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Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Der Begriff Alpha-1-Antitrypsin-Mangel bezeichnet eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung. Ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel kann sich schädigend auf Lunge und Leber auswirken.

Alpha-1-antitrypsin Mangel
© iStock - peterschreiber.media

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Der Begriff Alpha-1-Antitrypsin-Mangel bezeichnet eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung. Dieser Mangel bleibt in der Regel unentdeckt bis erste Krankheitszeichen an Lunge oder Leber auftreten. Alpha-1-Antitrypsinmangel gilt neben anderem als möglicher Auslöser für ein Lungenemphysem. Auch Lebererkrankungen bei Kindern bis hin zur Leberzirrhose haben ihre Ursache nicht selten in diesem Mangel.

Das Schutzeiweiß Alpha-1-Antitrypsin

Alpha-1-Antitrypsin ist eine Art Schutzeiweiß. Es wird vor allem in der Leber gebildet, kommt jedoch im ganzen Körper vor. Insbesondere in der Lunge hat es eine wichtige Funktion, da diese direkt mit der Außenwelt in Kontakt steht. Beim Einatmen gelangen nämlich viele verschiedene Stoffe, darunter auch mögliche Krankheitserreger, in die Lunge. Um diese unschädlich zu machen, besitzt die Lunge verschiedene Abwehrmechanismen. Neutrophile Granulozyten, eine Unterart der weißen Blutkörperchen, beispielsweise setzen verschiedene Stoffe frei, die die Krankheitserreger zerstören. Allerdings greifen diese Stoffe auch körpereigenes Gewebe an und „verdauen“ dieses.

Wer entdeckte den Alpha-1-Antitrypsin-Mangel?

1963 erforschten die Dänen Carl-Bertil Laurell und Sten Eriksson die Ursache von Lungenemphysemen an der Universität Lund in Schweden. Dabei entdeckten sie, dass 5 von 1500 Proben einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel aufwiesen. Drei der fünf Proben stammten von Menschen, die bereits in jungen Jahren ein Emphysem entwickelt hatten. Bei ihren weiteren Forschungen untermauerten sie die Vermutung, dass der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel für die Entstehung eines Lungenemphysems mitverantwortlich ist. Aufgrund dieser Entdeckung spricht man auch vom Laurell-Eriksson-Syndrom. Weitere Synonyme für den Alpha-1-Antitrypsin-Mangel sind Alpha-1-Proteinase-Inhibitor-Mangel, AAT-Defizit oder einfach ATM.

Was ist die Aufgabe von Alpha-1-Antitrypsin?

Finden in unserem Körper Entzündungsprozesse statt, so schüttet unser Immunsystem Abwehrstoffe aus, sogenannte Proteasen. Diese bekämpfen die Entzündung, in dem sie das erkrankte Gewebe angreifen. Ist die Entzündung verheilt, sollten die Proteasen ihre Arbeit einstellen. Um dies zu garantieren, schüttet unser Körper nun Alpha-1-Proteinase-Inhibitoren (Alpha-1-Antitrypsin) aus. Das Alpha-1-Antitrypsin (AAT) schaltet Stück für Stück die Proteasen aus und schützt so das gesunde Gewebe. Liegt nun ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel vor, funktioniert dieses System nicht mehr. Ein Ungleichgewicht von Proteasen und Protease-Hemmern entsteht. Das führt im Laufe der Erkrankung dazu, dass die Proteasen überhand nehmen und auch gesundes Gewebe angreifen. Vornehmlich passiert dies in Lunge und Leber, sodass ein Lungenemphysem oder eine Leberzirrhose die Folge sein können.

Wie wird der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel vererbt?

Der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist genetisch bedingt und kann über Generationen hinweg vererbt werden. Es handelt sich dabei um einen rezessiven Gendefekt. Da bei jedem Menschen die Erbinformationen doppelt vorliegen, muss das Kind jeweils ein defektes Gen von jedem Elternteil erben, damit die Erkrankung ausbricht. Erhält der Nachwuchs z. B. nur ein defektes Gen von einem seiner Eltern, wird er zwar Träger des Gendefekts und kann ihn somit ebenfalls weitervererben, aber die Auswirkungen des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels zeigen sich nicht oder nur in sehr geringem und nicht beeinflussendem Maße.

Nicht selten wissen die Betroffenen gar nicht, dass sie den Gendefekt in sich tragen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Erkrankung vererbt, liegt bei 25 %. Es ist also keine Seltenheit, wenn eine oder sogar mehrere Generationen übersprungen werden, bevor das erste Kind mit einem doppelten geschädigten Gen zu Welt kommt und entsprechende Symptome eines Alpha-1-Antitrypsin-Mangels zeigt.

Wie ist die Verbreitung von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel?

Es wird vermutet, dass weltweit etwa 116 Millionen Menschen das defekte Gen in sich tragen. Bei über 4 Millionen der Gesamtbevölkerung tritt der Alpha-1-Antritypsin-Mangel zu Tage. Es sind Menschen des homozygoten Typs, die von beiden Elternteilen das defekte Gen geerbt haben. Europaweit sind schätzungsweise einer von 2000 bis einer von 7000 Menschen von diesem Gendefekt betroffen. In Deutschland leiden rund 12.000 Betroffene unter den Auswirkungen des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels.

Welche Symptome treten bei einem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel auf?

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel kann sich schädigend auf Lunge und Leber auswirken. Dabei sind in der Regel entweder Lunge oder weniger häufig die Leber betroffen. In äußerst seltenen Fällen können aber auch beide Organe in Mitleidenschaft gezogen sein.

Schädigung der Lunge: Durch den Mangel an Alpha-1-Antitrypsin wird im Laufe der Erkrankung das Lungengewebe angegriffen. Die empfindlichen Lungenbläschen werden zerstört. Dies kann bis zum Lungenemphysem führen. Die Betroffenen leiden unter Atemnot und Kurzatmigkeit. Dadurch sinkt nicht selten die Sauerstoffversorgung im Blut. Die Folge sind Blaufärbungen der Finger- und Zehennägel oder auch der Schleimhäute. Wassereinlagerungen im Gewebe oder auch ein trockener Reizhusten können Begleiterscheinungen sein. Nicht selten leiden die Betroffenen im Vorfeld unter häufigen Atemwegsinfekten, die auch in eine chronische obstruktive Bronchitis (COPD) münden können.

Schädigung der Leber: Alpha-1-Antitrypsin wird hauptsächlich in der Leber produziert. Ist diese Produktion nun durch den Gendefekt gestört, bildet die Leber kein funktionsfähiges Alpha-1-Antitrypsin, sondern ein verändertes Molekül, welches sich in der Leber anreichert. In der Folge leiden die Betroffenen unter einer chronischen Hepatitis, die sich sogar bis zu einer Leberzirrhose ausweiten kann. Diese Lebererkrankungen machen sich bereits im Kindesalter bemerkbar. Die Symptome hierbei sind eine Gelbfärbung der Haut, Wassereinlagerungen im Gewebe oder Störungen der Blutgerinnung.

Wie ist die Prognose bei Alpha-1-Antitrypsin-Mangel?

Verringert sich durch den Gendefekt die Synthese von Alpha-1-Antitrypsin, verliert der Körper die Möglichkeit, die Enzyme (Proteasen), die gegen Entzündungsprozesse in unserem Körper arbeiten, nach getaner Arbeit zu stoppen. Mit der Zeit verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Proteasen und Protease-Inhibitoren zu Gunsten der Proteasen. Im weiteren Verlauf beginnen die Enzyme des Immunsystems gesundes Gewebe anzugreifen. Lunge und Leber sind hier die am stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Organe. Dies kann bis zu einem lebensbedrohlichen Lungenemphysem oder einer Leberzirrhose führen. Bei schweren Krankheitsverläufen kann den Betroffenen nur noch eine Organtransplantation helfen.

Ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist nicht heilbar

Daher müssen Betroffene lebenslang idealerweise von einem Lungenfacharzt behandelt und überwacht werden. Ziel der Behandlung ist es, das Fortschreiten der Krankheit und den Abbau weitere Lungenbläschen zu verhindern sowie die Beschwerden lindern.

Einer der Eckpfeiler der Therapie ist die Raucherentwöhnung. Denn der Tabakrauch beschleunigt die Zerstörung der Lungenbläschen. Des Weiteren sind kurz oder lang wirksame bronchienerweiternde Medikamente, Langzeit-Sauerstofftherapie, nicht-invasive Beatmung, Impfungen, pneumologische Rehabilitation und Lungentransplantation möglich.

In schweren Fällen erhalten Betroffene eine Substitutionstherapie, d. h., das fehlende Alpha-1-Antitrypsin wird ersetzt (substituiert). Hierfür erhalten die Betroffenen das Schutzeiweiß einmal in der Woche als Infusion. Die Alpha-1-Antitrypsin-Konzentration im Blut normalisiert sich dadurch und eine weitere Zerstörung der Lungenbläschen kann verhindert werden.

Leben mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Menschen mit der Stoffwechselerkrankung haben verschiedene Möglichkeiten, den Krankheitsverlauf zu beeinflussen:

  • Verzicht auf das Rauchen. Auch Passivrauchen ist gefährlich.
  • Meiden von offenen Kaminen, Lagerfeuern oder Feuerwerkskörper. Die Partikel, die hierbei entstehen, sind schädlich und können dazu beitragen, dass sich die Lungenfunktion verschlechtert.
  • Meiden von Berufen mit hoher Feinstaubbelastung wie z. B. Lackierer, Bäcker, Konditor, Frisör etc.
  • Regelmäßiges Händewaschen schützt vor Infektionskrankheiten.
  • Regelmäßige Impfungen schützen (z. B. gegen Grippe, Pneumokokken).
  • Meiden von großen Menschenmengen und erkälteten Personen.
  • Regelmäßige und schonende Bewegung. Sportarten wie Wandern, Radfahren oder Walken sind ideal.
  • Teilnahme an Lungensportgruppen.
  • Ausgewogen und gesunde Ernährung
  • Unter- und Übergewicht belasten, daher sollte ein normales Körpergewicht angestrebt werden.
  • Meiden von Stress. Entspannungsübungen wie autogenes Training, Yoga oder die progressive Muskelentspannung helfen.
  • Urlaubsorte mit gemäßigtem Klima aussuchen.

Melissa Seitz
COPD & Asthma 3/2018

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