ein Anspruchsberechtigter einen Arbeitsplatz erlangen kann oder mit denen der Arbeitsplatz erhalten wird. Dazu zählt u. a. auch die Kraftfahrzeughilfe zur behindertengerechten Ausstattung eines Pkw und die Kosten einer Arbeitsassistenz
  • Maßnahmen zur Berufsvorbereitung, zur beruflichen Anpassung sowie zur Aus- und Weiterbildung
  • die Zahlung von Gründungszuschüssen für selbstständige Tätigkeiten
  • Leistungen für Arbeitgeber (z. B. Mittel zur Anschaffung von Arbeitshilfen, die Menschen mit Behinderungen ermöglichen, weiter an ihrem Arbeitsplatz tätig zu sein)

An MS Erkrankte sollten sich daher erkundigen, ob ihnen die Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit die Kosten z. B. für den Fahrzeugumbau oder für einen Stehrollstuhl erstattet, wenn dieser notwendig ist, um weiterhin zum Arbeitsplatz zu kommen bzw. den Arbeitsplatz zu behalten. Die Landesverbände der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) unterstützen ihre Mitglieder bei der Antragstellung.

Soziale Rehabilitation

§ 55 SGB IX ist Grundlage für die sog. soziale Rehabilitation, die das Gesetz Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nennt. Diese Leistungen sollen Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit geben, am sozialen Leben teilzunehmen und sie möglichst unabhängig von Pflege machen. Zu den Leistungen, die auf Antrag gewährt werden, gehören z. B. Hilfen zur Anschaffung oder zum Umbau eines Pkw, Hilfen zur Beschaffung, zum Umbau und zur Ausstattung einer behindertengerechten Wohnung oder Hilfen, um ein selbstbestimmtes Leben in einer betreuten Wohnmöglichkeit zu führen. Auch können Hilfen (z. B. die Kostenübernahme für einen Abholdienst) beantragt werden, die es ermöglichen, dass ein Mensch mit einer Behinderung an kulturellen Veranstaltungen teilnimmt.

Bundesteilhabegesetz und Änderungen in der Rehabilitation

Das 2016 verabschiedete Bundesteilhabegesetz (BTHG) soll die Rechte von Menschen mit Behinderungen stärken und sieht vor, dass für die Bewilligung von Reha-Maßnahmen Betroffenen künftig ein Antrag ausreichen soll. Dieser Antrag soll ein Entscheidungsverfahren über Leistungen in Gang setzen, das den Betroffenen in den Mittelpunkt stellt. Gemeinsam mit dem Betroffenen soll etwa entschieden werden, welche Leistungen notwendig und sinnvoll für seine berufliche und soziale Teilhabe sind. Zwar sind auch nach wie vor unterschiedliche Kostenträger für die verschiedenen Leistungen zuständig, doch Betroffene brauchen sich durch die Regelungen des BTHG nicht mehreren Trägern auseinanderzusetzen.

Quelle: Befund MS 3/2017

Copyrights © 2021 GFMK GMBH & CO. KG