Unter einer Reizblase versteht man eine Funktionsstörung der Blase, ohne dass ein organisches Problem zugrunde liegt. Das Gehirn gibt dabei fälschlicherweise den Befehl, die Blase zu leeren, obwohl diese noch nicht gefüllt ist.
Die sekundäre Form der Reizblase lässt sich mit der entsprechenden Behandlung der Grundleiden gezielt therapieren. Hier kann der Arzt zum Beispiel eine Antibiotika-Therapie verordnen, um die zugrundeliegende Blasenentzündung zu kurieren und damit auch die daraus resultierende Reizblase zum Rückzug zu bewegen. Bei der primären Form der Reizblase, also derjenigen, bei der keine (organischen) Ursachen ausfindig gemacht werden können, kann eine symptomatische Therapie angestrebt werden. Unter symptomatischer Therapie wird dabei die Behandlung der Beschwerden verstanden, nicht aber die Behandlung der Ursache – denn die ist bei dieser Form der Reizblase nicht klar zu definieren.
Bei der medikamentösen Therapie einer Reizblase werden vor allem Arzneimittel eingesetzt, die entkrampfend auf die Blasenmuskulatur wirken. Sogenannte Anticholinergika wirken sowohl auf die Muskulatur, als auch auf das Nervensystem und helfen dabei, die Blase ohne Beschwerden und vor allem vollständig zu entleeren. Auch Spasmolytika werden für die medikamentöse Therapie einer Reizblase verwendet, allerdings wirken sie auf die Blasenmuskulatur. Hierbei wird die Kontraktionsbereitschaft der Blase herabgesetzt, das Zusammenziehen des Blasenmuskels also vermindert. Auch Medikamente, die für den Einsatz bei Depressionen bestimmt sind, können bei der Therapie einer Reizblase Verwendung finden, denn auch sie können bei der Verbesserung des Urinabsatzes hilfreich sein. Eine weitere Möglichkeit der medikamentösen Reizblasen-Therapie ist die Gabe von Östrogenen, zumindest dann, wenn die Ursache für die Reizblase auf ein Absinken des Östrogenspiegels während der Wechseljahre zurückzuführen ist.
Häufig geht die Reizblase mit bestimmten auslösenden Situationen, etwa seelischen Belastungen oder Konflikten einher. Hier kann eine Psychotherapie sinnvoll sein, um die Gegebenheiten zu analysieren und eine Lösung für die belastende Situation zu erarbeiten. Auch eine Verhaltenstherapie kann bei einer Reizblase unterstützend wirken. Der Toilettengang wird dabei gezielt trainiert und die Abstände der Harnentleerung können auf immer größere Zeiträume verlagert werden. In diesem Zusammenhang kann auch ein Kontinenztraining hilfreich sein, um dem Patienten neues Selbstbewusstsein zu verleihen und seine Lebensqualität zu erhöhen. Der Harndrang wird dabei bewusst ignoriert und die Zeitabstände immer weiter ausgedehnt. Auch Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training können eine Therapie einer Reizblase unterstützen und die Beschwerden unter Umständen lindern.
Neben der medikamentösen Therapie der Reizblase und der Psycho- bzw. Verhaltenstherapie können auch weitere Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Problematiken rund um die Reizblase zu reduzieren. So lassen sich mit einer Elektrostimulationstherapie die übersteigerten Aktivitäten der Blasenmuskeln unter Umständen herabsetzen und die Beckenbodenmuskeln entsprechend stimulieren, sodass die Beschwerden einer Reizblase gelindert werden können. Auch spezielle Gewicht oder Kugeln, die in die Scheide eingeführt werden, können die Beckenbodenmuskeln entsprechend trainieren und bei der Therapie einer Reizblase eventuell unterstützend wirken.
Viele Patienten, die von einer Reizblase betroffen sind, vertrauen sich aus Schamgefühl ihrem Umfeld nicht an und geraten so leicht in soziale Isolation. Gespräche helfen jedoch dem Freundes- und Bekanntenkreis, den plötzlichen Rückzug von Aktivitäten des Betroffenen zu verstehen und ihn zu unterstützen. Faktoren, die die Symptome einer Reizblase verstärken, sollten Betroffene ebenfalls meiden, etwa das Sitzen auf kalten Untergründen, den Konsum von Alkohol oder scharfen Gewürzen, sofern diese die Beschwerden verschlimmern. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist auch bei einer bestehenden Reizblase immens wichtig, wird von Patienten mit einer Reizblase jedoch häufig nicht verfolgt, da sie hierdurch eine Verschlimmerung des Dranggefühls befürchten. Durch eine Reduktion der Trinkmenge wird allerdings meist das Gegenteil erreicht. Die Blasenmuskulatur erschlafft durch die Unterforderung mehr und mehr, was zu einer weiteren Erhöhung des Dranggefühls führt. Idealerweise sollten Reizblasenpatienten daher zwei bis drei Liter Flüssigkeit pro Tag zu sich nehmen, um den Muskel ausreichend zu trainieren und das Dranggefühl zu vermindern.
Die Prognose für die sekundäre Form der Reizblase ist entsprechend ihrer bekämpfbaren Ursache sehr gut. Häufig verschwindet eine Reizblase, wenn die Ursache ausgeschaltet werden konnte (z. B. Blasenentzündung). Bei der primären Reizblase sind die Heilungsaussichten weniger gut. Da die Ursache nicht bekannt ist, kann diese auch nicht ausgeschaltet bzw. bekämpft werden. Demnach kann nur eine Linderung der Symptome erfolgen, die nach Absetzen der Therapiemaßnahmen häufig wieder auftreten können.
Da bei einer Reizblase die Ursache oft unbekannter Natur ist, lassen sich auch kaum vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Psychische Faktoren sollten allerdings nach Möglichkeit frühzeitig vermieden werden. Auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, das Meiden harntreibender Getränke und ein blasenstärkendes Training, das sich in der Regel gut in den Alltag einbauen lässt, können als vorbeugende Maßnahme genannt werden. Neben der ausreichenden Flüssigkeitszufuhr ist ein ausreichendes Maß an Bewegung ebenfalls anzuraten, denn hierdurch lässt sich einer möglichen Blasensteinbildung, die zu einer Reizblase führen kann, am besten vorbeugen.
Judith Schomaker