Als Allergie bezeichnet man die übermäßige und teilweise heftige Abwehrreaktion des Immunsystems auf körperfremde Stoffe (Antigene).
Eine Hyposensibilisierung, auch spezifische Immuntherapie (SIT) genannt, ist bislang die einzige Behandlung, die eine allergische Reaktion nach dem Allergenkontakt verringert oder sogar auf Dauer stoppt. Mithilfe von an die jeweilige Allergie angepassten Allergenextrakten, die den Betroffenen nach und nach in einer immer höheren Dosierung bis hin zur sog. Erhaltungsdosis verabreicht werden, gewöhnt sich der Körper an das Allergen, sodass die Immunantwort blockiert wird.
Eine Hyposensibilisierung ist bislang nur bei bestimmten Allergien möglich. Sie ist insbesondere bei einer Bienen- und Wespenallergie sinnvoll, weil diese häufiger als andere Allergien einen lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock nach sich ziehen. Bei schweren Pollen- und Hausstaubmilbenallergie, bei denen u. a. die Gefahr eines Etagenwechsels der Allergie und damit der Entstehung von allergischem Asthma besteht, wird sie ebenfalls häufig empfohlen. In der Schwangerschaft jedoch ist die Hyposensibilisierung nicht angezeigt.
Die Leitlinie zur spezifischen Immuntherapie besagt, dass in einer Schwangerschaft nicht mit einer Hyposensibilisierung gegen Pollen oder Hausstaubmilbenkot begonnen werden sollte. Der Grund: Bei der Verabreichung des Allergens besteht die Gefahr eines anaphylaktischen Schocks. Dieser könnte u. U. schwere Auswirkungen auf das ungeborene Kind haben. Es könnte u. U. unzureichend mit Sauerstoff versorgt werden, wodurch es schwere Schäden davontragen könnte.
Frauen, die bereits vor ihrer Schwangerschaft mit der Hyposensibilisierung begonnen haben und diese gut vertragen, können die Behandlung der Leitlinie zufolge u. U. weiterführen. Allerdings empfehlen die meisten Ärzte, die Therapie abzubrechen, vor allem wenn die Erhaltungsdosis noch nicht erreicht ist. Denn auch hier besteht u. U. die Gefahr eines anaphylaktischen Schocks. Der behandelnde Arzt muss deshalb abwägen: Ist die Hyposensibilisierung zzt. nicht unbedingt notwendig, weil den allergischen Reaktionen auch mit anderen, während der Schwangerschaft gut verträglichen Medikamenten vorgebeugt werden kann bzw. sie mit anderen Wirkstoffen behandelt werden können. Oder ist die Gefahr eines anaphylaktischen Schocks als Folge einer allergischen Reaktion groß und sollte die Hyposensibilisierung deshalb besser fortgeführt werden? Letzteres ist bei einer Insektengiftallergie häufig der Fall. Deshalb empfiehlt die Leitlinie, eine bereits begonnene Hyposensibilisierung bei einer Allergie gegen Bienen- oder Wespengift fortzuführen, wenn sie gut vertragen wird. Eine embryotoxische Wirkung der spezifischen Immuntherapie ist bislang nicht bekannt, das ungeborene Kind wird also nach bisherigem Wissen durch die Behandlung nicht geschädigt.
Frauen, die sich Kinder wünschen, und von einer Allergie betroffen sind, die durch eine Hyposensibilisierung behandelt werden kann, raten Ärzte i. d. R. den Beginn einer spezifischen Immuntherapie zu verschieben. Sie sollten erst nach einer Schwangerschaft mit der Hyposensibilisierung beginnen, sofern das möglich ist. Bei einer lebensbedrohlichen Insektengiftallergie hingegen sollte i. d. R. möglichst rasch mit der Behandlung begonnen werden.
Quelle: allergikus 4/2017