In der medizinischen Fachsprache wird Juckreiz als Pruritus bezeichnet, das Wort entstammt dem lateinischen purire (jucken). Es beschreibt ein Jucken der Haut, wodurch ein zwanghaftes Kratzen bei den Betroffenen ausgelöst wird.
Aquagener Pruritus ist eine Juckempfindung, die nach Wasserkontakt auftritt. Der Juckreiz macht sich bemerkbar, sobald man geduscht, gebadet oder mit Wasser in Kontakt gekommen ist. Im Interview erläutert Prof. Dr. Elke Weisshaar, Uniklinik Heidelberg, was beim aquagenen Pruritus zu beachten ist.
Zuerst einmal zeichnet sich aquagener Pruritus dadurch aus, dass er nach dem Kontakt mit Wasser auftritt. Es kommt zu Juckreiz und in manchen Fällen auch zu Brennen und Stechen auf der Haut. Das kann allerdings bei anderen Juckreizarten auch der Fall sein, also, dass der Kontakt mit Wasser den Juckreiz verschlimmert. Menschen mit einem atopischen Ekzem empfinden nach dem Duschen auch eine Verschlechterung der Haut. Das bedeutet aber nicht, dass ein aquagener Pruritus vorliegt. Es gibt auch Menschen, die von einer Urtikaria betroffen sind (Nesselsucht, bei der sich Quaddeln auf der Haut bilden). Hier kann es nach dem Duschen auch zu Juckreiz und einer Verschlechterung der Haut kommen. Dann spricht man von aquagener Urtikaria. Juckreiz ist immer ein Symptom und man muss abklären, welche Erkrankung dahinter steckt.
Wer aquagenen Pruritus an sich feststellt, sollte einen Hautarzt aufsuchen, sich gründlich untersuchen und abklären lassen, ob die Ursache dahinter eine Hautkrankheit oder eine internistische Erkrankung ist. Etwa ein Drittel der Patienten können von einer Bluterkrankung betroffen sein. Auftretender Juckreiz bedarf immer einer gründlichen Untersuchung. Es gilt abzuklären, ob hämatologische oder lymphoproliferativen Erkrankungen vorliegen.
Wenn eine entsprechende Ursache gefunden wird, muss zunächst die Grunderkrankung behandelt werden. Des Weiteren sind Antihistaminika der wichtigste Bestandteil der Therapie. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist die topische Therapie mit einem Wirkstoff, der eine Desensibilisierung bewirkt. Allerdings kann die topische Therapie nur eingeschränkt angewendet werden, weil die Creme nicht auf dem ganzen Körper, sondern nur auf einzelnen Hautarealen aufgetragen werden kann. Mitunter wird die Behandlung von Betroffenen auch als unangenehm empfunden, weil die Haut brennen und sich erwärmen kann. Weitere wichtige Bestandteil in der Behandlung von Pruritus sind die UV-Phototherapie, die Alkalisierung des Badewassers und der Wirkstoff Azetylsalizylsäure (ASS).
Geht der aquagene Pruritus mit einer speziellen Hauterkrankung einher, muss die Hautpflege und Reinigung dementsprechend angepasst werden. Generell ist es bei Juckreiz empfehlenswert, den Duschstrahl nicht zu stark einzustellen und trockene Haut sollte vermieden werden. Ungünstig können sich auch Saunabesuche auswirken, weil die Haut dadurch stark aufgeheizt wird und ständigen Temperaturwechseln ausgesetzt ist.
Das Wichtigste beim Juckreiz ist es zu klären, ob hinter diesem Symptom eventuell eine schwere Krankheit steckt. Betroffene können dem Juckreiz begegnen, indem sie die vom Arzt empfohlenen Therapiemaßnahmen umsetzen und auf die Hautpflege achten. Wenn Betroffene beispielsweise schwimmen gehen möchten, kann es passieren, dass sich der Juckreiz verschlimmert. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, vorher ein Antihistaminikum einzunehmen.
Quelle: Patient und Haut 1/2015