Ist man von einer Laktoseintoleranz betroffen, wird der Milchzucker nicht im Dünndarm verstoffwechselt, sondern in den tieferen Darmregionen zu Milch- und Essigsäure sowie Kohlendioxid vergoren. Dadurch kommt es bei Betroffenen zu Symptomen wie z. B. Durchfall und Blähungen.
Manche Menschen, bei denen nach dem Genuss von Milch oder Milchprodukten Blähungen, Bauchweh, Durchfall und/oder Übelkeit auftreten, führen ihre Beschwerden auf eine Kuhmilchallergie zurück. Später stellt sich jedoch oft heraus, dass sie stattdessen von Laktoseintoleranz betroffen sind. D. h. ihr Körper ist aufgrund einer fehlenden oder einer verminderten Produktion des Enzyms Laktase nicht oder nur unzureichend in der Lage, Milchzucker (Laktose) zu verdauen.
Bei einer Kuhmilchallergie hingegen bewertet das Immunsystem des Körpers die eigentlich harmlosen Eiweiße aus der Milch als feindlich. Als Folge kommt es zu körperlichen Reaktionen, die zum Ziel haben, die Milcheiweiße unschädlich zu machen. Mit einer Kuhmilchallergie gehen unterschiedliche Beschwerden einher: So variieren von Symptomen wie bei der Laktoseintoleranz über Hautausschläge, Schwellungen der Schleimhäute bis hin zu Asthma, Atemnot und dem lebensgefährlichen anaphylaktischen Schock. Während die Symptome einer Laktoseintoleranz zwar oft unangenehm und schmerzhaft sind, kann die körperliche Reaktion bei einer Kuhmilchallergie im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein.
Eine Kuhmilchallergie tritt vor allem im Baby- und Kleinkindalter auf. Sie ist eine Allergie vom sog. Soforttyp, d. h., die Symptome treten sehr rasch nach dem Genuss von Milch oder Milchprodukten auf. Zu den häufigen Beschwerden gehören ein roter, juckender Hautausschlag um den Mund, Schwellungen im Gesicht, rote, juckende, quaddelige Hautausschläge am Körper, eine laufende Nase, Erbrechen, Durchfall und Bauchweh. In zum Glück seltenen Fällen passiert es sogar, dass ein Kind nach dem Trinken von Kuhmilch plötzlich Schwierigkeiten mit der Atmung bekommt oder sein Körper schlaff und reglos wird. Das ist ein Notfall, in dem Eltern sofort den Notarzt rufen müssen.
Besonders selten ist die Kuhmilchallergie nicht: Sie tritt wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge bei bis zu 7 % aller Kinder im Alter von bis zu zwei Jahren auf. Oft machen sich die ersten Anzeichen einer Kuhmilchallergie bereits in den ersten Lebensmonaten eines Kindes bemerkbar, spätestens jedoch, wenn ein Kind allmählich abgestillt wird und erstmals mit Kuhmilch in Säuglingsmilch Berührung kommt. Manche Kinder reagieren sogar so empfindlich auf die Eiweiße in der Kuhmilch, dass die Symptome bereits auftreten, wenn das Baby ausschließlich gestillt wird, die Mutter aber Milch getrunken oder Milchprodukte zu sich genommen hat. Vermuten Eltern, dass ihr Kind von einer Kuhmilchallergie betroffen sein könnte, sollten sie möglichst bald den Arzt aufsuchen. Dieser führt Allergietests durch, um festzustellen, ob tatsächlich eine Kuhmilchallergie Auslöser der Beschwerden ist.
In den meisten Fällen „verwächst“ sich eine Kuhmilchallergie bis spätestens zum fünften Lebensjahr, oft schon viel früher. Nur noch etwa ein Prozent aller Erwachsenen ist von einer Kuhmilchallergie betroffen.
Im Gegensatz zur Kuhmilchallergie ist die Laktoseintoleranz ein häufiges Problem von Erwachsenen. Der Grund: Normalerweise verringert sich bei Menschen die Produktion des Enzyms Laktase nach dem Abstillen und geht bis zum Erwachsenenalter fast ganz zurück. Nur in Regionen der Welt, in denen schon lange Milchwirtschaft betrieben wird, ist die Laktase auch bei vielen Menschen im Erwachsenenalter aktiv, jedoch eben nicht bei allen. Während in Deutschland Studien zufolge etwa 15–20 % aller Erwachsenen laktoseintolerant sind, sind es im asiatischen Raum – abhängig von der Region – 80 % bis 100 %, weltweit sind es rund 75 %. Milchzucker verdauen zu können, ist also weltweit gesehen die Ausnahme und nicht die Regel. Da jedoch in Deutschland und den umliegenden Ländern viele Speisen und Fertiggerichte Milch und Milchprodukte enthalten, fühlt sich die Laktoseintoleranz hier wie eine Krankheit an, obwohl sie bei der Mehrheit der Weltbevölkerung vorkommt.
Unterschieden wird zwischen primärer und sekundärer Laktoseintoleranz. Von einer primären Laktoseintoleranz sprechen die Mediziner, wenn die Laktaseproduktion mit den Jahren von selbst zurückgeht, eine sekundäre Laktoseintoleranz entwickelt sich als Folge von Erkrankungen (z. B. von chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten), bei denen es dem Darm nicht mehr gelingt, genug Laktase herzustellen, um den in der Nahrung enthaltenen Milchzucker zu verdauen. Die Laktoseunverträglichkeit und Kuhmilchallergie können auch gemeinsam vorkommen. Während eine Kuhmilchallergie jedoch behandelt werden kann, bleibt eine Laktoseunverträglichkeit lebenslang bestehen.
Diagnostiziert der Arzt eine Kuhmilchallergie oder eine Laktoseintoleranz, heißt es bei der Kuhmilchallergie zunächst, völlig auf Milch und Milchprodukte zu verzichten, bei der Laktoseintoleranz hingegen können i. d. R. Milchprodukte weiter konsumiert werden, die keine oder nur noch wenig Laktose enthalten. Die Kuhmilchallergie wird meistens durch eine sog. Hyposensibilisierung behandelt. Dabei erhalten die Betroffenen unter ärztlicher Aufsicht eine geringe Menge Kuhmilch, sodass sich der Körper an die darin enthaltenen Eiweiße gewöhnen kann und sie nicht länger als fremd erkennt und angreift. Die „Dosis“ wird nach und nach gesteigert, bis Milch in einer gewissen Menge vertragen wird. Danach sollten die Betroffenen auch weiterhin nahezu jeden Tag Milch zu sich nehmen, damit der Körper nicht erneut allergisch reagiert. Bei den meisten Betroffenen zeigt eine solche Hyposensibilisierung nach einiger Zeit Wirkung. Menschen, bei denen das nicht der Fall ist, müssen ihr Leben lang auf Milch und Milchprodukte verzichten, wollen sie allergische Reaktionen vermeiden.
Bei der Laktoseintoleranz hingegen heißt es, Milch und Nahrungsmittel, die Milchzucker beinhalten, weitgehend wegzulassen. Ihre Ernährung auf eine völlig laktosefreie Kost umstellen müssen allerdings die wenigsten Betroffenen, in den meisten Fällen reicht es aus, sich laktosearm zu ernähren, um beschwerdefrei zu werden. In besonderen Situationen – etwa bei Essenseinladungen – können Menschen mit Laktoseintoleranz ihrem Körper Laktase in Tablettenform zuführen, damit sie die Laktose aus der Nahrung besser vertragen.
Wer aufgrund einer Kuhmilchallergie oder einer Laktoseintoleranz auf Milchprodukte (weitgehend) verzichten muss, hat es bei der Auswahl von Lebensmitteln nicht leicht. Denn viele Nahrungsmittel enthalten Milch oder zumindest Milchzucker. Frei von Laktose sind alle Obst- und Gemüsesorten, Eier, Nüsse, Hülsenfrüchte, Fleisch (Vorsicht bei verarbeiteten Produkten wie Bratwurst!), Fisch (ohne Panade und sonstige Zusätze) und Getreidesorten. Auch Nudeln und Reis enthalten keine Laktose. In vielen verarbeiteten Nahrungsmitteln kommt hingegen Laktose vor, etwa in Fertigsoßen, in vielen Backwaren (z. B. Kuchen, Milchbrötchen), in Fertiggerichten, in Wurst und in den meisten Käsesorten sowieso. Sahne, Quark und Joghurt enthalten genauso Laktose wie Butter oder Schokolade. Für Kuhmilchallergiker sind Käse aus Kuhmilch, Quark, Schokolade etc. ohnehin tabu.
Wer wissen möchte, ob ein Produkt Milch oder Laktose enthält, muss daher auf die Zutatenliste sehen. Dort muss mit Fettschrift oder auf andere Art und Weise deutlich hervorgehoben werden, ob das jeweilige Produkt Milch oder Laktose enthält. Diese Kennzeichnungspflicht gilt übrigens auch für Waren, die unverpackt (z. B. an der Ladentheke oder im Restaurant) verkauft werden. Auf Wunsch muss dem Kunden eine Liste der Zutaten zur Verfügung gestellt werden, wenn in der Auslage nicht gekennzeichnet ist, ob ein Produkt Milch oder Milchzucker enthält.
Quelle: allergikus 4/2015