Unter dem Begriff Metabolisches Syndrom wird das Auftreten verschiedener Symptome verstanden. Komponenten, die das Metabolische Syndrom ausmachen, sind viszerale Adipositas, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechsel- und Kohlenhydratstoffwechselstörungen.
Im folgenden Interview möchten wir Ihnen Herrn Dr. med. Riedl, Diabetologe, Ernährungsmediziner vorstellen. Er ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats dieses Ratgebers und stand der Redaktion bei der Erstellung mit seinem Fachwissen beratend zur Seite.
Als Kind habe ich sehr schlechte Erfahrungen mit schlecht fortgebildeten Ärzten machen müssen. So reifte in mir die Überzeugung, dass das besser zu machen sei. Zur Diabetologie kam ich gleich nach dem Studium, als ich die geringe Qualität, der ganz alltäglichen Betreuung von einer jungen Typ-1-Diabetikerin in einem normalen Krankenhaus erleben musste. Danach habe ich mich fortgebildet und in diesem Krankenhaus eine Abteilung für Diabetiker aufgebaut. Es ist mir ein Grauen, wenn jemand wegen schlechter Aufklärung und Unwissenheit über seine Erkrankung unnötigen Schaden erleidet.
Am besten man behandelt die Wurzeln des Übels! Die Ursachen liegen in einer „nicht artgerechten“ Lebensführung – also das Quartett bestehend aus zu wenig Bewegung, zu viel Energieaufnahme, falscher Nahrungszusammensetzung und dem Übergewicht sowieso. Ohne Ernährungswissen und Bewegung ist jede Therapie zum Scheitern verurteilt. Idealerweise lernt man das in einem multidisziplinär geleiteten Kurs mit allen wichtigen Berufen, wie dem Ernährungsmediziner, der Oecotrophologin, den Psychologen und Sportpädagogen. Gute Beispiele sind das M.O.B.I.L.I.S.-Programm oder Doc Weight, die wir beide auch in unserem Adipositas Zentrum anbieten.
Das Gewicht mit seinen fatalen Folgen wie etwa Bluthochdruck und erhöhten Blutfettwerten hat den größten Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Immerhin ist die Lebenserwartung bei schwerem Übergewicht etwa so stark reduziert wie bei Kettenrauchern. Zur Bewältigung spielt die Bewegung – so wichtig sie auch sein mag – als der „kleine Bruder“ der Gewichtsnormalisierung nur die zweite Rolle. An erster Stelle steht die optimale Ernährung.
Da die meisten Menschen mit den üblichen Empfehlungen, sich fettarm oder kalorienreduziert zu ernähren scheitern, müssen andere Wege beschritten werden. Die europaweite DIOGENES-Studie hat jetzt gute Beweise zur Effizienz für den Einsatz der Formula-Diät geliefert. Sie wird – obwohl von den Leitlinien empfohlen – viel zu selten und falsch eingesetzt. Korrekt wäre es, nach der Formula-Diät eine eiweißreiche Ernährung zur Sättigung mit schlecht verdaulichen Kohlenhydraten zu empfehlen. Zu den schlecht verdaulichen Kohlenhydraten gehören all jene mit einem niedrigen glykämischen Index, wie etwa Vollkornprodukte, Gemüse und Äpfel.
Sie ist eine wesentliche Säule der Behandlung neben Essen und Bewegung. Übergewicht wirkt sich auf das Selbstwertgefühl der Betroffenen negativ aus. Überdies gibt es zahlreiche Essstörungen, der eine psychotherapeutische Behandlung erfordern. Essanfälle mit Schuldgefühlen können beispielsweise darauf hinweisen.
Das Metabolische Syndrom sollte als ernsthafte Störung angesehen werden. Es ist ein letzter Warnschuss. Eine Reihe von Ärzten hat sich auf die interdisziplinäre Behandlung spezialisiert. In erster Linie sollte die Ernährung wieder an menschliche Bedürfnisse angepasst werden. Das geht heute sogar ohne wesentliche Einbußen in der Lebensqualität.
Quelle: Ratgeber Metabolisches Syndrom 2011