Die Weltgesundheitsorganisation definiert Krampfadern als sackförmig oder zylindrisch erweiterte, oberflächliche Venen. Die Erweiterung der Venen kann umschrieben oder streckenförmig sein und ist meistens mit einer Schlängelung oder Knäuelbildung verbunden.
Sauerstoff- und nährstoffarmes Blut wird unter niedrigem Druck über die Venen der Beine zum Herzen gepumpt. Von dem oberflächlichen Venensystem gelangt das Blut über so genannte Verbindungsvenen (medizinischer Fachausdruck: Perforansvenen) in die tiefen Venen. Das oberflächliche, unter der Haut liegende Venensystem mündet in Höhe der Leiste und der Kniekehle in das tiefere Venensystem. Dort befinden sich auch wichtige Venenklappen.
Die Arbeit der Venen wird zum einen durch die Herzleistung und zum anderen durch das Zusammenwirken der Venenklappen sowie der Waden- und Oberschenkelmuskulatur ermöglicht. Die Betätigung der Oberschenkel- und Wadenmuskulatur führt dazu, dass die Venen zusammengepresst werden und das Blut über die Venenklappen in Richtung Herz strömt. Diesen Mechanismus ermöglicht die so genannte Muskel-Venen-Pumpe. Die Venenklappen verhindern nun einen Blutrückstrom trotz des niedrigen Drucks der Venen in die falsche Richtung.
Bei einem Blutrückfluss schließen die Klappen nicht mehr richtig. Das Blut kann dann aus den tiefer gelegenen Venen, in denen ein höherer Druck herrscht, in das oberflächliche Venensystem zurückfließen. Eine Umkehr des venösen Kreislaufs entwickelt sich – das in der Leiste von der oberflächlichen Vena saphena magna (große Rosenvene) in die tieferen Venen fließende Blut strömt umgekehrt aus den tiefen Beinvenen in die große Rosenvene über Verbindungsvenen (Fachausdruck: Perforansvenen) in die tiefen Beinvenen. Weitere Venenklappen werden defekt und leiern aus. Die Venen erweitern sich. Ein krankhafter venöser Kreislauf (Varikose) mit umgekehrtem Blutfluss und der Ausbildung von Krampfadern (Varizen) entsteht durch die überbeanspruchten Venen. An der Oberfläche der Haut sind dann zunächst Besenreiser zu sehen. Die tiefen Venen sind unter der Haut nicht sichtbar, denn sie befinden sich zwischen den Muskeln des Ober- und Unterschenkels.
Bewegt sich der Mensch, geht oder läuft er, ist die Muskelpumpe aktiv. Lange sitzende Tätigkeiten oder auch Stehen über einen längeren Zeitraum führt zum Erschlaffen der Muskel-Venen-Pumpe. Ebenfalls sind hohe Temperaturen verantwortlich dafür, dass die Pumpe versagt. Eine angeborene Bindegewebsschwäche trägt auch dazu bei, dass der Pump-Mechanismus nicht mehr richtig funktioniert. Die Venen erweitern sich durch den Blutstau sackförmig oder zylindrisch, die Klappen innerhalb der Venen sind nicht mehr fähig, zu schließen. Alter, Übergewicht und Hormone haben zudem einen entscheidenden Einfluss auf die Funktionsfähigkeit der Venenklappen.
Risikofaktoren für ein Erschlaffen der Muskel-Venen-Pumpe und damit für die Entstehung von Krampfadern (Varizen) sind:
Zu beachten ist auch der Einfluss anderer Erkrankungen auf das Venensystem: Rechtsherzschwäche, venöse Thrombosen und Leberzirrhose fördern Erkrankungen der Venen.
Besteht bereits eine Erkrankung der Venen über einen längeren Zeitraum mit den Symptomen Schwere- und Müdigkeitsgefühl in den Beinen sowie Spannungen an der Haut der Beine, nächtliche Fuß- und Wadenkrämpfe und Juckreiz an den Beinen, ist die Gefahr groß, dass der langandauernde Blutstau zu gravierenderen gesundheitlichen Problemen führt.
Die venösen Blutgefäße werden durchlässiger, Flüssigkeit – Eiweiße und Blutpigmente – treten ins Gewebe ein. Dadurch entstehen Wasseransammlungen (so genannte Ödeme), besonders im Knöchelbereich.
Von einer chronisch venösen Insuffizienz spricht man, wenn bereits über einen langen Zeitraum durch die Rückflußstörung des Blutes der Druck im venösen System erhöht ist. Dadurch ist die Haut minderversorgt, insbesondere am Unterschenkel und am Fuß. Ursache ist meist eine Thrombose im tiefen Venensystem, die den Abfluss des Blutes dort behindert. Anfangs sind eine Schwellung sowie ausgeweitete Venen im Knöchelbereich zu erkennen. Im Laufe der Zeit entsteht eine Verdickung und bräunliche Verfärbung der Haut. Wird bei älteren Menschen die Haut dünn, blutet sie bei kleinen Verletzungen. Man spricht von einer „Pergamenthaut“. Im Endstadium erscheinen venöse Geschwüre, die schwer heilen und immer wieder aufbrechen. Ein Ulcus cruris venosum, wie Mediziner dieses Geschwür bezeichnen, ist entstanden.
Das Risiko für eine tiefe Bein-Venen-Thrombose und eine Entzündung der Haut über dem durch einen Thrombus verstopften Gefäß (Mediziner sprechen von einer Thrombophlebitis) ist erhöht. Außerdem kann es durch das Übergreifen auf das tiefe Venensystem auch zu einer Lungenembolie führen. Als Komplikation ist eine oberflächliche Entzündung der Venen zu nennen. Sie wird von Medizinern als Phlebitis bezeichnet. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer Thrombose spricht man von einer Thrombophlebitis.
Birgit Lindner