Es handelt sich beim Hörsturz um eine plötzliche, innerhalb von Sekunden auftretende Schallempfindungsschwerhörigkeit, eine Funktionsstörung des Innenohrs ohne erkennbare Ursache.
Das Ohr umfasst das Hör- sowie das Gleichgewichtsorgan. Es setzt sich aus dem äußeren Ohr, dem Mittel- und dem Innenohr zusammen. Das äußere Ohr und das Mittelohr bilden den schallleitenden Apparat, wobei das Innenohr das eigentliche Hörorgan darstellt. Das Innenohr ist eingebettet in das knöcherne Felsenbein des Schädels. Durch das Zusammenspiel dieser drei Teilbereiche des Ohres wird der Hörvorgang erst möglich, der zur Wahrnehmung von Geräuschen führt.
Das Vorhof-Schnecken-Organ fungiert als Gleichgewichtsorgan und stellt einen Teil des Schläfenbeins dar. Sein lateinischer Name ist Organum vestibulocochleare. Dort befinden sich die beiden Hauptbestandteile des Innenohrs. Im Vorhof liegt das Gleichgewichtsorgan und in der Schnecke sind die Sinneszellen zu finden. Die vom Trommelfell – es liegt am Ende des Gehörgangs – aufgefangenen Schallwellen leiten die im Innenohr befindlichen Haarzellen an den Hörnerv (lateinisch Nervus acusticus) und das Gehirn weiter.
Durch eine Störung in der Durchblutung der kleinen Gefäße des Innenohrs werden die Haarzellen weniger durchblutet sowie mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Dauert diese Durchblutungsstörung länger an, sterben die Haarzellen ab und in der Folge droht ein nicht rückgängig zu machender Hörverlust. Aus diesem Grunde ist große Eile geboten, diese mögliche Durchblutungsstörung zu beheben.
Wissenschaftlich belegt und von Experten anerkannt, sind nach den Leitlinien Hörsturz folgende Krankheitsursachen:
Die Fließeigenschaft des Blutes beeinflusst alle Faktoren, die eine Gerinnungsneigung und Verdickung des Blutes begünstigen. Dazu zählen erhöhte Blutfettwerte (vor allem Cholesterin). Cholesterin führt zu Ablagerungen an den Gefäßwänden, die zu einer Verengung der Blutgefäße und damit Behinderung des Blutflusses führen. Weiterhin ist eine zu hohe Konzentration von Stoffen im Blut zu nennen, die die Blutgerinnung fördern (z.B. Fibrinogen) und damit auch die Blutzirkulation in den kleinen Blutgefäßen des Innenohrs behindern.
Arteriosklerose (Arterienverkalkung) schädigt Blutgefäße außerdem und löst Störungen im Blutfluss aus. Zudem können sich Ablagerungen lösen und zu einem Gefäßverschluss durch Blutgerinnsel (Thromben) führen. Auch Bluthochdruck (medizinisch Hypertonie) sowie übermäßiger Nikotingenuss gelten als Risikofaktoren für einen Hörsturz.
Ist die Ursache für eine akute Innenohrfunktionsstörung bekannt, spricht man definitionsgemäß nicht mehr von einem Hörsturz. So gilt ein Knalltrauma – eine durch einen lauten Knall ausgelöste Hörminderung – nicht im eigentlichen Sinn als Hörsturz. Sind die Entstehung und Entwicklung eines Hörsturzes unklar, spricht man in Fachkreisen vom idiopathischen Hörsturz.
In einer Studie mit 1.423 Hörsturzpatienten zeigte sich ein 1.64-fach erhöhtes Risiko der Patienten, in den nächsten fünf Jahren einen Schlaganfall (Apoplex) zu erleiden. Demzufolge ist dringend eine internistische und neurologische Abklärung bei den entsprechenden Fachärzten nötig, um Risikofaktoren im Gefäßbereich frühzeitig zu erkennen und notfalls zu behandeln.
Ob der Hörsturz eine psychosomatische Erkrankung ist bzw. ob dieses Leiden und sein Verlauf von Stress abhängen, konnte bisher wissenschaftlich nicht sicher geklärt werden. Oftmals weisen die bisher existierenden Studien und Belege zu diesem Thema methodische Fehler auf und können so nicht den entsprechenden Nachweis erbringen.
Bisher kann nur aus den vorliegenden Arbeiten abgeleitet werden, dass Patienten den Hörsturz häufig als Folge von psychosomatischen Belastungen und Stress bei der Arbeit ansehen. Schlechte Bewältigungsstrategien (Copingstrategien) und schlechte Wahrnehmung körperlicher Warnzeichen werden dem vom Hörsturz Betroffenen jedoch nachgesagt und wissenschaftlich diskutiert.
Wird ein Hörsturz nicht rechtzeitig behandelt, kann in schweren Fällen Taubheit auf dem betroffenen Ohr oder eine dauerhafte Hörminderung durch Absterben der Signal-weiterleitenden Haar- oder Sinneszellen im Innenohr entstehen.
Auch ein bleibender Tinnitus (Ohrgeräusche wie Pfeifen, Rauschen o.ä.) infolge eines Hörsturzes wird von den Betroffenen als sehr störend empfunden und kann die Hörleistung stark beeinträchtigen.
Nimmt der Hörverlust zu, verschlechtert sich die Prognose. Eine günstige Prognose haben Patienten mit ausschließlicher Schwerhörigkeit im Tiefton- oder Mittelfrequenzbereich. Auch Betroffene mit einem, von vorneherein leichten Hörverlust infolge eines Hörsturzes können eine günstige Prognose erwarten. Liegen gleichzeitig schwere objektiv nachvollziehbare Gleichgewichtsstörungen nach einem Hörsturz vor, verschlechtert sich die Prognose ebenfalls.
Birgit Lindner