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Rheumatoide Arthritis

Rheumatoide Arthritis ist eine Erkrankung, die durch schmerzende, geschwollene Gelenke charakterisiert ist. In ihrem Verlauf führt sie zu fortschreitender Gelenkzerstörung und dadurch zu zunehmenden

Rheumatoide Arthritis
© iStock - Doucefleur

Experteninterview mit Prof. Dr. Kellner

Herr Prof. Dr. Kellener, zuerst möchten wir Ihnen gerne einige persönliche Fragen stellen. Warum haben Sie sich für den Arztberuf entschieden und was hat Sie bewogen, sich auf die Rheumatologie zu spezialisieren?

Für die Medizin als Berufswahl habe ich mich entschieden, da Gesundheit zunächst einmal das höchste Gut des Menschen darstellt. Wenn man hier einen kleinen Beitrag leisten kann, dass diese im Einzelfall erhalten oder verbessert wird, ist dies eine ehrenwerte Tätigkeit. Im Studium und meiner Weiterbildung habe ich dann die Komplexität dieses Aufgabenfelds kennengelernt, die mich bis heute als Arzt und Mensch täglich herausfordert. Für die Rheumatologie habe ich mich entschieden, da es sich um eine sehr klinische Subspezialität der Inneren Medizin, für die ich mich bereits früh während meines Studiums interessiert habe, handelt. Ich sehe in diesem Fach auch viele klinische Anknüpfungspunkte zu meiner zweiten Spezialisierung als Gastroenterologe.

Was ist Ihnen besonders wichtig im Umgang mit Ihren Patienten?

Offenheit und der direkte Austausch mit dem Patienten. Erklären, Aufklären und auch das regelmäßige Gespräch mit dem Patienten sind für eine stabile Patienten-Arztbeziehung unabdingbar. Sie sind die absolute Voraussetzung für die Langzeitbetreuung der meist chronisch kranken Rheumapatienten. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Vertrauensverhältnis auch voraussetzt, den Patienten auch zu führen und selbst ein klares Konzept für Diagnostik und Therapie zu besitzen.

Haben Sie neben Ihrem Beruf andere Betätigungsfelder oder Interessen, die Ihnen als „Kraftquellen“ dienen?

Ich habe eine sehr liebenswerte Frau und sechs sehr lebendige Kinder, die mir Freude und Motivation für mein Leben und Tun sind. Ich hatte eine sehr glückliche Kindheit und Jugendzeit und wurde von meinen Eltern, die ich auch heute noch sehr schätze und liebe, in meinem bisherigen Leben geleitet. Gerne fahre ich Ski, wandere in den Bergen, fahre mit meinem Oldtimer.

Herr Prof. Dr. Kellner, Patienten und ihre Angehörigen sind häufig unsicher und überfordert mit der Entscheidung, welche der möglichen Therapieoptionen die beste für sie ist. Welche Behandlungsstrategien empfehlen Sie für Rheuma-Patienten, von welchen würden Sie eher abraten?

Die Therapie muss, unter Berücksichtigung von fachlich vorgegebenen Therapieempfehlungen oder Leitlinien, immer individuell erfolgen. Eine Therapie, die im einen Fall angemessen und richtig ist, kann bei einem anderen Patienten überflüssig, erfolglos oder sogar schädlich sein. Generell handelt es sich bei den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen meist um langfristige bzw. lebenslange Erkrankungen. Hier bedarf es einer der jeweiligen klinischen Situation angepassten Vorgehensweise. Die Therapieentscheidung muss der Patient jedoch eingebunden sein.

Welches sind Ihrer Meinung nach die erfolgversprechendsten Forschungsansätze in der Rheuma-Therapie und welche Erwartungen haben Sie bezüglich zukünftiger Möglichkeiten?

Die Einführung der zielgerichteten, remissionsinduzierenden Therapie mit Biologika in den vergangenen 10 Jahren ist sicher eine revolutionäre Weiterentwicklung bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis, der Psoriasisarthritis oder aber auch der Spondylitis ankylosans. Hier ist in den nächsten Jahren mit weiteren Fortschritten und der Einführung neuer Wirkstoffe zu rechnen.

Was sind Ihrer Ansicht nach Irrtümer im Wissen um die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises und ihre Behandlung?

Ein weitverbreiteter Irrtum ist die Meinung, dass eine alleinige symptomatische Therapie den Anforderungen einer chronisch-entzündlichen Rheumaerkrankung gerecht wird. Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen bedürfen einer regelmäßigen und langfristigen Therapie, um Schäden durch die Erkrankung zu vermeiden. Bei den degenerativen Gelenkerkrankungen, d. h. Arthrosen, wird vom Patienten häufig der Zusammenhang mit z. B. Übergewichtigkeit, die der Patient auch ohne medikamentöse Therapie beeinflussen könnte, übersehen.

Welchen Einfluss hat der Lebensstil (z. B. insbesondere die Ernährung) auf eine rheumatische Erkrankung?

Ein direkter Zusammenhang mit der Ernährung ist, abgesehen von der Übergewichtigkeit, nur bei der Gicht bekannt. Hier sollte der Patient auf purinreiche Ernährung (z. B. Innereien, schnell wachsende Hülsenfrüchte) oder auch Alkohol verzichten. Generell kann der Entzündungsstoffwechsel durch ein weniger an Fleisch und ein mehr an Fisch günstig beeinflusst werden. Eine ausgewogene Ernährung stellt jedoch für einen Rheumapatienten die beste Wahl dar.

Dürfen/sollten Rheumatiker Sport treiben und wenn ja, welche Sportarten sind geeignet und worauf ist dabei zu achten?

Rheumapatienten sollten sich generell bewegen, um die Funktion von Gelenken und Wirbelsäule zu erhalten. Sportarten mit einer erhöhten Verletzungsgefahr (z. B. Kampfsportarten) sind zu meiden. Betroffene oder geschädigte Gelenke sollten nur einer maßvollen sportlichen Betätigung ausgesetzt werden. Ausdauersportarten, z. B. Walken oder auch Schwimmen, stellen eine gute Alternative dar. Bei Bewegung im Wasser werden die Gelenke zusätzlich entlastet.

Wie schätzen Sie den Einfluss psychologischer Faktoren auf den Krankheitsverlauf ein und auf welche Weise sollten sie bei der Therapieplanung berücksichtigt werden?

Chronische Erkrankungen mit Schmerz und Einschränkung der Lebensqualität nehmen unmittelbar Einfluss auf die Psyche des betroffenen Patienten. Sie beeinflussen auch Therapieerfolg und Nebenwirkungshäufigkeit von Medikamenten. Ein regelmäßiges vertrauensvolles Gespräch mit dem betreuenden Rheumatologen kann hier ebenso hilfreich sein wie die begleitende Betreuung des Patienten durch einen Psychosomatiker oder im Rahmen einer Selbsthilfegruppe.

Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht Patientenratgeber bei der Deckung des Informationsbedarfs der Betroffenen?

Patientenratgeber werden von vielen Patienten aufgrund ihres Informationsgehaltes und ihrer patientengerechten Darstellung zum Teil komplexer Sachverhalte geschätzt und in meinem klinischen Umfeld von den Patienten täglich genutzt. Eine objektive Information ist jedoch unabdingbare Voraussetzung für einen erfolgreichen Patientenratgeber.

Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen, Herr Prof. Dr. Kellner.

Quelle: Ratgeber Rheuma 2010

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