Multiple Sklerose (MS) ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems. Das Zentralnervensystem (ZNS) des Menschen ist für die Koordination von Bewegungsabläufen und die Integration von äußerlichen und innerlichen Reizen zuständig.
Diese Momente sind vielleicht auch der Zeitpunkt, an dem MS-Patient*innen über eine Patientenverfügung nachdenken sollten. Eine solche Verfügung legt vorsorglich fest, ob und inwieweit Patient*innen ärztliche Behandlungen oder pflegerische Maßnahmen wünschen, falls sie nicht mehr in der Lage sind, diesen Maßnahmen zuzustimmen.
Ärzt*innen und Familienangehörige müssen sich an den in der Patientenverfügung festgeschriebenen Willen halten. Allerdings muss die Patientenverfügung klar und deutlich den Willen der Person zum Ausdruck bringen, die sie ausgestellt hat.
Vor dem Verfassen einer Patientenverfügung sollten sich MS-Kranke Gedanken darüber machen, was sie sich für den Umgang mit einer schwerwiegenden gesundheitlichen Situation wünschen. Das bedeutet, die eigene Einstellung zu Leiden und auch zum Tod genau zu überdenken. Was ist wichtig, wenn ich nicht mehr selbst entscheiden kann?
Welche lebenserhaltenden Maßnahmen möchte ich? Was passiert, wenn ich lebenserhaltende Maßnahmen in der Patientenverfügung ausschließe, es aber möglich wäre, dass ich als Folge solcher Maßnahmen selbstständig weiterleben könnte? Patient*innen müssen sich darüber im Klaren sein, dass es nicht immer möglich ist, eine Voraussage über die Möglichkeiten medizinischer Maßnahmen und/oder ihre Folgen zu treffen.
Patient*innen, die sich diese Fragen nicht abschließend beantworten können, müssen keine Patientenverfügung abfassen. Es ist jedem Menschen selbst überlassen, ob er*sie eine solche Vorsorgemaßnahme trifft. Allerdings muss sich jede*r darüber im Klaren sein, dass andere die Entscheidungen für ihn*sie treffen, wenn keine Patientenverfügung vorliegt. Das kann im Einzelfall insbesondere für die Familienangehörigen schwierig sein.
Eine Patientenverfügung muss weder handschriftlich abgefasst noch notariell beglaubigt sein. Es reicht aus, einen Vordruck auszufüllen, wie er z. B. auf der Website des deutschen Bundesjustizministeriums (bmjv.de) zu finden ist. Wichtig ist jedoch, dass der Wille des Patienten/der Patientin aus der Verfügung genau ersichtlich wird und das Dokument handschriftlich unterschrieben und mit Datum versehen ist.
Eine Patientenverfügung lässt sich jederzeit ändern oder neu abfassen, wenn sich die eigenen Einstellungen und Vorstellungen verändern. Es ist sinnvoll, in regelmäßigen Abständen die eigene Patientenverfügung daraufhin zu überprüfen, ob die darin enthaltenen Feststellungen nach wie vor den eigenen Ansichten entsprechen. Eine Patientenverfügung lässt sich auch mündlich widerrufen.
In einer Patientenverfügung müssen Patient*innen sehr deutlich sagen, welche medizinischen und pflegerischen Maßnahmen sie wünschen oder ablehnen, damit ihr Wille Beachtung findet. Eine Aussage wie „Sollte ich durch eine medizinische Maßnahme ein erträgliches Leben führen können“ etwa ist nichtssagend, denn niemand weiß, was für einen anderen Menschen ein „erträgliches Leben“ ist. Ein Satz wie „Im Falle einer Demenzerkrankung möchte ich nur dann künstlich ernährt werden, wenn die künstliche Ernährung Beschwerden lindert“ hingegen ist deutlich.
Da es selbst mit vorformulierten Aussagen wie vom Bundesjustizministerium schwierig sein kann, im Vorfeld eine Entscheidung ohne eingehendes medizinisches Wissen zu treffen, sollten sich Patient*innen beim Abfassen ihrer Patientenverfügung eingehend beraten lassen, z. B. von ihrem Arzt/ihrer Ärztin oder auch von der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft.
Neben den Vorstellungen zur medizinischen und pflegerischen Behandlung sollten Patient*innen in einer Patientenverfügung auch die eigenen Wertvorstellungen, Überzeugungen, eventuell auch religiösen Anschauungen schildern. Dadurch wird für die behandelnden Mediziner*innen, aber auch für die Gerichte im Ernstfall deutlich, wie zu handeln ist.
Patient*innen sollten im Vorfeld z. B. eine*n oder mehrere Familienangehörige oder Freund*innen bestimmen, denen sie eine Vorsorgevollmacht über ihre Gesundheitsangelegenheiten erteilen, für den Fall, dass sie selbst ihren eigenen Willen nicht mehr äußern können.
Eine solche Vorsorgevollmacht kann auch auf andere Angelegenheiten des Lebens (z. B. finanzielle Aspekte) ausgeweitet werden, falls erwünscht. Außerdem sollten die in der Vollmacht festgelegten Personen wissen, wo sie die Patientenverfügung finden. Sollte eine derartige Vollmacht fehlen, kann unter Umständen gerichtlich ein*e Betreuer*in festgelegt werden.
Quelle: Befund MS 2/2021