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Diabetes

Mit dem Begriff Diabetes bzw. Diabetes mellitus bezeichnet man eine Erkrankung des Stoffwechsels, die chronisch verläuft und deren Kennzeichen erhöhte Blutzuckerwerte sind. Diesen liegt eine Störung oder ein Wegfall der Insulinproduktion oder eine Insulinresistenz zugrunde.

Diabetes Mellitus
© iStock - PixelsEffect

Richtige Mund- und Zahnpflege bei Diabetes

Für Menschen mit Diabetes ist es wichtig, Zähne und Mundraum zu pflegen. Warum das so ist und wie die richtige Mund- und Zahnpflege aussieht, erklärt Dr. Corinna Bruckmann, Leiterin des Prophylaxecenters der Universitätszahnklinik Wien.

Warum sind Betroffene mit Diabetes besonders gefährdet unter bestimmten Mund- und Zahnproblemen zu leiden?

Grundsätzlich ist zu sagen, dass nicht Diabetiker an sich gefährdet sind, sondern Diabetiker, deren Blutzuckereinstellung nicht gut ist. Leider ist dies bei Typ-2-Diabetes häufig der Fall. Die Patienten messen zu selten den Blutzucker, die diätetische Einstellung ist oft zu starr und wird deshalb nicht eingehalten und der Langzeitwert HbA1c liegt oft über den empfohlenen optimalen 7 %.

Welche Folgen hat eine schlechte Blutzuckereinstellung auf Zähne und Mundraum?

Bei einem hohem Blutzuckerspiegel ist die Speichelproduktion herabgesetzt und vermehrt Zucker im Speichel anzutreffen. Bei Mundtrockenheit bleibt mehr bakterieller Zahnbelag (Plaque) an den Zähnen haften und die Reparatur des Zahnschmelzes durch die Speichelmineralien funktioniert nicht. Daher kann es schneller zu Karies kommen. Außerdem kann sich die Mundflora durch die Überzuckerung ändern. Dies führt häufig, vermehrt bei Patienten mit Prothesen, zur Besiedelung mit Candidapilz im Bereich der Auflagefläche. Bei schlecht eingestelltem Diabetes ist auch die Blutversorgung im Zahnfleisch herabgesetzt. Dadurch kommt es zur Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen und einer Störung der Immunabwehr. Dies kann zu lange dauernden Entzündungen des Zahnfleisches führen.

Worauf sollten Betroffene bei der Zahnpflege besonders Wert legen?

Die häufigste Ursache für Erkrankungen von Zähnen und Zahnfleisch ist immer Zahnbelag. Daher sollte alles dafür getan werden, Speisereste und Ablagerungen täglich zweimal mit der Zahnbürste und fluoridhaltiger Zahnpaste gründlich zu entfernen. Zusätzlich sollten einmal pro Tag alle Zahnzwischenräume mit geeigneten Hilfsmitteln gereinigt werden. Auch die Zunge beherbergt viele Bakterien und sollte deshalb besonders im hinteren Drittel einmal täglich gereinigt werden. Bei vorhandenen Munderkrankungen oder hohem Risiko für solche können alle mechanischen Maßnahmen durch die regelmäßige Anwendung von medizinischen Mundspüllösungen ergänzt werden. Betroffene sollten sich hierzu vom Zahnarzt oder Apotheker beraten lassen.

Was ist für Diabetiker zusätzlich bei der Mund- und Zahnpflege zu beachten?

Zu beachten ist zusätzlich, dass auch herausnehmbarer Zahnersatz gepflegt werden muss. Zweimal täglich wird mit einer normalen Zahnbürste oder einer speziellen Prothesenbürste und Seife gereinigt und gespült. Nach jeder Mahlzeit sollte die Prothese herausgenommen und mit Wasser abgespült werden. Falls Haftcreme verwendet wird, ist diese bei jeder Reinigung vollständig zu entfernen, denn Reste von Haftcreme begünstigen das Wachstum von Bakterien. Zusätzlich können Prothesen in Wasser mit speziellen Reinigungstabletten gelegt werden, dies ersetzt jedoch nicht die Pflege mit einer Bürste. Zudem üben Totalprothesen bei jeder Kaubewegung einen Druck auf die Mundschleimhaut aus. Dadurch kann es zu Druckstellen und Entzündungen kommen. Daher sollten Diabetiker Prothesen und Mundschleimhaut regelmäßig beim Zahnarzt kontrollieren lassen. Bei Schmerzen, Schwellungen, Farb- oder Oberflächenveränderungen der Mundschleimhaut sollte gleich ein Zahnarzt aufgesucht werden.

Von welchen negativen Folgen sind Diabetiker am häufigsten betroffen und warum?

Schlecht eingestellter Diabetes hat z. T. schwere Folgen. Bisher wurde aber der Gefahr einer Erkrankung im Mundraum wenig Beachtung geschenkt. Es konnte jedoch eine Wechselwirkung zwischen Diabetes und Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparates) nachgewiesen werden. Hinweise für eine Zahnfleischentzündung sind Rötung und Schwellung um die Zähne sowie Zahnfleischbluten. Wird die Entzündung rechtzeitig erkannt, kann sie noch ohne Folgeschäden ausheilen. Wird die Behandlung jedoch verabsäumt, kann die Entzündung in tiefere Schichten des Zahnhalteapparates vordringen und eine Parodontitis auslösen. Es entstehen Zahnfleischtaschen, in die Bakterien immer tiefer vordringen. Das Bindegewebe und der Kieferknochen, der die Zähne hält, werden zerstört, die Zähne verlieren Halt und können ausfallen. Parodontitis ist die häufigste Ursache für Zahnverlust im Erwachsenenalter, bis zu 70 % aller Erwachsenen sind betroffen. Bei schlecht eingestelltem Diabetes erhöht sich das Risiko ums Dreifache. Je länger die Diabeteserkrankung besteht und je höher der Blutzuckergehalt, desto schwerwiegender ist die Zahnfleischerkrankung. Auch umgekehrt gilt: je fortgeschrittener die Parodontalerkrankung, desto schlechter die Blutzuckerwerte. Daher ist die konsequente Behandlung der Zahnfleischentzündung eine wichtige Voraussetzung für die Blutzuckerkontrolle.

Welche Therapien gibt es, um negative Folgen zu behandeln?

Zahnfleischentzündungen werden im Rahmen einer Professionellen Zahnreinigung (PZR) behandelt – durch Erzielung einer perfekten häuslichen Mundhygiene und professioneller Entfernung aller Auflagerungen. Liegt bereits eine Parodontitis vor, ist die PZR nur der erste Schritt der Therapie. Es müssen anschließend alle Taschen bis in die Tiefe gereinigt werden. Wichtig dabei ist, dass alle befallenen Zahnwurzeloberflächen unterhalb des Zahnfleisches geglättet werden, damit sich neues Gewebe anlegen kann.

Welche Therapien sind besonders empfehlenswert und gibt es Neuerungen in diesem Bereich?

An erster Stelle steht die gute Blutzuckereinstellung, sonst wird es auch beim Zahnarzt nicht gelingen, das Problem in den Griff zu bekommen. Die klassische parodontale Therapie wird heute mit Handinstrumenten, Ultraschall oder Schallgeräten durchgeführt, seit einigen Jahren gibt es auch Laser- und Pulverstrahlgeräte. Doch egal, was benutzt wird, die Wurzeloberfläche muss frei von Zahnstein und Bakterienfilm sowie biokompatibel sein. Zusätzlich kann es manchmal sinnvoll sein, die Therapie antibiotisch zu unterstützen. Parodontitis ist eine chronische Erkrankung und bedarf – wie auch Diabetes – einer lebenslangen Unterstützung. Neueste Forschungsergebnisse berichten auch von positiven Auswirkungen einer zusätzlichen Gabe von Probiotika.

Zahn- und Mundpflegetipps von der Expertin

  • Zweimal täglich, nach dem Frühstück und vor dem Schlafengehen, mindestens zwei Minuten mit einer fluoridierten Zahnpaste putzen.
  • Elektrische Zahnbürsten haben sich als vorteilhaft erwiesen. Entscheidend ist die richtige Putztechnik.
  • Tägliche Reinigung der Zahnzwischenräume mit speziellen Zahnzwischenraumbürsten.
  • Bei erhöhtem Kariesrisiko ist hochdosiertes Fluoridgel (in Apotheken erhältlich) oder tägliche fluoridhaltige Mundspüllösung zu verwenden.
  • Desinfizierende Mundspüllösungen können helfen, schädliche Bakterien zu bekämpfen, sollten aber nur nach Rücksprache angewendet werden.
  • Mundduschen sind kein Ersatz für die mechanische Reinigung mit der Zahnbürste. Sie entfernen aus schwer zugänglichen Stellen grobe Speisereste, können aber den normalen Zahnbelag nicht abspülen.
  • Zahnpflegekaugummi, vorzugsweise mit Xylit, neutralisiert nach Zwischenmahlzeiten schädliche Säuren und regt den Speichelfluss an.
  • Bei extremer Mundtrockenheit Speichelersatz aus der Apotheke verwenden. Auf keinen Fall zuckerhaltige saure Drops.
  • Quelle: Befund Diabetes Österreich 2/2016

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