Rückenschmerzen sind in der Region zwischen dem 7. Halswirbel und dem Gesäß lokalisiert. Meist ist der untere Teil des Rückens von Rückenschmerzen betroffen.
Wesentlich bei der Therapie ist es, die Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses und damit eine Chronifizierung zu verhindern. Die Prognose bei unkomplizierten Rückenschmerzen ist gut, wenn die Patienten aktiv mitarbeiten und therapiewillig sind.
Durch die Therapie sollen die Patienten in erster Linie schmerzfrei gehalten werden, um ihnen wieder Beweglichkeit im Alltag zu sichern. Denn nur so kann man den Teufelskreis aus Schmerzen, Schonhaltung, Verspannungen, Fehlhaltung und erneutem Schmerz durchbrechen.
Der Begriff „Schmerzgedächtnis“ beinhaltet die Fähigkeit des Nervensystems, eine „Erinnerungsspur“ für eine eingetretene schmerzhafte Reizung durch das ganze Nervensystem zu legen“ (Max-Planck-Institut für Psychiatrie).
Ständige unbehandelte Schmerzreize sind nach der Deutschen Gesellschaft Schmerztherapie (DGS) im Nervensystem für den Betroffenen präsent, brennen sich ein und beeinträchtigen ihn in seinen Handlungen, seinem Körper und seiner Seele.
Vielmehr ist regelmäßige Bewegung zur Kräftigung der Muskulatur und für den Erhalt der Beweglichkeit wesentlich. Starke Schmerzen verhindern oft die dazu erforderliche Krankengymmnastik, deshalb ist zumindest im akuten Stadium eine ausreichende Schmerztherapie notwendig.
Der Arzt sollte möglichst den Patienten dazu bewegen, aktiv an der Therapie mitzuwirken, um möglichst bald seinen Alltag wieder meistern, die alltägliche Aktivität wieder aufnehmen zu können. Für Patienten mit chronischen Rückenschmerzen bedeutet dies auch, sportliche Aktivitäten schnell wieder aufnehmen zu können, damit die Beschwerden möglichst schnell geringer werden. So reduzieren sich auch Arbeitsunfähigkeitszeiten (Krankschreibungen).
Eine Schmerztherapie ist vor allem in den ersten zwei Wochen, während des akuten Schmerzes, anzuraten, damit die Fähigkeit für Bewegungen im Alltag ermöglicht und erleichtert wird.
Bei leichten Rückenschmerzen ohne Beteiligung der Nervenwurzeln ist Paracetamol nach den DEGAM-Leitlinien Kreuzschmerzen Therapie der Wahl. Da Paracetamol nur eine leichte schmerzlindernde Wirkung hat, kann es sein, dass es nur eingeschränkt hilft. Für diesen Fall rät das Forum Schmerz, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zu verwenden. Zu dieser Gruppe gehören die Wirkstoffe Azetylsalizylsäure, Ibuprofen und Diclofenac. Hier besteht allerdings bei dauerhaftem Einsatz die Gefahr von Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt und die Nieren. Besteht ein erhöhtes Risiko für Magenkomplikationen, kann die vorbeugende Gabe des Wirkstoffs Omeprazol hilfreich sein.
Weiterhin stehen noch die spezifischen COX-2-Hemmer zur Verfügung, die zwar keine Nebenwirkungen im Bereich des Magens haben, jedoch das Herzinfarktrisiko bei Patienten mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Können NSAR in der Therapie wegen ihrer Nebenwirkungen oder weil sie nicht vertragen werden, nicht eingesetzt werden, besteht noch die Möglichkeit auf schwache Opioide auszuweichen. Die Wirkstoffe Tramadol oder Tilidin/Naloxon haben ein suchterzeugendes Potenzial, es kann zu Übelkeit, Erbrechen oder Müdigkeit kommen. Nach zwei Wochen klingen diese Nebenwirkungen zwar meist ab, Verstopfungen können aber entstehen, die mit Abführmitteln behandelt werden können. Zusätzlich sind hier eine Ernährungsumstellung mit ballaststoffreicher Kost und der Zufuhr von ausreichenden Mengen Flüssigkeit und nach Möglichkeit viel Bewegung hilfreich.
Ist eine Nervenwurzel eingeklemmt oder lassen sich die starken Nervenschmerzen mit einfachen Schmerzmitteln nicht beherrschen, kann der Arzt örtlich betäubende Mittel mit oder ohne Kortison einsetzen. Das entzündungshemmende Kortison wird dabei direkt in das schmerzende Areal gespritzt. Danach klingen die Beschwerden meist schnell ab. Die Therapie mit Kortison sollte nach dem Forum Schmerz jedoch nur kurzfristig erfolgen, weil sie einige Nebenwirkungen aufweist.
Chronische Rückenschmerzen sind Schmerzzustände, die nach den DEGAM-Leitlinien Kreuzschmerzen seit 12 Wochen und mehr bestehen. Einige Autoren bezeichnen auch schon Rückenbeschwerden über mehr als sechs Wochen als chronisch oder subakut. Während dieser Zeit können sie an- und abfluten und an Intensität zu- und abnehmen.
Jeder akute Schmerz kann früher oder später chronisch werden, deshalb wird vom Forum Schmerz empfohlen, möglichst frühzeitig mit einer Therapie von Rückenschmerzen zu beginnen.
Seit 1986 erfolgt die Therapie chronischer Schmerzen nach dem Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die WHO unterscheidet drei Stufen bei der chronischen Schmerztherapie: die Behandlung mit leichten, mittelstarken und starken Schmerzmitteln. Eine individuelle Abweichung vom WHO-Stufenschema ist natürlich möglich. Die Behandlung hat primär das Ziel, die Patienten wieder voll für den Alltag einsatzfähig zu machen und sie weitestgehend von ihren Beschwerden zu befreien.
Medikamente der Stufe I umfassen demnach Mittel mit schmerzstillender, fiebersenkender und entzündungshemmender Wirkung. Das sind Präparate der oben genannten NSAR-Gruppe mit z.B. den Wirkstoffen Ibuprofen und Diclofenac.
Morphinhaltige Mittel, sogenannte schwache Opioide, gehören dann der Stufe II an. Sie werden eingesetzt, wenn Präparate der Stufe I keine Wirkung zeigen. Oder aber die Kombination von schwachen Opioiden mit Medikamenten der Stufe I ist nötig, um eine Linderung der Schmerzen zu erreichen, da beide Substanzgruppen über unterschiedliche Wirkmechanismen verfügen. Zu den schwachen Opioiden gehören Tramadol oder Tilidin/Naloxon. Diese schwachen Opioide der Gruppe II werden nach dem Forum Schmerz so lange gegeben, bis die von ihnen erzielte Schmerzreduktion ausreicht oder bis zum Erreichen der Höchstdosis.
Danach werden in Stufe III stark wirksame Opioide wie Morphin oder Fentanyl eingesetzt. Opioide können auch über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden, ohne dass sie ihre Wirkung verlieren oder wie andere Schmerzmittel Schäden an anderen Organen (z.B. Magen-Darm-Trakt) verursachen.
Bei der Gabe von Medikamenten der Stufe III werden vor allem lange wirksame Medikamente bevorzugt. Es gibt dafür Retard-Kapseln, die sich nur langsam im Magen und Darm auflösen. Damit wird auch die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessert. Außerdem ist ein opioidhaltiges Membranpflaster entwickelt worden, das den Wirkstoff Fentanyl enthält. Man bezeichnet diese Therapie als transdermale Therapie. Der Wirkstoff wird bei dieser bevorzugten Therapieform der Stufe III chronischer Rückenschmerzen gleichmäßig von der Haut ins Blut abgegeben. So wird der Magen-Darm-Trakt geschont. Durch die Entwicklung des Pflasters und durch seine große Akzeptanz durch die Patienten sowie den enormen Zugewinn an Lebensqualität hat sich diese Form der Schmerztherapie durchgesetzt.
Die Schmerztherapie dient auch dazu, den Patienten so bald als möglich wieder eine Aufnahme ihrer Alltagsaktivitäten zu ermöglichen. Nach ca. zwei Tagen sollten Patienten nicht mehr Bettruhe halten, weil ein Verharren in starrer Position über einen längeren Zeitraum zu Muskelverspannungen führt und den Teufelskreis von Schmerz, Vermeidungsverhalten (Schonhaltung) und weiterem Schmerz auslöst. Körperliche Bewegung steigert die Leistungsfähigkeit des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates, hilft Muskeln zu kräftigen, ist Balsam für die Seele – Stress wird abgebaut – und hilft bei Verspannungen.
Bereits kleine Aktivitäten sind ausreichend, wobei keine sportlichen Höchstleistungen erwartet werden. Ein Spaziergang trägt z.B. zur Lockerung der Muskulatur bei, regt den Kreislauf an und ist gut für die Stimmung. Bei schlechtem Wetter fördert beispielsweise auch gezielte Gymnastik zur Stärkung der Rückenmuskulatur die Aktivität. Ausdauersportarten wie Nordic Walking, Schwimmen, Radfahren, Wandern oder Tanzen sind zur Vorbeugung von Rückenschmerzen besonders zu empfehlen. Sportliche Aktivität hat ferner den Nebeneffekt, dass überflüssige Pfunde – Übergewicht belastet den Rücken zusätzlich – verschwinden.
Gerade bei chronischen Schmerzen helfen psychotherapeutische Maßnahmen. Bestimmte Risikofaktoren sind für die Entstehung von Rückenschmerzen förderlich. Psychosoziale Faktoren wie das familiäre Umfeld, ein belastender Arbeitsplatz, eine depressive Grundstimmung, herunterspielendes Verhalten und die Unfähigkeit, seine Mitmenschen über die Stärke der Schmerzen zu informieren, gehören zu diesen Risikofaktoren.
Psychotherapeutische Maßnahmen zielen darauf ab, Stressbewältigung zu erlernen, Entspannungstechniken zu vermitteln und die individuelle Persönlichkeit zu stärken.
Den Alltag mit eventuellen Konfliktsituationen zu meistern, dazu dienen folgende Entspannungsverfahren:
Nach den in der GERAC-Studie veröffentlichen Ergebnissen können regelmäßige Akupunktur Patienten mit Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule deutlich helfen. Die bislang größte und nach strengen wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Studie der German acupunctur trial (GERAC) bescheinigt der nach traditoneller chinesischer Medizin (TCM) durchgeführten Akupunktur eine gute Wirkung. Nach zehn 30-minütigen Sitzungen hatten 47,6% der 387 Patienten auf die echte Akupunktur angesprochen.
Akupunktur bei chronischen Knie- und Rückenschmerzen ist nach einigen die Wirkung der Akupunktur bestätigenden Studien in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen. Die GERAC-Studien zeigten, dass Körperakupunktur zu einer deutlichen Besserung der Schmerzsymptomatik und dem damit verbundenen Schmerzmittelkonsum führte.
Physiotherapeutischen Maßnahmen bescheinigen die DEGAM-Leitlinien Kreuzschmerz eine nachgewiesene Wirksamkeit bei der Therapie von Rückenschmerzen. Folgende Maßnahmen stehen der Physiotherapie zur Verfügung:
Bei der Krankengymnastik erlernt der Patient verschiedene Übungen zur Kräftigung der Muskulatur und Fehlhaltungen sowie Bewegungsstörungen entgegenzuwirken. Mithilfe der Chirotherapie (auch manuelle Therapie) können geschulte Therapeuten Gelenkblockaden überwinden.
Der Osteopathie (Manipulationsbehandlung) bescheinigen einige Patienten ebenfalls oftmals eine gute Wirkung auf die Linderung von Rückenschmerzen. Die Rückenschule lässt den Betroffenen rückenschonende Bewegungsabläufe verinnerlichen, die im Alltags- und Berufsleben durchgeführt werden.
Nur in Ausnahmefällen und als Mittel letzter Wahl sowie bei einem schweren Bandscheibenvorfall ist eine Operation angesagt. Entweder wird hier die defekte Bandscheibe entfernt oder durch chemische Substanzen aufgelöst.
Rückenschmerzen lassen sich auch durch eine Stufenlagerung im Bett kurzfristig lindern. Der Patient liegt hierzu flach am Rücken und beugt Hüftgelenlenk und Kniegelenke um 90 Grad, z.B. über einen Schaumstoffwürfel (im Fachhandel erhältlich), gepolsterten Hocker oder mehrere Kissen. Hier werden die Wirbelgelenke optimal entlastet und der Druck auf die Bandscheiben nimmt ab.
Da jedoch auch in dieser Position über zwei Tage Schonhaltungen, Muskelverspannungen und Schwächung der Muskulatur zu befürchten sind, raten die Leitlinien von Bettruhe ab.
Birgit Lindner