Der Begriff Hodenkrebs beschreibt einen bösartigen Tumor des Hodens, der zu 90 % von Keimzellen, also den Vorläuferzellen der Spermien, gebildet wird. Die restlichen 10 % entstehen aus anderen Zelltypen.
Für die Therapie von Hodenkrebs stehen im Wesentlichen vier Optionen zur Verfügung
Das Therapieverfahren wird für jeden Patienten individuell ausgewählt, da es vom Tumorstadium und der Krebsform abhängt. Eine Klassifizierung des Tumors in ein Seminom oder ein Nicht-Seminom muss vor Behandlungsbeginn vorliegen, um eine geeignete Therapie auswählen zu können. Bei einem Seminom handelt es sich um einen bösartigen Keimzelltumor des Hodens.
Bei der Therapie eines Seminoms steht zuerst die Entfernung des betroffenen Hodens im Mittelpunkt, unabhängig vom Tumorstadium. Die Operation erfolgt über einen Zugang von der Leiste, über den der Hoden komplett mit Nebenhoden und Samenstrang entfernt wird. Die Operation nur eines Hodens hat keinen Einfluss auf die Sexualität und die Zeugungsfähigkeit, da die Funktion der Sperma- und Testosteronproduktion von dem Hoden der anderen Seite aufrechterhalten wird. Allerdings kann bei jedem zweiten an Hodenkrebs Erkrankten die Samenbildung des gesunden Hodens eingeschränkt sein. Die Gründe dafür sind bisher nicht bekannt.
Aus dem Hoden der Gegenseite wird in der Regel eine Gewebeprobe entnommen, um einen beidseitigen Befall auszuschließen. Nach der Entfernung des Hodens aus dem Hodensack können dort Silikonprothesen eingefügt werden, um den von Hodenkrebs Betroffenen Männern nach der Operation ein normales Aussehen zurückzugeben.
In frühen Stadien, in denen das Seminom noch auf den Hoden beschränkt ist und nicht weiter gestreut hat, kommt eine begleitende (adjuvante) Strahlentherapie der Lymphwege entlang der großen Gefäße zwischen dem 11. Brustwirbel und dem 4. Lendenwirbel und entlang der Beckengefäße auf der betroffenen Seite zum Einsatz. Dadurch sollen alle vorhandenen Metastasen zerstört werden. Die beim Hodenkrebs eingesetzte Strahlendosis ist verhältnismäßig niedrig und mit i. d. R. nur geringen Nebenwirkungen verbunden.
In weiter fortgeschrittenen Stadien, in denen bereits Lymphknotenmetastasen mit einer Größe von mehr als 5 cm Durchmesser auftreten, kommt die sogenannte Polychemotherapie zum Einsatz. Bei der Chemotherapie wird das Tumorwachstum medikamentös begrenzt, wodurch eine systemische Wirkung auf den ganzen Körper erzielt wird. Eine Strahlentherapie hingegen wirkt nur lokal auf die tatsächlich bestrahlten Bereiche. Eine Chemotherapie ist entsprechend umfassender in ihrer Wirkung, aber auch mit deutlich stärkeren Nebenwirkungen verbunden. Bei der bei Seminomen eingesetzten Polychemotherapie handelt es sich entsprechend um eine Kombination verschiedener Chemotherapeutika, die dem Patienten verabreicht werden.
Ist das Risiko für einen Rückfall gering, kann die Überwachungsstrategie zum Einsatz kommen. Dabei erfolgt keine Therapie, sondern eine engmaschige Überwachung des Patienten, um einen möglichen Rückfall (Rezidiv) frühzeitig zu erkennen.
Auch bei der Therapie eines Nicht-Seminoms ist zunächst die Operation, also die Entfernung des vom Hodenkrebs befallenen Hodens, angezeigt.
Im Gegensatz zu den Seminomen reagieren Nicht-Seminome kaum oder gar nicht auf Strahlung, sodass eine begleitende Therapie früher Tumorstadien in der Regel nicht aus einer Bestrahlung besteht. Bei etwa 30 % der an einem Nicht-Seminom im frühen Stadium erkrankten Männer bestehen kleine Lymphmetastasen im hinteren Bauchraum. In seltenen Fällen werden diese operativ entfernt, in frühen Stadien reicht häufig zunächst die Anwendung einer Überwachungsstrategie aus. Dabei werden die Entwicklung der Metastasen und ein damit verbundenes eventuelles Fortschreiten des Hodenkrebses in zeitlich engen Abständen genauestens kontrolliert und überwacht. Wird vom Arzt Handlungsbedarf aufgrund einer Weiterentwicklung der Erkrankung gesehen, so erfolgt häufig eine Chemotherapie.
Die Chemotherapie ist auch die Methode der Wahl, wenn der Tumor erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird. Auch für Nicht-Seminome kommen dabei Polychemotherapien, also bestimmte Wirkstoffkombinationen, zum Einsatz. Für die Behandlung sehr später Tumorstadien, bei denen die Krebszellen bereits stark gestreut haben und viele Metastasen vorhanden sind, kann es vorkommen, dass die Reihenfolge der Therapie umgekehrt wird. Es kann in einem solchen Fall erst mit der Polychemotherapie begonnen und der betroffene Hoden dann zu einem späteren Zeitpunkt entfernt werden.
Die meisten Menschen kehren nach der erfolgreichen Therapie von Hodenkrebs in ihr normales Leben zurück, das sie vor der Diagnose hatten. Durch die Therapie von Hodenkrebs kann die Zeugungsfähigkeit eingeschränkt sein, in der Regel ist dies nur eine vorübergehend auftretende Einschränkung. In seltenen Fällen bleibt jedoch eine dauerhafte Zeugungsunfähigkeit bestehen. Daher wird jungen Männern, die ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen haben, geraten, vor Beginn der Therapie Samen in einer Samenbank zu deponieren, welcher im ungünstigen und unwahrscheinlichen Fall einer tatsächlichen Zeugungsunfähigkeit dann für eine künstliche Befruchtung eingesetzt werden kann.
Rückfälle sind bei Hodenkrebs sehr selten – aber nicht ausgeschlossen. Aus diesem Grund sind regelmäßig durchgeführte Nachsorgeuntersuchungen bei einem erfahrenen Arzt unerlässlich. Auch bei einem Rückfall besteht für einen Hodenkrebs immer noch die Chance auf eine vollständige Heilung. Es gilt allerdings wie auch schon für die Ersterkrankung, dass die Prognosen umso besser sind, je früher die Diagnose gestellt und mit der Therapie begonnen wird.
Lydia Köper