Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
In Ländern mit einer niedrigeren Sterblichkeit an Infektionskrankheiten tritt Typ-1-Diabetes häufiger auf, zeigt eine neue Studie der Universität von Malta. Nach einem Bericht der Society for Endocrinology könnte dieses bei drei großen internationalen Studien festgestellte Ergebnis darauf hinweisen, dass der bisher unerklärte weltweite Anstieg von Typ-1-Diabetes mit einem geringeren Kontakt zu sog. Pathogenen in der Kindheit zusammenhängt.
Typ-1-Diabetes betrifft nach Schätzungen eine halbe Mio. Kinder weltweit, dabei treten rund 3 % Neuerkrankungen jedes Jahr auf. Dieser gut dokumentierte Anstieg von Typ-1-Diabetes findet sich vor allem in der sog. entwickelten Welt – also in modernen Industrieländern – eine Erklärung dafür hatten die Forscher jedoch bisher nicht, wohl aber verschiedene Theorien. Einige beinhalten die sog. Hygiene-Hypothese, die besagt, dass der Kontakt des sich entwickelnden Immunsystems mit Mikroorganismen wie Bakterien und Parasiten Teil der menschlichen Evolution sind und daher gegen die Entwicklung von Autoimmunkrankheiten wie Diabetes schützt.
Die Forscher untersuchten daher, ob Marker von Infektionskrankheiten mit dem lokalen Auftreten von Typ-1-Diabetes zusammenhängen. Sie nutzten dafür Daten aus drei Projekten der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Es zeigte sich, dass das Auftreten von Typ-1-Diabetes am höchsten in den Ländern mit der niedrigsten Sterblichkeit für Infektionskrankheiten war. Dieser Zusammenhang zeigte sich sowohl bei der Gesamtsterblichkeit an Infektionskrankheiten als auch gemessen an spezifischen Erkrankungen wie Durchfall, Atemwegserkrankungen, Tuberkolose und durch Parasiten verursachte Krankheiten.
Eine Möglichkeit zur Erklärung dieser Befunde könnte laut der Forscher sein, dass Menschen in modernen Ländern in frühen Lebenslagen nicht oder nur wenig sog. Pathogenen ausgesetzt sind. Die Daten sprechen daher für die Hygiene-Hypothese, beweisen sie aber nicht, da in der Untersuchung Zusammenhänge, aber keine Kausalbeziehungen erhoben wurden. Zudem liegen dem Anstieg der Typ-1-Diabetes-Raten wahrscheinlich mehrere, komplexe Ursachen zugrunde.
Dies betont auch Studienleiter Stephen Fava von der Universität von Malta: „Der globale Anstieg von Typ-1-Diabetes ist ein ungeklärtes Phänomen. Viele gehen davon aus, dass der fehlende Kontakt mit Infektionskrankheiten mit der Entwicklung von Autoimmunkrankheiten zusammenhängt. Unsere Daten unterstützen die Annahme, dass das Immunsystem auf irgendeine Art und Weise gestört wird und die eigenen Körperzellen angreift, wenn es nicht durch den normalen Kontakt zu Mikroorganismen trainiert wird. Es werden aber noch mehr Untersuchungen benötigt, um andere Umweltfaktoren zu identifizieren, die zu dem Rätsel des Anstiegs von Typ-1-Diabetes-Raten in Zusammenhang stehen.“
Quelle: Befund Diabetes 02/2013