Neurodermitis ist eine chronische, nicht ansteckende Hauterkrankung, die von einem starken Juckreiz und trockener Haut gekennzeichnet ist. Auf der Haut entstehen rote, entzündliche, schuppende Ekzeme, die gelegentlich auch nässen.
Rund vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Neurodermitis. Etwa 3 % der Erwachsenen sind betroffen. Bei vielen Neurodermitispatienten bricht die Erkrankung erstmals im Säuglings- oder Kleinkindalter aus, bei der Hälfte aller Betroffenen zwischen dem dritten und sechsten Lebensmonat. Der Leitlinie zur Neurodermitis zufolge sind 23 % der Säuglinge und Kleinkinder wenigstens einmal wegen der chronischen Hauterkrankung in ärztlicher Behandlung, genauso 8 % der Schulkinder.
Erste Hinweise auf Neurodermitis bei Säuglingen und Kindern können ein Ekzem an der Wange oder an den Streckseiten des Körpers sein. Im Jugend- und Erwachsenenalter sind meist die Beugen, z. B. an Knien oder Ellenbogen, betroffen. Auch juckende Knötchen oder ein Hand- und Fußekzem können Symptome einer Neurodermitis sein. Bei Erwachsenen zeigt sich die Erkrankung vor allem an den Beugestellen der Arme und Beine, an den Händen und Füßen und auf der Halspartie. Charakteristisch ist der heftige Juckreiz. Die Haut ist ausgesprochen trocken, zum Teil gerötet und entzündet – insbesondere dort, wo stark gekratzt wurde. Oft ändert sich nach einiger Zeit die Hautstruktur, die Haut verdickt sich, es sind weißliche Stellen zu sehen.
Besonders häufig sind Menschen betroffen, in deren Familie atopische Erkrankungen vorkommen. Dazu gehören Asthma oder Heuschnupfen, aber auch Neurodermitis. Bei rund 80 % der Neurodermitispatienten liegt eine genetische Veranlagung für diese atopischen Erkrankungen vor.
Neurodermitis ist eine chronische, nicht ansteckende Hautkrankheit. Sie ist in Abhängigkeit von ihrer Schwere z. B. gekennzeichnet durch trockene Haut, quälenden Juckreiz, gerötete und geschwollene Hautbereiche sowie aufgeplatzte Bläschen bzw. trockenen Schorf. Da der Juckreiz oft schwer auszuhalten ist, kratzen sich Betroffene zum Teil so stark, dass es zu Verletzungen der Haut kommt. Vor allem über die Fingernägel, unter denen sich u. a. Bakterien und Dreck befinden, können nun Krankheitserreger in die Haut eindringen. Die Folge: Es kommt zu Infektionen mit Viren, Bakterien oder auch Pilzen. Ein Indiz dafür sind etwa gelbliche Krusten, die die betroffenen Hautstellen bedecken, sowie nässende Stellen der Haut. Unter Umständen geht mit diesen Infektionen auch Fieber einher, wenn die Krankheitserreger durch die Haut in die Blutbahn gelangen.
Die Krankheit verläuft schubweise und ist auf eine Überreaktion des Immunsystems zurückzuführen. Neurodermitis entsteht durch das Zusammenwirken verschiedener Faktoren. Diese multifaktorielle Entstehung der Krankheit ist noch nicht abschließend erforscht. Neben einer genetischen Disposition spielen vermutlich Umwelteinflüsse und psychische Faktoren eine Rolle.
Die im 19. Jahrhundert geprägte Bezeichnung „Neurodermitis“ suggeriert eine Nervenentzündung („Neuro“ = Nerven, „derma“ = Haut, „-itis“ = Entzündung) – welche allerdings nach heutiger Erkenntnis nicht Ursache der Hautkrankheit ist. Heutzutage spricht man daher eher vom „atopischen Ekzem“ oder von der „atopische Dermatitis“. Der Begriff „Atopie“ beschreibt die Veranlagung zu überempfindlichen und allergischen Reaktionen, „Dermatitis“ die schubweise auftretenden Entzündungsvorgänge. Entzündung und Juckreiz sind die Hauptsymptome der Erkrankung. Akute Phasen, mit extrem juckender Haut, die z. T. blutig gekratzt wird, und chronische Phasen mit sehr trockener und verdickter Haut wechseln sich ab.
Auslöser für die für Neurodermitis typischen roten, juckenden Ekzeme ist immer eine Barrierestörung der Haut. Durch diesen Barrieredefekt kommt es zur Durchlässigkeit der Haut. Dies hat zur Folge, dass schädliche Bakterien und Viren leichter in die Haut eindringen können als bei Menschen mit einer intakten Hautbarriere. Die Folge: Die Haut ist nicht nur trocken, sondern entzündet sich und juckt.
Sog. Triggerfaktoren, z. B. Pollen, Bakterien oder Pilze, also Allergene, auf die Betroffene allergisch reagieren, können einen Neurodermitisschub auslösen. Neurodermitis selbst ist keine Allergie, kann aber durch Allergene hervorgerufen oder verstärken werden. Um herauszufinden, welche Allergene die Entstehung von Ekzemen begünstigen, kann ein Allergietest hilfreich sein.
Die Ursachen für die Neurodermitis sind bislang noch nicht vollständig geklärt. Sicher ist, dass eine erbliche Veranlagung, die die Barrierefunktion der Haut beeinträchtigt, zum Ausbruch der Krankheit beiträgt. In Familien, in denen Fälle von Neurodermitis und/oder Allergien bekannt sind, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Kinder von Neurodermitis betroffen sind. Daneben gibt es eine Vielzahl von Auslösern, die etwa Krankheitsschübe bedingen können. Die Betroffenen können z. B. auf Schimmelpilze, Viren, und Bakterien allergisch reagieren. Auch Hausstaubmilben können einen Symptomschub provozieren. Darüber hinaus gehören Tierhaare, bestimmte Inhaltsstoffe von Nahrungsmitteln, klimatische Bedingungen oder aber auch mechanische Reizungen der Haut, z. B. durch Textilien wie Wolle zu den potentiellen Auslösefaktoren. Vielfach ist es so, dass durch die gestörte Barrierefunktion der Haut Pollen oder Tierhaare intensiveren Kontakt zum Körper von Betroffenen haben. Als Folge kann es zu einer Sensibilisierung gegen diese an sich harmlosen Stoffe kommen. Bei erneutem Kontakt lösen sie dann eine Überempfindlichkeitsreaktion der Haut aus.
Diverse Chemikalien, die z. B. zur Herstellung von Kleidungsstücken verwendet werden, können dem Erkrankten ebenfalls unangenehme Überraschungen bereiten. Auch die geringe Luftfeuchtigkeit beheizter Räume kann die Haut des Patienten weiter austrocknen. Rauchen bzw. Passivrauchen sowie Stress können einen negativen Einfluss auf das Hautbild von Neurodermitispatienten haben. Generell wird davon ausgegangen, dass psychische Belastungen die Krankheit nicht verursachen, aber die Symptome verstärken können.
Neurodermitis kann darüber hinaus durch eine Lebensmittelunverträglichkeit oder -allergie ausgelöst werden. So können Beschwerden durch die Aufnahme des Lebensmittels hervorgerufen werden oder in seltenen Fällen auch dann, wenn die Haut mit dem Lebensmittel in Kontakt kommt. Gerade bei Säuglingen und Kleinkindern, die ein schweres Hautekzem haben, besteht häufig eine Sensibilisierung gegenüber bestimmten Lebensmitteln, wie etwa Kuhmilch, Soja, Erdnüssen oder Weizenmehl.
Ob Betroffene auf Nahrungsmittel allergisch sind, und ob diese eine Schub begünstigen, sollten Patienten mithilfe des behandelnden Arztes überprüfen. Eine umfassende Diagnostik ist unbedingt notwendig. Wichtig ist, dass Erkrankte Lebensmittel nicht einfach nach Gefühl vom Speiseplan streichen.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle als Neurodermitis-Auslöser spielt auch die Psyche. Bei Stress, das haben viele Betroffene festgestellt, „blüht“ die Haut geradezu auf. Und Stressfaktoren gibt es viele: der ständige Juckreiz, die Angst, von anderen wegen der Hautkrankheit nicht akzeptiert zu werden, genauso „normale“ Stressfaktoren wie eine erhöhte Arbeitsbelastung (auch schon in der Schule), Ängste und Sorgen. In der Regel finden Betroffene oder ihre Eltern nach einiger Zeit heraus, worauf die Haut besonders empfindlich reagiert.
Für Neurodermitisbetroffene ist es in jedem Fall wichtig herausfinden, welche Reize die Krankheit negativ bzw. positiv beeinflussen. Intensive ärztliche Betreuung und genaue Beobachtung des Krankheitsverlaufs können die individuell unterschiedlichen Auslöser der Erkrankung nachvollziehbar machen und entsprechende Behandlungsmöglichkeiten eröffnen.
Quellen:
Werner Sebastian Krämer
allergikus 1/2019
Patient und Haut 1/2018