Speiseröhrenkrebs, auch als Ösophaguskarzinom bezeichnet, ist eine bösartige Veränderung der Schleimhautzellen, welche die Speiseröhre auskleiden. Das Ösophaguskarzinom befällt zumeist das mittlere und das untere Drittel der Speiseröhre.
Speiseröhrenkrebs ist, verglichen mit der Häufigkeit anderer Krebsarten, eine eher seltene Erkrankung. Allerdings verzeichnen die westlichen Industrieländer in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme von Plattenepithel- und Adenokarzinomen. Die Ursachen hierfür sind noch nicht eindeutig geklärt, vermutet werden jedoch Zusammenhänge mit bestimmten Ernährungsgewohnheiten, anatomischen Besonderheiten oder auch Infektionen.
Das Plattenepithelkarzinom ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 % die am häufigsten auftretende Form des Speiseröhrenkrebses. Da die Speiseröhre in ihrem gesamten Verlauf von einer Schleimhaut aus Plattenepithelzellen bedeckt ist, welche in ihrer Form der äußeren Hautschicht ähnlich sind, kann grundsätzlich gesehen jeder Abschnitt der Speiseröhre von bösartigen Zellwucherungen befallen werden. Zumeist entsteht ein Plattenepithelkarzinom im mittleren und unteren Drittel der Speiseröhre. Die Ursachen für die Entartung der Zellen sind nicht abschließend geklärt. Erwiesen ist jedoch ein Zusammenhang mit starkem Alkoholkonsum, da die Zellen in der Speiseröhre durch die alkoholische Flüssigkeit gereizt werden, sich entzünden und schließlich zu Krebszellen entarten können.
Auch das Rauchen gilt als ein großer Risikofaktor für die Entstehung von Speiseröhrenkrebs. Obwohl der Zigarettenrauch nicht unmittelbar in die Speiseröhre gelangt, können die inhalierten Inhaltsstoffe Krebs erregen. Das Risiko, an Speiseröhrenkrebs zu erkranken, steigt mit der Kombination von Alkohol und Nikotin stark an. Ernährungsbedingte Einflüsse werden ebenfalls verdächtigt, die Entstehung von Speiseröhrenkrebs zu begünstigen.
Ein Zusammenhang zwischen der Aufnahme bestimmter, nitrosaminhaltiger Nahrungsmittel wie z. B. gepökeltem Fleisch wird ebenfalls vermutet. Bei einer Untersuchung von gehäuft auftretenden Speiseröhrenkrebserkrankungen in bestimmten Ländern, vor allem im südostasiatischen Raum, wird vermutet, dass die dort herrschenden Ernährungsgewohnheiten, vor allem scharf gewürzte Speisen oder sehr heiße Getränke, die Krebserkrankung begünstigen, da auch hier die Schleimhaut gereizt und eventuell geschädigt wird.
Schädigungen des Plattenepithels durch Verätzungen (durch z. B. irrtümliches Verschlucken von Reinigungsmitteln u. Ä.) können die Ausbildung eines Karzinoms ebenfalls hervorrufen. Anatomische Besonderheiten der Speiseröhre stehen ebenso in Verdacht, ein erhöhtes Risiko für dort entstehende bösartige Tumoren zu bilden. Dies betrifft beispielsweise Ösophagusdivertikel. Hierbei befinden sich im Verlauf der Speiseröhre lokale Ausbuchtungen nach außen hin, in denen sich die geschluckte Nahrung sammelt und längere Zeit verbleibt. Auch dies führt wiederum unter anderem zur Reizung der Ösophagusschleimhaut.
Bei der Achalasie liegt eine Störung der Muskelsteuerung des unteren Speiseröhrenschließmuskels vor, d. h., die Nahrung gelangt nicht in den Magen, sondern staut sich in der Speiseröhre bis ein starker Druck durch das Eigengewicht erreicht ist, sodass die Nahrung schließlich doch in den Magen abfließen kann. Auch hier ist die Verweildauer der Nahrung in der Speiseröhre erhöht und Reizungen sind möglich.
Untersuchungen durch Britische Forscher legen außerdem den Verdacht nahe, dass auch Infektionen mit dem Humanpapillomavirus (HPV) die Entstehung von Tumoren in der Speiseröhre beeinflussen. Das Virus, welches auch Gebärmutterhalskrebs auslösen kann, wird über den geschlechtlichen Verkehr übertragen. Bei Untersuchungen von Tumorgewebe bei Ösophaguskarzinomen konnten die Forscher das HPV in den Proben nachweisen.
Starkes Übergewicht steht ebenfalls in dem Verdacht, ein auslösender Faktor für Speiseröhrenkrebs zu sein. Da sich Übergewichtige zumeist sehr fetthaltig ernähren und im Magen dadurch eine hohe Säurekonzentration herrscht, kann es zur sogenannten Refluxerkrankung (Refluxösophagitis) kommen. In Verbindung mit einem erschlafften unteren Schließmuskel der Speiseröhre gelangt Magensäure in die Speiseröhre, der Betroffene empfindet ein unangenehmes Brennen im Verlauf der Speiseröhre, das sogenannte Sodbrennen. Kommt dies häufig vor, können die Schleimhautzellen stark geschädigt werden und entarten. In chronischen Fällen kann das Barrett-Syndrom entstehen, eine Vorstufe des Adenokarzinoms.
Adenokarzinome sind bösartige Tumoren, welche von Drüsenzellen ausgehen. Im Normalfall befindet sich innerhalb der Speiseröhre kein nennenswerter Anteil an Drüsengewebe. Durch eine krankhafte Veränderung der Schleimhautstruktur kann es jedoch dazu kommen, dass im unteren Teil der Speiseröhre Drüsenzellen entstehen (sog. Barrett-Syndrom).
Das Barrett-Syndrom, benannt nach seinem Entdecker Norman R. Barrett (1903-1979), kann durch eine chronische Refluxkrankheit entstehen. Gelangt ständig und über einen längeren Zeitraum hinweg Magensäure in den unteren Teil der Speiseröhre, wird das dort befindliche Plattenepithel, also die glatten Schleimhautzellen, zerstört. Die körpereigenen Heilungsmechanismen versuchen, diese Verletzung schnellstmöglich zu verschließen. Hierbei werden die zerstörten glatten Schleimhautzellen durch schneller wachsendes, säureunempfindliches Zylinderepithel, wie es sich im Magen befindet, ersetzt. Ungefähr bei 10 % der Patienten mit Refluxkrankheit findet diese Umbildung statt. Die neu gebildeten Drüsenzellen neigen jedoch zu Veränderungen, wobei die Übergänge zu Karzinomen fließend sind. Das Barrett-Syndrom gilt als Vorstufe von Speiseröhrenkrebs (Präkanzerose), betroffene Patienten sollten regelmäßig überwacht werden.
Nicole Breuer