Im Bereich Specials finden Sie weiterführende Informationen zu verschiedenen Krankheitsbildern, wie z. B. Brustkrebs, Neurodermitis und Psoriasis.
Off-label-use bezeichnet die zulassungsübergreifende Verwendung von Arzneimitteln. Ein zugelassenes Arzneimittel wird dabei außerhalb der eigentlichen Anwendungsgebiete oder der empfohlenen Dosierung und Anwendungsdauer angewandt. Arzneimittelbehörden lassen Medikamente in der Regel in einem sehr schmalen Anwendungsrahmen zu. Änderungsanträge mit der Bitte um Erweiterung der Zulassung werden selten gestellt, da die Kosten für die zur Zulassungserweiterung notwendigen klinischen Prüfungen sehr hoch sind.
Off-label-use wird auf vielen medizinischen Gebieten, insbesondere in der Krebsbehandlung und der Kinderheilkunde, angewandt. Der Grund dafür sind fehlende zugelassene Medikamente bei seltenen Indikationen oder die Tatsache, dass der Zulassungsstand einiger Medikamente schon durch neuere Forschung überholt worden ist.
Bei der Anwendung von Medikamenten über den für die Zulassung relevanten Rahmen hinaus können Nebenwirkungen erscheinen, die aufgrund fehlender klinischer Studien plötzlich und auf schädigende Art und Weise auftreten können. In diesen Fällen haftet dafür der behandelnde Arzt, der seine Patienten umso genauer über die Chancen und Risiken aufklären muss als im Rahmen einer Behandlung, die den Zulassungsrichtlinien entspricht. Der Off-label-use von Arzneimitteln wird nur im Rahmen geltender Leitlinien, auf Empfehlung oder aufgrund fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse empfohlen.
Auch wenn der Arzt ein Medikament außerhalb des Zulassungsrahmens anwendet, kann das Pharmaunternehmen haftbar gemacht werden, und zwar dann, wenn das Medikament dennoch unter „bestimmungsmäßigem Gebrauch“ eingesetzt wird. Dieser ist auch dann gegeben, wenn die Indikation nicht den Zulassungsbedingungen entspricht, das Pharmaunternehmen aber aufgrund von möglicherweise vorgeschriebenen Anwendungsbeobachtungen von der regelmäßigen Anwendung außerhalb der Zulassung hätte wissen können.
Aufgrund der Anwendung außerhalb des eigentlichen Bestimmungsrahmens weigerten sich Krankenkassen lange, die Behandlungen zu übernehmen und stellten Regressforderungen an Ärzte, die insbesondere auf dem Gebiet der Krebstherapie kostspielige Arzneimittel jenseits der Zulassung anwandten. Inzwischen wurden rechtliche Kriterien festgelegt, die besagen, dass die Behandlung erstattet werden muss, wenn es sich bei der behandelten Erkrankung um eine schwerwiegende, die Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigende Erkrankung handelt, für die keine alternative Therapie verfügbar ist und eine begründete Aussicht auf Heilungserfolg der Off-label-Behandlung oder zumindest auf deren positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf besteht.
Wenn Ärzte im Rahmen einer klinischen Studie Off-label-use anwenden wollen, ist die Voraussetzung, dass die Initiative zur Testung dieser Medikamente vom Arzt ausgeht und dass deren Anwendung nicht zur Ausweitung der arzneimittelrechtlichen Indikation als Grundlage dienen darf, da diese Ausweitung dem Hersteller alleine vorbehalten ist. Die Off-label-Anwendung von Arzneimitteln im Rahmen einer klinischen Studie wird vor allem von Onkologen begrüßt.
Barbara Kliem