Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Achtsam sein bedeutet z. B., beim Gehen genau zu erspüren, welche Bewegungsabläufe dafür nötig sind, wie der Fuß abrollt, wie sich der Boden unter den Füßen anfühlt, wie die Umwelt riecht und den Atem dabei fließen zu lassen. Sich also nur auf das zu konzentrieren, was gerade ist.
Eine Reihe von Studien hat gezeigt, dass Achtsamkeitstraining bei MS u. a. Beschwerden wie Fatigue lindern und auch Depressionen oder depressiven Verstimmungen entgegenwirken kann. Auch Stress kann gemildert werden. Achtsamkeit kann dazu beitragen, negative Gefühle, Ängste und Sorgen besser zu bewältigen.
Achtsamkeit lässt sich unter Anleitung trainieren. Es gibt zahlreiche Anbieter von Achtsamkeitstrainings, auch einige gesetzliche Krankenkassen bieten Online-Kurse zur Achtsamkeit an. Daneben gibt es Apps zur Achtsamkeit und/oder Meditation, die kurze Übungen anbieten, die sich leicht in den Tag integrieren lassen. Doch auch ohne diese Trainings lässt sich Achtsamkeit im Alltag üben. So kann man sich immer wieder zwischendurch, wenn z. B. Sorgen überhandnehmen, auf den Moment konzentrieren.
Eine kleine Atemübung, die man zu jeder Zeit und überall durchführen kann und die die Konzentration auf den Moment stärkt, geht z. B. folgendermaßen:
· Sich gerade hinsetzen oder hinstellen.
· Tief durch die Nase einatmen.
· Am Ende des Einatmens kurz stoppen und innehalten.
· Dann langsam durch den Mund ausatmen, den Atem wieder stoppen und kurz innehalten.
Um die Gedanken zu beruhigen, kann man dabei eine Art kleines „Mantra“ im Kopf wiederholen, z. B. etwas wie „Ich bin mein Atem“. Schon ein paar dieser langen Atemzüge beruhigen nicht nur den Herzschlag, sondern auch kreisende Gedanken.
Wer morgens aufwacht und gleich daran denkt, was im Laufe des Tages noch zu erledigen ist und sich dadurch in Stress versetzt, kann das Gedankenkarussell beruhigen, indem er/sie sich erst einmal auf seine Umgebung und den Körper konzentriert. Wie fühlt sich der Untergrund nach der Nacht an? Welche Körperteile sinken in die Matratze ein? Was ist in der Umgebung los? Kitzeln die Sonnenstrahlen an der Nase oder prasselt der Regen ans Fenster? Achtsamkeit bedeutet, alles genau wahrzunehmen und die anderen Gedanken, so weit möglich, loszulassen. Das gelingt nicht sofort, doch mit ein wenig Übung wird es leichter.
Auch Techniken wie Yoga oder die progressive Muskelentspannung können helfen, die eigene Achtsamkeit zu stärken. Mithilfe der progressiven Muskelentspannung sollen die Muskeln des Körpers entspannt werden.
Das funktioniert folgendermaßen: Nach und nach werden alle Muskeln des Körpers zunächst für einige Sekunden angespannt und dann entspannt. Am einfachsten ist es, wenn man beim Kopf oder bei den Füßen anfängt und sich dann entweder nach unten oder oben „vorarbeitet“. Zunächst kann man etwa die Stirn in Falten legen und danach entspannen, dann die Kiefermuskulatur, den Nacken, die Arme, Finger usw. Wenn man nicht genug Zeit hat, ist es auch möglich, nur die großen Muskeln anzuspannen und dann wieder zu entspannen.
Das Gestern lässt sich nicht wiederholen und was das Morgen bringt, weiß niemand. Es ist zwar einfacher gesagt als getan, im Heute zu leben und sich nicht von Sorgen um das, was passieren könnte (aber nicht muss), leiten zu lassen, doch letztlich haben wir nur den Moment. Sich das immer wieder bewusst zu machen, kann dazu beitragen, Stress zu reduzieren.
Wichtig ist auch auf Signale des Körpers zu achten. Wer z. B. völlig erschöpft ist, sollte, wenn möglich, eine Pause einlegen. Und das auch anderen gegenüber kommunizieren. Wer weiß, dass er/sie zu einem bestimmten Zeitpunkt des Tages ein großes Ruhebedürfnis hat, sollte sich für diesen Zeitraum nichts vornehmen. Achtsamkeit bedeutet nicht, sich und die eigenen Beschwerden zu verleugnen, sondern sich den Raum zu nehmen, den man braucht.
Quelle: Befund MS 3/2023