Als Leberkrebs, oder genauer Leberzellkrebs, bezeichnet man bösartige Tumoren, die aus dem Gewebe der Leber (griech. hepar) entstehen. In der medizinischen Fachsprache wird diese Erkrankung auch Hepatozelluläres Karzinom (HCC) genannt.
Das hepatozelluläre Karzinom, kurz Leberkrebs, gehört mittlerweile zu den häufigsten Tumoren weltweit. Nur 20 % der Patienten leben länger als fünf Jahre. Regelmäßige Ultraschalluntersuchungen bei Risikogruppen im Abstand von sechs Monaten können die Früherkennung – und somit letztendlich die Heilungschancen – deutlich verbessern, informiert die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Die Therapie besteht meist aus der Operation, es stehen aber auch einige andere, neue Verfahren zur Verfügung.
In Deutschland erkranken mittlerweile jedes Jahr über 8.000 Menschen an Leberkrebs. Die Zunahme ist u. a. auf die steigende Zahl von Fettlebern infolge starken Übergewichts und die Zunahme von Hepatitis B und C-Infektionen zurückzuführen. Diese Erkrankungen können sich langfristig zu Leberzirrhosen entwickeln. „Eine Leberzirrhose wiederum ist der mit Abstand größte Risikofaktor für die Entstehung von Leberkrebs“, sagt Prof. Dr. Guido Gerken, Universitätsklinikum Essen. „Deshalb sind regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen bei Risikogruppen besonders wichtig.“
Je früher Leberkrebs erkannt wird, desto besser sind die Behandlungsmöglichkeiten. Früherkennungsuntersuchungen mittels Ultraschall sollten etwa alle drei bis sechs Monate erfolgen. Wird ein Tumor der Leber im Anfangsstadium entdeckt und ist die Leber noch nicht durch eine Leberzirrhose geschädigt, so ist die chirurgische Entfernung des Tumors die bevorzugte Therapie. Weil die Leber fähig ist, sich selbst zu erneuern, können Chirurgen bis zu 70 % des funktionellen Gewebes entfernen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bösartige Wucherung zurückkehrt, liegt nach der sog. Resektion zwar bei etwa 50 %, ein solcher Eingriff kann Leberkrebs aber auch heilen“, sagt Chirurg Prof. Dr. Hauke Lang, Universitätsmedizin Mainz. Liegt bei einem Patienten mit der Diagnose Krebs bereits eine Leberzirrhose vor, so ist eine Transplantation die beste Therapieform.
Es gibt je nach Erkrankungsstadium verschiedene Therapiemöglichkeiten bei Leberkrebs, die sich grob in operative, lokale und medikamentöse Verfahren gliedern lassen.
Bei einer Operation wird entweder ein Teil der Leber oder das gesamte Organ mit anschließender Lebertransplantation entfernt, informiert die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG). Eine Organtransplantation wird allerdings bei weniger als 5 % der Betroffenen durchgeführt. Voraussetzung für eine Operation ist eine Beschränkung des Tumors auf die Leber und eine ausreichend gute Leberfunktion. Ziel ist die Heilung durch vollständige Entfernung des Tumors.
Bei fortgeschrittenen Tumoren werden die sog. zielgerichteten Therapien angewendet, da sich die üblichen systemischen Chemotherapien als wenig effektiv gezeigt haben, so die DKG. Die zielgerichteten Medikamente hemmen beispielsweise Wachstumssignale der Krebszelle oder setzen sich an Bindungsstellen für Wachstumsfaktoren. Mit ihrer Hilfe kann das Fortschreiten des Krebses zumindest für eine Zeit lang aufgehalten werden, sodass das Überleben verlängert und die Lebensqualität verbessert wird.
Diese wird angewendet, wenn Operation und lokale Verfahren nicht möglich sind und oftmals mit einer medikamentösen Therapie kombiniert.
In fortgeschrittenem Stadium eines Leberkrebsleidens kommen minimalinvasive Verfahren zum Einsatz, um Tumoren zu bekämpfen. So kann etwa über eine Nadel Strom in den Tumor geleitet werden, wodurch seine Zellen erhitzen werden und absterben. Auch ein Verschluss der tumorversorgenden Gefäße ist möglich. „Eines der neuesten Verfahren ist die selektive interne Radiotherapie (SIRT), bei der radioaktiv strahlende Kügelchen direkt in den Tumor eingebracht werden“, erklärt Prof. Gerken. „Die Strahlung kann die Verkleinerung oder gar vollständige Zerstörung des Tumors bewirken.“ Die Methode werde derzeit noch in klinischen Studien geprüft und sollte nur innerhalb dieser Studien zum Einsatz kommen.
Am Universitätsklinikum Leipzig ist ein an einer Lebermetastase leidender Krebspatient erfolgreich mit einer Bestrahlung in Form der interstitiellen Brachytherapie behandelt worden. Bei diesem Verfahren wird der Tumor über zuvor gelegte Katheter von innen bestrahlt, so die Uniklinik Leipzig. Durch die enge räumliche Begrenzung wird gesundes Gewebe geschont und es treten weniger Nebenwirkungen auf als bei einer herkömmlichen Strahlentherapie. Damit eignet sich die Behandlung besonders auch für ältere Patienten und jene, die zusätzlich zum Krebs an mehreren Nebenerkrankungen leiden. „Die interstitielle Brachytherapie ermöglicht eine sehr gezielte Tumorbehandlung, weil die Strahlenquelle direkt ins Tumorgewebe gebracht wird“, erklärt Oberarzt Dr. Michael Moche. Das minimalinvasive Verfahren biete zudem den Vorteil, dass das Risiko einer Funktionsstörung der Leber minimiert werden kann, so Dr. Moche. Zudem ist keine Vollnarkose notwendig, der Eingriff kann unter lokaler Betäubung stattfinden. „I. d. R. ist zur Behandlung eine Sitzung ausreichend“, sagt Oberarzt Dr. André Liebmann. Das Verfahren ist dabei schonender als ein offener chirurgischer Eingriff und damit insbesondere für Patienten geeignet, für die eine Operation beispielsweise aufgrund der Lage ihres Tumors oder ihrer körperlichen Verfassung nicht infrage kommt.
Eine Tumorentfernung ist auch mit einer speziellen Art von Ultraschall möglich. Dabei werden starke, gebündelte Ultraschallwellen so in den Körper des Patienten gerichtet, dass sie dort gezielt Krebszellen erhitzen und abtöten. Dieses noch junge und schonende Therapieverfahren will ein EU-Projekt nun auf bewegte Organe übertragen, insbesondere die Leber. Koordiniert wird das Projekt „TRANSFUSIMO“ vom Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS in Bremen, teilt das Institut mit.
Derzeit ist die „fokussierte Ultraschalltherapie“ nur für wenige Erkrankungen zugelassen – Prostatakrebs und manche Gebärmuttertumoren. Dagegen können Lebertumoren noch nicht per Ultraschall behandelt werden. Der Grund: Die Leber bewegt sich beim Atmen auf und ab – was es schwieriger macht, mit dem gebündelten Ultraschallstrahl auf einen Tumor in dem Organ zu zielen. Durch die Bewegung wird die Wärme über einen größeren Bereich verteilt und kann dadurch nicht wie gewünscht wirken. Außerdem erhöht sich gegenüber einem ruhenden Organ das Risiko, statt des Geschwürs das umliegende gesunde Gewebe zu schädigen oder nicht den gewünschten Behandlungserfolg zu erzielen. In diesem Fall ist ein erneutes Wachsen des Tumors, ein Rezidiv, nicht ausgeschlossen.
Anhand von 3D-Aufnahmen eines Magnetresonanztomografen (MRT), der Bilder aus dem Bauch eines Patienten liefert und gleichzeitig dessen Atembewegung erfasst, soll das Verfahren nun auch auf bewegte Organe übertragen werden können. Auf Basis dieser Daten können die Experten eine Ultraschall-Leberbehandlung per Computer simulieren. Bei dieser Simulation berechnet die Software, wie sich die Leber mit der Atmung bewegt. Dadurch kann sie den virtuellen Ultraschallstrahl so steuern, dass er automatisch der Leber nachgeführt wird und den Tumor stets im Visier hat. Bis 2016 soll die Technik zunächst bei Patienten unter Vollnarkose getestet werden, deren Atem künstlich angehalten wird, sodass sich die Leber für kurze Zeit nicht bewegt. 2018 sollen dann erstmals Patienten ohne Narkose und unter freiem Atmen therapiert werden. Verlaufen die klinischen Studien positiv, könnte das neue Verfahren zugelassen werden.
Ein weiterer neuer Therapieansatz, der sich derzeit in Entwicklung befindet, ist die Behandlung mit onkolytischen Viren, so die AWMF. Dabei handelt es sich um Viren, die sich gezielt in Krebszellen vermehren und diese dadurch zerstören. Als systemischer Therapieansatz ist derzeit die Behandlung mit antiproliferativen Molekülen – wie Sorafenib – der Goldstandard bei Patienten mit noch guter Leberfunktion. „Obgleich wir Patienten mit fortgeschrittenem Leberkrebs heute meist noch nicht heilen, sondern den Krebs nur in seinem Wachstum bremsen können, besteht kein Anlass mehr zum Nihilismus bei der Therapie dieser Erkrankung“, betont Prof. Gerken. „Die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt und tun dies weiterhin.“
Quelle: Befund Krebs 3/2014