„Apnoe“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „ohne Atmung“. Während des Schlafes kommt es zu Atemaussetzern. Dauern die Atemaussetzer länger als 10 Sekunden, spricht man von einer Schlafapnoe.
Wachen Patienten von ihrem lauten Schnarchen auf, ertönt nach einem Atemaussetzer ein extrem lauter Schnarch, sind die Schnarchtöne unregelmäßig, wird der regelmäßige Atemrhythmus unterbrochen – was meist vom Partner festgestellt wird und mindestens 10 Atemstillstände pro Stunde betrifft –, liegt der Verdacht auf eine Schlafapnoe nahe.
Leiden die Betroffenen zudem unter starker Tagesmüdigkeit, Einschlafneigung mit Konzentrations- und Leistungsmangel, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Erste Anlaufstelle ist ein Lungenfacharzt, ein Internist oder ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Die Diagnose wird über tragbare Messgeräte, die während des Schlafs beispielsweise die Sauerstoffsättigung im Blut aufzeichnen, erhärtet.
Sehr wichtig zur Stellung der Diagnose Schlafapnoe ist die Anamnese (Befragung zur Krankengeschichte) der Betroffenen. Der behandelnde Arzt ist auf die Angabe wichtiger Informationen durch den Patienten bzw. dessen Angehörige angewiesen. Zunächst wird der Arzt den Patienten zu seiner Krankengeschichte und seinen Beschwerden befragen. Gleichzeitig wird er den Rachenraum nach sichtbaren Veränderungen untersuchen, die die Atemwege verengen. Um ein genaues Bild von den Schlaf- und Wachgewohnheiten zu bekommen, ist meist eine Fremdanamnese durch den/die Partner/-in nötig. Besteht der Verdacht auf eine Schlafapnoe, wird der Betroffene in ein schlafmedizinisches Zentrum überwiesen.
Experten untersuchen im Schlaflabor die Schlafgewohnheiten des Patienten. Eine ambulante Polysomnografie kann die Diagnose untermauern. Bei dieser Form der Diagnostik erhalten Betroffene vom Arzt ein Gerät, das u. a. nachts während des Schlafs ein Elektrokardiogramm (EKG) ableitet, die Schnarchgeräusche aufzeichnet und den Atemfluss in Mund und Nase misst. Anhand der Auswertungen kann der Arzt oft bereits eine Schlafapnoe diagnostizieren. Mittlerweile gibt es auch Apps fürs Smartphone, die das Schlaf- und Schnarchverhalten analysieren können. Diese können bereits vor dem Arztbesuch erste Hinweise auf eine Schlafapnoe geben.
U. U. muss der Betroffene während der Diagnosestellung zwei Nächte in der Schlafklinik verbringen. Ermittelt werden dort unter anderem die Atemfrequenz (die Häufigkeit der Atmung), der Sauerstoffgehalt im Blut, Atemgeräusche wie das Schnarchen, die Herzschläge über ein Echokardiogramm (EKG) und die Hirnstromkurve über ein Elektroenzephalogramm (EEG). Die Auswertung dieser polysomnographischen Daten (Apnoe-Index (AI) – dieser ergibt sich aus den Atempausen pro Schlafstunde – , Muskelaktivität, Augenbewegungen, Arm- und Beinbewegungen u. a. charakteristische Werte) erlaubt dann die Diagnose des Schlafapnoe-Syndroms und anschließend die Abstimmung der optimalen Therapieform. Bei einem Apnoe-Index (AI) von mehr als 20 liegt z. B. ein schwergradiges Apnoe-Syndrom vor.
Im schlafmedizinischen Labor stehen technische Systeme zur Verfügung, die eine Aufzeichnung des Schlafs erlauben. Verschiedene Hilfsmittel kommen zur Überwachung und Registrierung der Atmung zum Einsatz. So wird zum Beispiel eine Beatmungsmaske verwendet, die sowohl Mund- als auch Nasenbereich abdeckt. Zur Messung der Anstrengung während des Atmens werden Gurte mit Dehnungssensoren um den Brustkorb und den Bauch des Betroffenen gelegt. So werden die Atembewegungen des Brustkorbes und des Bauches (Abdomen) sowie die Körperlage des Patienten gemessen bzw. ermittelt (Cardiorespiratorische Polygraphie).
Sensoren, die am Ohrläppchen oder am Finger angelegt werden, können jede einzelne Apnoephase ermitteln. Anhand dieser Werte lässt sich ersehen, wie weit der Sauerstoffgehalt im Blut absinkt. Auch die Temperatur der ein- und ausströmenden Atemluft wird über Temperatursensoren gemessen, um festzustellen, ob und in welchen Stadien des Schlafs Apnoen auftreten.
Anhand der Geschwindigkeit, mit der die Patienten einschlafen bei der Aufforderung zu einem mehrmaligen Kurzschlaf von 20 Minuten am Tag, wird die Tagesschläfrigkeit ermittelt. Der Test nennt sich Multipler-Schlaf-Latenz-Test (MSLT). Auch andere Erkrankungen, bei denen auch Tagesschläfrigkeit auftritt, wie die Narkolepsie, können dadurch ausgeschlossen werden.
Um zu verstehen, was beim Schlafapnoe-Syndrom außer Kontrolle gerät, ist eine kurze Zusammenfassung der bei der Atmung beteiligten komplexen Prozesse sinnvoll. Das Hormonsystem, viele Strukturen des peripheren (weg vom Zentrum – Gehirn) Nervensystems und zentralnervöse Funktionssysteme legen elementare Parameter der Atmung wie die Tiefe der Atmung (Atemvolumina), die Häufigkeit der Atmung (Atemfrequenz) und die Zusammensetzung der Blutgase fest. Der Kreislauf und seine Regulation stehen in Wechselwirkung mit diesen Parametern. Im Schlaf fallen alle willkürlichen Steuerungsmechanismen der Atmung weg, die tagsüber z.B. beim Sprechen, Singen oder Schlucken bewusst gesteuert werden. Sämtliche Atemkenngrößen ändern sich erheblich beim Übergang vom Wachzustand zum Schlaf.
Bei einem Atemstillstand während des Schlafs kommt es aufgrund der verminderten Sauerstoffversorgung zu einer automatischen Weckreaktion des Körpers. Der Betroffene wacht zwar meist nicht richtig auf, allerdings zwingt das Gehirn den Körper durch vermehrte Hormonausschüttung von Kortisol und Adrenalin – ähnlich einer Stressreaktion – zu erhöhter Aktivität. Die Herzfrequenz wird beschleunigt, die Muskelaktivität im Halsbereich nimmt wieder zu und damit werden die Atemwege schließlich geöffnet. Diese Weckreaktion des Körpers bezeichnet man in Fachkreisen auch als „Arousal“.
Setzt die Atmung dann wieder ein, hört man tiefe Atemzüge. Meist war die Aufweckreaktion so kurz, dass sich die Patienten nicht daran erinnern können. Die Folge dieser Arousals, die z. B. bei der obstruktiven Schlafapnoe hundertfach auftreten können und ca. zehn Sekunden bis zu zwei Minuten dauern, ist ein gestörter Schlaf, der zu ausgeprägter Tagesmüdigkeit führt. Als medizinisch bedeutsame Schlafstörung zählt nach den Leitlinien „Nicht erholsamer Schlaf“ die Schlafapnoe zu den Dyssomnien. Der Tiefschlaf und der Traumschlaf (REM-Schlaf, Rapid-Eye-Movement) sind erheblich reduziert.
Birgit Lindner
allergikus 1/2018