Bei der Kuhmilchallergie handelt es sich um eine Überempfindlichkeitsreaktion gegenüber verschiedenen in der Milch enthaltenen Eiweißen, weshalb manchmal auch von einer Kuhmilchproteinallergie die Rede ist.
Eine Kuhmilchallergie entwickelt sich häufig bereits im Säuglingsalter. Zwischen 2 und 3 % aller Kinder sind wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge davon betroffen. Bei der Kuhmilchallergie handelt es sich um eine Überempfindlichkeitsreaktion gegenüber verschiedenen in der Milch enthaltenen Eiweißen, weshalb manchmal auch von einer Kuhmilchproteinallergie die Rede ist.
Abgegrenzt werden muss die Kuhmilchallergie von der Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz), bei der dem Körper ein Enzym zur Spaltung des Milchzuckers fehlt. Die Laktoseintoleranz äußert sich i. d. R. mit Magen-Darm-Beschwerden, die auch bei einer Kuhmilchallergie vorkommen können, aber das körpereigene Abwehrsystem bildet bei ihr keine Antikörper wie bei der Kuhmilchallergie.
Oft kann die Kuhmilchallergie bereits vor dem sechsten Lebensmonat auftreten. Eine Kuhmilchallergie äußert sich i. d. R. meistens mit Beschwerden, nachdem der Säugling die Flasche bekommen hat. Zu den Symptomen können wässriger Stuhl, Durchfall, Bauchweh, Übelkeit und Erbrechen, Gedeihstörungen, z. T. auch Blut im Stuhl oder Nahrungsverweigerung gehören. Bei manchen Kindern äußert sich die Kuhmilchallergie mit dem Anschwellen der Lippen und/oder des Gesichts, mit Ausschlag (Nesselsucht oder Urtikaria), mit Atemnot und – im schlimmsten Fall – mit einem lebensgefährlichen sog. anaphylaktischen Schock, bei dem der Kreislauf zusammenbricht.
In vielen Fällen treten die Beschwerden nicht sofort nach dem Genuss von kuhmilchhaltiger Nahrung, sondern erst ca. zwei Stunden später auf, z. B. kann sich die Hautsituation bei Säuglingen mit bereits bestehender Neurodermitis verschlechtern. Bei all den genannten Symptomen sollte der Arzt aufgesucht werden; bei Verdacht auf einen anaphylaktischen Schock sollte der Notarzt gerufen werden.
Treten die Beschwerden direkt im Zusammenhang mit dem Konsum von kuhmilchhaltigen Produkten auf, ist die Diagnosestellung für den Arzt i. d. R. vergleichsweise einfach, zumal wenn auch spezielle Antikörper im Blut gefunden werden. Kommt es erst einige Zeit nach dem Verzehr kuhmilchhaltiger Nahrung zu allergischen Symptomen, ist die Diagnose schwieriger. Oft wird das Kind dann zunächst eine Zeit lang (ca. zehn bis 14 Tage) auf kuhmilchhaltige Nahrung verzichten, um festzustellen, ob sich die Beschwerden bessern oder ganz verschwinden. Anschließend kann unter ärztlicher Aufsicht ein Provokationstest mit Kuhmilch durchgeführt werden. Kommt es zu einer Reaktion, ist eine Kuhmilchallergie wahrscheinlich.
Eine Kuhmilchallergie lässt sich nur behandeln, indem konsequent auf Nahrungsmittel verzichtet wird, die Kuhmilch enthalten. Das eliminiert die Allergie zwar nicht, aber die Beschwerden treten nicht länger auf. Bei Säuglingen, die mit der Flasche ernährt werden, bedeutet das auch den vollständigen Verzicht auf herkömmliche Säuglingsnahrung und auch auf die sog. hypoallergene (HA) Nahrung, bei der die Eiweiße in der Kuhmilch z. T. aufgespalten sind, sodass der kindliche Organismus weniger leicht mit einer Allergie darauf reagiert. Stattdessen heißt es für Eltern, zunächst auf sog. extensiv hydrolysierte Ersatznahrung, auch Hydrolysatnahrung (Abkürzung: ehF) zurückzugreifen. Bei dieser Säuglingsnahrung sind die Eiweiße noch stärker aufgespalten. Doch auch diese Säuglingsnahrung reicht manchmal nicht aus, um alle allergischen Beschwerden in den Griff zu bekommen. Dann muss eine Nahrung gefüttert werden, die auf Aminosäuren basiert. Aminosäuren nennt man die Grundbausteine der Eiweiße. Eine solche Aminosäuren-Säuglingsnahrung enthält kein Kuhmilcheiweiß mehr, aber die Eiweißbausteine, die das Kind braucht. Sojamilch enthält zwar auch kein Kuhmilchprotein, ist aber für Säuglinge nicht geeignet. Auch andere Milch, z. B. Ziegen- oder Schafsmilch, ist als Ersatznahrung ungeeignet, u. a. weil sie ebenfalls Allergien auslösen kann.
Bei sehr empfindlichen Babys können die Kuhmilcheiweißallergene aus der mütterlichen Nahrung, die in die Muttermilch übergehen, durch das Stillen ebenfalls eine Kuhmilchallergie auslösen. Dann sollte die Mutter auf Nahrungsmittel verzichten, die Kuhmilch enthalten. Allerdings sollte sie darauf achten, ihren Eiweiß- und Kalziumbedarf aus anderen Quellen zu decken.
Nicht nur Säuglinge, auch ältere Kinder und Erwachsene können von einer Kuhmilchallergie betroffen sein. Tritt die Kuhmilchallergie im Säuglingsalter erstmals auf, besteht die Möglichkeit, dass das Immunsystem des Kindes ausreift und ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr überschießend auf Kuhmilcheiweiß reagiert. Doch oft bleibt sie noch über eine Zeit lang bestehen oder aber sie tritt im Erwachsenenalter sogar erstmals auf. Damit die Beschwerden nicht mehr auftreten, muss der Betroffene auf Kuhmilch und Produkte, die Kuhmilch enthalten, verzichten.
Zu bedenken ist, dass viele Nahrungsmittel versteckt Kuhmilch enthalten können, und darüber hinaus muss der Eiweiß- und Kalziumbedarf durch andere Nahrungsmittel gedeckt werden. Zu den Nahrungsmitteln, die Kuhmilcheiweiß enthalten können, gehören u. a. Milch- oder andere süße Brötchen, Kuchen, Schokolade, alle Kuhmilchprodukte (Butter, Sahne, Kondensmilch, Buttermilch, Dickmilch, Joghurt, Käse, Milcheis usw.), aber auch Soßen, Mayonnaisen, Fleisch- und Wurstwaren u. v. m. Auf verpackten Lebensmitteln müssen Milch und Milchprodukte deklariert werden. Manchmal jedoch versteckt sich Kuhmilch unter folgenden Bezeichnungen: Milcheiweiß oder -protein, Molkeeiweiß oder -protein, Kasein und alle Zutaten, die mit der Vorsilbe Lakto- beginnen. Ab Dezember 2014 müssen zwar auch bei loser Ware die häufigsten Allergieauslöser, darunter auch Kuhmilch, gekennzeichnet werden, doch muss das nicht immer schriftlich geschehen. Deshalb sollte stets beim Bäcker, Metzger, in Gaststätten und Imbissen usw. nachgefragt werden, ob die Speisen, Kuhmilch enthalten können.
Ihren Eiweißbedarf können Kinder und Erwachsene durch Fleisch, Eier sowie pflanzliches Eiweiß decken, an dem u. a. Hülsenfrüchte, aber auch Getreide reich ist. Gute Nahrungsquellen für Kalzium sind u. a. Mineralwasser, das kalziumreich ist, mit Kalzium angereicherte Säfte oder Sojamilch oder kalziumreiche Gemüsesorten – fast alle grünen Gemüsesorten enthalten z. B. größere Mengen an dem Mineralstoff, der u. a. für die Knochengesundheit wichtig ist.
Wichtig ist, dass Kindern bewusst ist, was sie essen können und was nicht. So müssen Eltern ihnen verdeutlichen, dass sie z. B. auf Kindergeburtstagen bei der Torte und bei Süßigkeiten nicht einfach zugreifen dürfen. Selbstgebackenes ohne Kuhmilch kann dabei helfen. Süßigkeiten, die kein Kuhmilcheiweiß enthalten, sind z. B. Gummibärchen und andere Fruchtgummis, Wassereis oder Lutscher mit Fruchtgeschmack. Erzieher, Lehrer und andere Eltern sollten über die Allergie informiert werden. Das Kind sollte zudem immer ein Medikament dabei haben, das es im Notfall nehmen oder das ihm im Notfall gegeben werden kann.
Quelle: Allergikus 4/2014