Alkoholsucht oder Alkoholkrankheit, die auch als Alkoholismus oder Alkoholabhängigkeit bezeichnet wird, ist eine körperliche Abhängigkeit von Ethanol, das im allgemeinen Sprachgebrauch als „Alkohol“ bezeichnet wird.
Laut ICD, der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, kann eine Alkoholsucht diagnostiziert werden, wenn mindestens drei von sechs Kriterien erfüllt werden, die auf eine Alkoholsucht hindeuten.
Zu den Kriterien, die zur Diagnose „Alkoholsucht“ führen, gehört ein starker Wunsch oder Zwang, Alkohol zu trinken. Dabei ist die Menge an konsumiertem Alkohol so wenig kontrollierbar wie Beginn oder Ende des Konsums. Wird der Konsum eingestellt oder reduziert, treten körperliche Entzugserscheinungen auf. Generell entwickelt der Körper eine immer größere Toleranz gegenüber Alkohol. Um den gleichen Rauschzustand zu entwickeln, muss eine stetig wachsende Menge Alkohol getrunken werden. Berufliche und private Tätigkeiten werden zugunsten des Alkoholkonsums, dessen Beschaffung und der Erholung von den Rauschzuständen vernachlässigt. Auch wenn von einem Arzt oder in Eigendiagnose festgestellt wird, dass der Alkoholkonsum Folgekrankheiten verursacht, wird dieser nicht eingestellt.
Ein Testverfahren, um eine eventuelle Alkoholsucht zu erkennen, ist das sogenannte „CAGE-Interview“. Wenn zwei der vier Fragen, deren Thematik durch Buchstaben die Bezeichnung des Interviews symbolisieren, mit „Ja“ beantwortet werden können, ist eine Alkoholsucht erkennbar. Die C (Cut Down)-Frage lautet „Haben Sie (erfolglos) versucht, Ihren Alkoholkonsum einzuschränken?“. Die A (Annoyed)-Frage hinterfragt, ob andere Personen das Trinkverhalten des Untersuchten schon einmal kritisiert und den Betroffenen damit verärgert haben. Die G (Guilty)-Frage überprüft, ob der Betroffene schon einmal Schuldgefühle wegen seines Alkoholkonsums hatte. Die E (Eye opener)-Frage fragt den Interviewten, ob er schon einmal direkt nach dem Aufstehen getrunken habe, um Motivation oder Beruhigung zu erlangen.
Ein weiterer Fragenkatalog ist das sogenannte Trierer Alkoholismusinventar (TAI), das zur Differenzialdiagnostik von Alkoholsucht 90 Fragen beinhaltet, die für die Diagnosestellung und Behandlung von Alkoholkranken hilfreich sind. Einige Fragen betreffen dabei nur Patienten mit Partner. Eine Einstufung des Betroffenen in Bezug auf die Dimensionen „Schweregrad“, „Soziales Trinken“, „Süchtiges Trinken“, „Motive“, „Schädigung“ sowie „Partnerprobleme wegen Trinkens“ und „Trinken wegen Partnerproblemen“ wird vorgenommen. Die Diagnosemethode ist bei einer möglichen Alkoholsucht einfach durchzuführen und bietet eine schnelle Ergebnisgewinnung. Zusätzliche Informationen zu sozialen und biografischen Merkmalen des Patienten helfen, die ermittelten Skalenwerte einzuordnen.
Ein weit verbreitetes Modell zur Diagnose und Einteilung der Verlaufsstufen von Alkoholsucht ist das Phasenmodell des US-amerikanischen Physiologen Elvin Morton Jellinek. Obwohl dieses in der Forschung mittlerweile als überholt angesehen wird, lassen sich die beobachteten Phasen bei vielen Alkoholikern diagnostizieren.
Die symptomatische Phase beschreibt das veränderte Maß und die abweichende Motivation des Alkoholkonsums im Gegensatz zu regulärem Alkoholkonsum. Der von Alkoholsucht Betroffene empfindet befriedigende Erleichterung beim Trinken und sucht aktiv nach Gelegenheiten zum Alkoholkonsum. Alkohol wird – häufig täglich – zum Ausgleich seelischer Belastungen konsumiert, die im Laufe der Zeit immer weniger anderweitig kompensiert werden können. In der Vorläuferphase treten bei hohem Alkoholkonsum auch ohne wirklichen Rauschzustand erstmals Gedächtnislücken auf und der Alkoholiker wird sich seines abweichenden Trinkverhaltens bewusst. Er beginnt heimlich zu trinken und sich seines hohen Alkoholkonsums zu schämen. Körperliche Funktionsstörungen treten auf.
In der kritischen Phase der Alkoholsucht verliert der Betroffene die Kontrolle über seinen Alkoholkonsum und hört damit erst auf, wenn er zu betrunken ist, um zu trinken oder krank ist. Er isoliert sich von sozialen Kontakten, sucht aber die Gründe dafür bei anderen und neigt zu Selbstmitleid. In der chronischen Phase der Alkoholsucht treten Krankheitssymptome, Persönlichkeitsveränderungen und Angstzustände auf. Bezüglich der Motivation für Alkoholkonsum löst die Bekämpfung der Entzugserscheinungen die Befriedigung des Rauschzustandes ab. Es können Alkoholpsychosen, Suizidgedanken und Delirien auftreten, besonders bei plötzlichem Alkoholentzug.
Bei der Diagnosestellung, die je nach Eingeständnis in die Alkoholsucht zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten im Verlauf der Krankheit auftreten kann, zeichnen sich Erscheinungsformen und Konsumtypen ab. Bei der Typologie nach Jellinek wird der so genannte Alpha-Typ als Erleichterungstrinker bezeichnet, der Alkohol trinkt, um Spannungen und Konflikte zu vermeiden. Der als Beta-Typ bezeichnete Gelegenheitstrinker pflegt einen alkoholnahen Lebensstil und trinkt bei Gelegenheiten große Mengen Alkohol. Es entstehen gesundheitliche Folgen und die Gefährdung, eine Alkoholsucht zu entwickeln, aber keine direkte Abhängigkeit.
Dagegen ist der Gamma-Typ (Rauschtrinker) abhängig, auch wenn er längere Phasen der Abstinenz zeigt. Der Delta-Typ wird als Spiegeltrinker bezeichnet, weil er tagsüber und auch nachts einen stetigen Alkoholspiegel hält, der zunächst mit kleinen, im Verlauf der Krankheit aber immer größer werdenden Mengen Alkohol hergestellt wird. Die soziale Auffälligkeit tritt erst spät ein, man spricht von einem „funktionierenden Alkoholiker“. Der auch als „Quartalstrinker“ bezeichnete Epsilon-Typ trinkt in unregelmäßig auftretenden Phasen exzessiv Alkohol bis zum Kontrollverlust und bleibt dazwischen über lange Zeit abstinent.
Barbara Kliem