Bei einer Tierhaarallergie handelt es sich um eine allergische Reaktion, die durch den Kontakt mit einem Tier entsteht. Entgegen der Bezeichnung muss es sich dabei nicht um die Haare des Tieres handeln, die als Allergieauslöser, als sogenanntes Allergen, fungieren.
Bei der Entstehung einer Tierhaarallergie handelt es sich um eine fälschlicherweise ausgelöste Immunreaktion. Das Immunsystem dient dazu, eingedrungene Erreger und Gifte unschädlich zu machen und aus dem Körper zu entfernen. Auch körpereigene, aber entartete Zellen werden vom Immunsystem aufgespürt und entfernt. Auch bei der Entstehung einer Tierhaarallergie läuft eine Immunreaktion gegen einen Bestandteil der Umwelt ab, der dem Körper nicht schaden würde und der aus diesem Grund normalerweise auch nicht vom Immunsystem bekämpft werden sollte.
Warum dies bei der Entstehung einer Tierhaarallergie dennoch geschieht, ist bisher nicht im Detail verstandenen. Zum Teil spielen bei der Entstehung einer Tierhaarallergie erbliche Faktoren eine Rolle, zum Teil bleiben aber auch die Gründe für eine Tierhaarallergie ungeklärt: man weiß nicht, warum die Entstehung einer Tierhaarallergie bei nur manchen Menschen im Laufe ihres Lebens stattfindet, während andere Menschen nicht von Tierhaarallergie betroffen sind – obwohl sich beide denselben potenziellen Allergenen aussetzen.
Allergien können nach einer von Coombs und Gell 1963 erstellten Einteilung in vier verschiedene Formen kategorisiert werden. Die Allergie vom Typ I bezeichnet eine Reaktion des Soforttyps, die auch als sogenannte Kontaktallergie bekannt ist. Der Typ II bezeichnet eine Immunreaktion vom zytotoxischen Typ, die durch bestimmte Arzneimittel ausgelöst werden kann. Typ III beschreibt eine Immunkomplexbildung, die gegen lösliche Allergene abläuft. Beim Typ IV handelt es sich um eine Allergie vom verzögerten Typ, die erst nach 24 bis 72 Stunden auftritt. Tierhaarallergien sind in der Regel Reaktionen vom Typ I. Die Entstehung der Symptome einer Tierhaarallergie findet innerhalb weniger Sekunden bis Minuten nach dem Kontakt zum entsprechenden Tier statt.
Etwa 90 % aller auftretenden allergischen Reaktionen gehören dem Soforttyp an. Diese Form der Allergie ist IgE (Immunglobulin E) vermittelt. Dabei handelt es sich um eine Art von Antikörpern, die vorwiegend gebunden auf der Oberfläche zweier Typen von Immunzellen, den Mastzellen und den basophilen Granulozyten, vorkommt. IgE wird in der sogenannten Sensibilisierungsphase einer Allergie, also während der Entstehung, gebildet, wenn B-Zellen mit dem Antigen in Kontakt kommen und aktiviert werden, wodurch eine Antikörperproduktion ausgelöst wird. Dieser Vorgang wird von den Betroffenen nicht bemerkt, weil die Sensibilisierungsphase an sich vollkommen symptomlos verläuft. Eine solche Sensibilisierung beschreibt den ersten Antigenkontakt, der zur Ausprägung einer Allergie führt. Dabei muss es sich nicht um den tatsächlichen ersten Antigenkontakt im Leben eines Menschen handeln. Es ist theoretisch möglich, jederzeit eine Tierhaarallergie zu entwickeln.
Während der Entstehung einer Tierhaarallergie findet eine Sensibilisierung im Körper statt, jeder weitere Kontakt mit dem Allergen führt von nun an zu einer Auslösungsreaktion. Dabei handelt es sich um die eigentliche allergische Reaktion, die sich anhand ihrer spezifischen Symptome zeigt. Zu einer Auslösung der Beschwerden kommt es, weil IgE-Antikörper auf Mastzellen und basophilen Granulozyten Allergene binden. Geschieht dies, leiten sie ein Signal in das Zellinnere weiter, welches eine Degranulation bewirkt. Dabei handelt es sich um eine Ausschüttung von Sekreten aus dem Zellinnneren. Die freigesetzte Granula enthält Histamin, Prostaglandine und Leukotriene, die als Botenstoffe des Immunsystems und sogenannte Entzündungsmediatoren fungieren. Sie bewirken die Entstehung der vielfältigen Symptome, die mit einer Allergie, zum Beispiel einer Tierhaarallergie, in Zusammenhang gebracht werden.
Eine Tierhaarallergie wird eigentlich fälschlicherweise als eine solche bezeichnet. Denn es sind nicht die Tierhaare an sich, die bei einer Tierhaarallergie die Probleme bereiten. Auslöser für eine Tierhaarallergie sind tierische Proteine, die aus der Haut, dem Schweiß, dem Talg, dem Speichel, dem Urin oder dem Kot stammen. Der Begriff der Tierhaarallergie stammt daher, dass bei einer Tierhaarallergie diese Proteine an den Tierhaaren haften bleiben und so über die Haare die allergieauslösenden Substanzen in die Umwelt transportiert werden. Deshalb wurden zunächst die Tierhaare selbst mit der allergischen Reaktion bei einer Tierhaarallergie in Verbindung gebracht und lange als das auslösende Allergen betrachtet, auch wenn sie selbst keine Tierhaarallergie auslösen können.
Ein Problem bei einer Tierhaarallergie sind die tierischen Allergene, die zum Teil schwebfähig sind und sich somit leicht in der Umwelt verteilen. So wurden Katzenallergene sogar an abgelegenen Orten wie beispielsweise der Antarktis nachgewiesen.
Tiere ohne Fell wie Fische, Schildkröten oder Schlangen lösen keine Tierhaarallergie aus. Neben dem Fell kann auch das Federkleid Allergene transportieren, sodass auch gegen Vögel allergische Reaktionen entwickelt werden können. Ein Sonderfall einer allergischen Reaktion auf ein Tier ist die exogen-allergische Alveolitis, die häufig als Berufskrankheit oder bei Taubenzüchtern auftritt. Dabei handelt es sich nicht um eine Reaktion vom Soforttyp, sondern um eine Allergie vom Immunkomplex- und vom verzögerten Typ. Sie ist auch unter den Begriffen Farmerlunge, Vogelhalterlunge und Befeuchterfieber bekannt.
Lydia Köper