Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.
Nach Angaben des Gesundheitsberichts 2015 leben in Deutschland rund 17.500 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 14 Jahren mit einem Typ-1-Diabetes. In der Altersgruppe von 0 bis 19 Jahren sind etwa 30.500 Kinder und Jugendliche von einem Typ-1-Diabetes betroffen. Anders ausgedrückt: Rund 13.000 Jugendliche mit Diabetes sind zwischen 14 und 19 Jahren alt und stecken demnach mitten in der Pubertät.
Diese ist auch ohne eine chronische Erkrankung wie Diabetes schwer genug. Es ist die Zeit der Ablösung von den Eltern, des Sich-Ausprobierens, aber auch der Selbstzweifel und der Stimmungsschwankungen. Hirnstudien zeigen: Teenager sind sich beispielsweise wesentlich schlechter über die Folgen ihres Tuns bewusst bzw. berücksichtigen diese nicht, wenn sie Entscheidungen treffen.
Doch mit der Selbstdisziplin, die die Diabetesbehandlung vom Diabetiker erfordert, verträgt sich dieses Verhalten nicht besonders gut. Zu diesen psychologischen Faktoren kommen körperliche hinzu. Wie diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe berichtet, kommt es durch die Hormonschwankungen von Teenagern zu starken Blutzuckerschwankungen, da die Wirkung und der Bedarf des injizierten Insulins sich hierdurch ständig verändern. Deshalb ist es für die behandelnden Ärzte eine große Herausforderung, Diabetes im Jugendalter richtig einzustellen und zu kontrollieren. Wenn Jugendliche darüber hinaus Alkohol oder andere Drogen konsumieren, wenig auf die Ernährung achten und das Blutzuckermessen und Spritzen beiseite schieben, erschwert sich die Stoffwechseleinstellung. In Zahlen bedeutet das: Vor allem Kinder bis zu sieben Jahren haben eine gute Stoffwechsellage mit HbA1c-Werte im Normbereich unter 58,5 mmol/mol (7,5 %). Mit zehn Jahren verschlechtert sich dieser mittlere Blutzuckerwert zunehmend, bis er bei Jugendlichen im Alter von 16 Jahren etwa 68,3 mmol/mol (8,4 %) erreicht, so diabetesDE.
Um die richtige Balance zwischen Kontrolle und Selbstständigkeit zu finden, vor allem vor dem Hintergrund, dass sich die meisten Teenager nur ungern etwas von ihren Eltern sagen lassen, gilt es nach Ansicht von Experten einen Mittelweg zu finden. Wie der Gesundheitsbericht 2015 betont, hat sich eine zu frühe Übertragung der alleinigen Verantwortungen auf jugendliche Diabetiker als ungünstig erwiesen. „Eltern sollten schrittweise den Freiheitsgrad der Kinder erhöhen“, empfiehlt auch Diplom-Psychologe Dr. Bernhard Kulzer im Gespräch mit dem Diabetes Ratgeber. So sollte man seinem Kind nicht sofort die gesamte Verantwortung für die Krankheit übertragen, um es nicht zu überfordern. Man kann beispielsweise damit beginnen, dass das Kind eigenverantwortlich den Blutzucker messen darf, später kann es dann auch die Insulindosis bestimmen und das Blutzuckertagebuch führen, heißt es. Dennoch sollte man als Elternteil mindestens auf demselben Wissensstand wie das Kind sein, was den Diabetes angeht, so Dr. Kulzer.
Bei älteren Jugendlichen gilt es indes, im Gespräch zu bleiben und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wenn es zu Problemen im Diabetesmanagement kommt. Verständnis zeigen ist hier das A und O, zugleich sollte man versuchen, Anreize zu schaffen, die im Hier und Jetzt liegen, sagt Dr. Kulzer. Dies gilt ebenso für mögliche Konsequenzen eines schlecht eingestellten Diabetes. Denn Folgeerkrankungen wie eine Retinopathie oder ein diabetisches Fußsyndrom interessieren Teenager, die kaum bis zur nächsten Woche vorausdenken, nur wenig. Besser sei es, darauf hinzuweisen, dass bestimmte Berufe oder Sportarten nicht ausgeübt werden können, wenn die Stoffwechsellage nicht stimmt.
Wichtig ist zudem die adäquate Behandlung durch einen Diabetologen, betont diabetesDE. Dabei sollte auch eine umfassende Aufklärung über die Erkrankung, z. B. zur Gefahr einer Unterzuckerung bei Alkoholkonsum, stattfinden. In jedem Fall lohnt sich eine weitere Diabetesschulung, um die Fähigkeit zum Selbstmanagement der betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Familien zu fördern, heißt es im Gesundheitsbericht 2015. Hierzu gibt es auch Sommercamps für jugendliche Diabetiker, wo die Teenager mit Gleichaltrigen zusammenkommen, die ähnliche Probleme haben und zudem fachkundig angeleitet und betreut werden.
Quelle: Befund Diabetes 1/2015