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Allergie

Als Allergie bezeichnet man die übermäßige und teilweise heftige Abwehrreaktion des Immunsystems auf körperfremde Stoffe (Antigene).

Allergien
© iStock - bluecinema

Hyposensibilisierung bei Allergien

Hyposensibilisierung, Allergieimpfung, spezifische Immuntherapie (SIT) – diese drei unterschiedlichen Begriffe bezeichnen alle das Gleiche: eine Therapie, die nicht nur gegen Allergiesymptome vorgeht und diese abmildert, sondern dafür sorgt, dass Patienten trotz Kontakt mit dem Allergen möglichst beschwerdefrei leben können. Bei der SIT wird der Körper durch die gezielte Gabe allmählich ansteigender Dosen des Allergens über einen bestimmten Zeitraum an das Allergen gewöhnt. Die Folge: Die allergische Reaktion schwächt sich ab oder entfällt ganz.

Eine solche Hyposensibilisierung ist einerseits immer dann sinnvoll, wenn eine Allergie potenziell lebensbedrohlich ist. Das ist z. B. bei Insektengiftallergien häufig der Fall, da die allergische Reaktion in vielen Fällen den ganzen Körper betrifft und dies u. U. zu schweren Herz-Kreislauf-Problemen bis zum Herzstillstand führen kann. Andererseits empfehlen die allergologischen Fachgesellschaften eine SIT, wenn es nicht oder kaum möglich ist, die Allergene zu meiden, etwa bei Pollen- oder Hausstauballergien. Die SIT soll u. a. verhindern, dass es zu einem Etagenwechsel der Allergie kommt. d. h., dass sie sich von den oberen auf die unteren Atemwege ausweitet und zu allergischem Asthma führt. Daneben wird die SIT auch bei allergischem Asthma eingesetzt, um die z. T. sehr belastenden Symptome einzudämmen. Die gesetzlichen Krankenkassen tragen in diesen Fällen i. d. R. die Kosten für eine SIT.

Zwei Formen der Hyposensibilisierung

Bei der spezifischen Immuntherapie unterscheidet man zwischen der subkutanen Immuntherapie (SCIT) und der sublingualen Immuntherapie (SLIT). Bei der SCIT spritzt der Arzt das Allergen unter die Haut, bei der SLIT werden Allergenextrakte in wässriger Lösung oder Tablettenform unter die Zunge getropft oder unter der Zunge aufgelöst und danach geschluckt, damit sie Wirkung zeigen. Die SLIT eignet sich bislang jedoch nur für eine geringere Anzahl von Allergien bzw. für weniger Einsatzbereiche als die SCIT. So ist laut Leitlinie zur (allergen-) spezifischen Immuntherapie die Wirksamkeit der SLIT bei Erwachsenen zwar beim Einsatz gegen Heuschnupfen bei einer Gräser-, Baumpollen- und Hausstaubmilbenallergie durch wissenschaftliche Studien belegt. Doch bei Kindern gilt dies bislang nur für die SLIT, die bei einer Allergie gegen Gräserpollen zum Einsatz kommt. Für die Behandlung von allergischem Asthma durch die SLIT gibt es bislang nur wenig Studien, doch ein durch Gräserpollen ausgelöstes Asthma scheint mit ihrer Hilfe sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen wirksam behandelt werden zu können. Für allergisches Asthma, das durch den Kot von Hausstaubmilben hervorgerufen wird, ergaben Studien eine Wirksamkeit für Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren.

Die SCIT hat gegenüber der SLIT den Vorteil, dass sie auch für die Behandlung einer Insektengift-, Tierhaar- und Schimmelpilzallergie geeignet ist. Sie hat den Nachteil, dass die Allergene vom Arzt gespritzt werden müssen und daher in regelmäßigen Abständen Arztbesuche nötig sind. Zu Beginn der Behandlung wird das Allergen jede Woche injiziert und die Dosis allmählich erhöht. Nach dieser sog. Aufdosierungsphase ist die sog. Erhaltungsdosis des Allergens erreicht. Danach erfolgt alle vier bis sechs Wochen eine Injektion – das jedoch u. U. über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren. Anfangs, d. h. zumindest in der Zeit, bis die Erhaltungsdosis erreicht ist, müssen die Patienten nach der Injektion 30 Minuten in der Arztpraxis bleiben, damit eventuell auftretende schwere allergische Reaktionen sofort behandelt werden können. Zwar können auch nach diesen 30 Minuten noch gesundheitliche Probleme auftreten, doch ist das weitaus seltener der Fall. Wer sich für eine SCIT entscheidet, muss also sicherstellen, alle Arzttermine wahrnehmen zu können und ausreichend Zeit für sie einplanen.

Bei der SLIT können die Patienten die Tablette oder die Tropfen zuhause einnehmen. Nur die erste Einnahme erfolgt i. d. R. unter Aufsicht in der Arztpraxis, denn die SLIT ist in den meisten Fällen gut verträglich. In bestimmten Abständen erfolgen Kontrolluntersuchungen, u. a. um den Erfolg der Therapie einzuschätzen. Der Nachteil dieser Behandlung: Die Tabletten oder Tropfen müssen täglich genommen werden und das über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren. Dies erfordert Selbstdisziplin. Wer es nicht so genau mit der Einnahme von Medikamenten nimmt, sollte sich daher u. U. lieber für eine SCIT entscheiden.

Therapietreue – ein wichtiger Faktor

Ohne Therapietreue kann aber keine der beiden Formen wirken. Es ist daher unabdingbar, die vom behandelnden Arzt festgelegten Therapieabstände unbedingt einzuhalten. Das bedeutet bei der SCIT, zum Arzt zu gehen, wenn die nächste Erhaltungsdosis fällig ist, und bei der SLIT, täglich das entsprechende Medikament einzunehmen, obwohl beides manchmal lästig sein kann. Die Termine für die SCIT sollten Patienten deshalb am besten in einen Kalender eintragen oder sich von ihrem Smartphone oder Computer an sie erinnern lassen, damit sie auf keinen Fall vergessen werden. Den SLIT-Wirkstoff sollten Patienten täglich zum möglichst gleichen Zeitpunkt nehmen, damit sich die Einnahme automatisiert. Sinnvoll kann es sein, die Einnahme des Medikaments mit einer Tätigkeit zu verbinden, die man ohnehin jeden Tag durchführt – etwa mit dem Zähneputzen. Bei Kindern, bei denen eine SIT durchgeführt wird, müssen Eltern darauf achten, dass ihr Kind das Medikament in den vorgeschriebenen Abständen nimmt.

Nicht für alle Personen geeignet

Bevor Menschen mit einer Allergie eine SIT beginnen können, müssen bestimmte Faktoren ausgeschlossen sein. So eignet sich den Leitlinien zufolge weder die SCIT noch die SLIT für Patienten mit nur teilweise kontrolliertem oder gar unkontrolliertem Asthma. Auch schwere Autoimmunerkrankungen sind eine Kontraindikation für die SIT. Das Gleiche gilt für Patienten, die bereits einmal eine SIT begonnen haben, diese jedoch abbrechen mussten, weil schwere allergische Reaktionen nach der Allergengabe aufgetreten sind. Zudem ist die subkutane Gabe des Allergens nicht für Personen geeignet, die Betablocker einnehmen oder denen aufgrund einer anderen Erkrankung kein Adrenalin verabreicht werden darf (Ausnahme: Insektengiftallergie). Adrenalin ist ein sog. Notfallmedikament und wird eingesetzt, um schwere allergische Reaktionen unter Kontrolle zu bekommen. Unbedingte Therapietreue ist ein weiterer Faktor, der für eine erfolgreiche Durchführung einer SIT sichergestellt werden muss.

Wann mit der SIT beginnen?

Eine SIT beginnen Menschen mit einer Pollenallergie am besten einige Zeit vor der Pollensaison. Das ist einerseits sinnvoll, weil vor und nach der subkutanen Gabe des Allergens der Allergenkontakt weitgehend vermieden werden sollte. Andererseits lassen sich zu Beginn der Pollensaison u. U. bereits erste Erfolge der Therapie feststellen, d. h., die Allergiesymptome sollten weniger stark ausfallen. Manche Allergien beeinträchtigen Betroffene jedoch ganzjährig, z. B. Hausstaub- oder Schimmelpilzallergien. In diesen Fällen sollte so rasch wie möglich mit der SIT begonnen werden. Bei einer Insektengiftallergie ist es ebenfalls sinnvoll, die Therapie sofort einzuleiten. Um einen Schutz vor Insektengiften möglichst rasch zu gewährleisten, gibt es die Möglichkeit einer sog. Rush-Hyposensibilisierung, die in einer Klinik durchgeführt wird. Bei dieser Form der SIT erhalten die Betroffenen täglich mehrere Spritzen mit dem Allergen in ansteigender Dosis.

Für alle Formen der SIT gilt: Treten im Laufe des Tages nach der Gabe/Einnahme des Allergens ungewöhnliche körperliche Reaktionen auf, sollten Betroffene zum Arzt gehen, um abklären zu lassen, ob es sich um eine allergische Reaktion handelt, und um eventuelle Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Die SIT hilft zwar in einer großen Anzahl von Fällen, doch gibt es auch Personen, bei denen sie trotz hundertprozentiger Therapietreue nicht die gewünschte Wirkung erzielt.

Quelle: allergikus 2/2017

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